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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Gelde etwas Geruhiges anfangen, ein Antiquitätengeschäft zum Beispiel. Er hat Sinn für so etwas, er geht gerne mit diesen Dingen um. Das Leben wird dann sanft und ruhig strömen, keine äußerste Anspannung mehr, nichts von tiefster Verzweiflung, keine Raubvogelgesichter mehr, die ihn gesträubt mustern, keine ganz unzweifelhaften Halbweltdamen mehr, die ihm seinen Einsatz stehlen …
    Er hat seinen Platz am andern Ende des Spieltischs gesucht, um nicht in der Nähe des Valutenvamps zu sein, aber es hilft ihm nichts. Er setzt grade, da hört er schon ihre Stimme: »Machen Sie doch Platz! Stehen Sie doch nicht so breit da! Andere möchten auch spielen.«
    Er macht eine Verbeugung, sieht sie nicht an und räumt ihr das Feld. Er findet einen andern Platz und fängt wieder an zu setzen. Er denkt daran, daß er heute besonders vorsichtig spielen, etwas mehr als sonst nach Haus bringen muß: morgen um halb eins wollen sie heiraten.
    Nun gut. Nun gut. Sie ist ein ausgezeichnetes Mädel, es wird nie eine geben, die ihn selbstloser liebt, so wie er ist, ohne ihn mit einem lästigen Ideal zu vergleichen. Sie werden also morgen heiraten, warum eigentlich, ist im Augenblick nicht feststellbar. Es kommt nicht darauf an, es wird schon richtig sein. Aber er wünschte, er würde ein bißchen aufmerksamer spielen, eben hätte er keinesfalls Schwarz setzen dürfen. Dahin! Dahin! Also jetzt …
    Plötzlich hört er wieder die böse, gereizte Stimme hinter sich. Sie streitet jetzt mit einem andern Herrn, spricht sehr hoch und empört. Natürlich: ihre Nase ist ganz weiß, die schnupft Schnee, das Luder, kokst. Keinen Zweck, mit ihranzubinden, die weiß schon nüchtern nicht, was sie will oder tut. Und jetzt erst recht –!
    Er sucht sich wiederum einen andern Platz und fängt von neuem zu spielen an.
    Diesmal geht alles gut. Er setzt vorsichtig und holt wieder auf, was er bisher zugesetzt, ja, er kann schon sein ganzes Betriebskapital zurückziehen und mit dem Gewinn operieren. Neben ihm steht ein Jüngling mit flackernden Augen und fahrigen Bewegungen, der todsicher sein Jungfernspiel macht. Solche bringen Glück. Es gelingt ihm, dem Jüngling, ohne daß er es merkt, über den Rücken zu streichen, mit der linken Hand, der linken Hand – so etwas steigert die Gewinnaussichten! Daraufhin läßt er den Einsatz einmal länger stehen, als er sonst gewagt hätte. Er gewinnt wieder. Der Raubvogel schießt ihm einen kurzen, bösen Blick zu. Gut.
    Er hat jetzt genug für morgen, für ein paar Tage länger noch (wenn der Dollar nicht gar zu sehr steigt), er könnte nach Haus gehen. Aber es ist noch ganz früh; er weiß, er würde nur Stunden wach im Bett liegen und über das Spiel nachdenken, er weiß, er würde von Reue gepackt sein, daß er diese Glückssträhne nicht ausgenützt hat …
    Er steht ruhig da, seine gewonnenen Jetons in der Hand, hört auf die Kugel, die Rufe des Croupiers, das leise, kratzige Scharren der Harken auf dem grünen Tisch. Es ist ihm wie halb im Traum. Er weiß, er ist hier, in diesem Spielsaal, aber vielleicht ist er ganz woanders. Das Klappern der Kugel erinnert an ein klapperndes Mühlrad. Ja, es ist einschläfernd; das Leben, wenn man es spürt, erinnert immer an Wasser, fließendes Wasser; panta rhei, alles fließt, hieß es auf der Penne, noch vor der Kadettenanstalt. Auch weggeflossen.
    Er fühlt, daß er sehr müde ist, außerdem ist seine Mundhöhle ledrig vor Trockenheit. Eine Schweinerei, daß es hier nichts zu trinken gibt. Er müßte an den Wasserhahn auf der Toilette gehen. Aber dann weiß er nicht, wie das Spiel weitergeht. Rot – Schwarz – Schwarz – Rot – Rot – Rot – Schwarz … Natürlich, etwas anderes gibt es nicht: rotes Leben undschwarzer Tod. Etwas anderes wird nicht gereicht und erfunden, sie mögen erfinden, soviel sie wollen, Leben und Tod, darüber hinaus gibt es nichts …
    Null!
    Natürlich – Null hatte er vergessen, das gab es natürlich auch noch. Die Parispieler vergaßen immer Null, und plötzlich war ihr Geld fort. Aber wenn es Null gab, so war Null der Tod, und das war auch ganz richtig. Dann war Rot die Liebe, eine etwas übertriebene Sache, aber nun gut: angenehm, wenn man es hatte. Aber Schwarz – was war Schwarz dann? Nun, für Schwarz blieb noch das Leben, auch wieder übertrieben, aber nach der andern Seite hin. Nicht völlig schwarz, grau hätte auch gereicht. Oft ein lichtes, fast silbriges Grau. Gewiß, Peter ist ein gutes Mädchen.
    Ich habe ja Fieber,

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