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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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im Spiegel anschauen. Sie scheinen dafür bestimmt, hinter dem Spieltisch zu stehen, böse, gierig, kalt. Vor drei Jahren gab es sie noch nicht, und in einem Jahre wird es sie nicht mehr geben. Das Leben hat sie emporgespült, da sie gebraucht wurden; es trägt sie wieder mit sich fort, unfaßlich, wohin, wenn ihre Zeit vorüber ist, aber das Leben hat sie, das Leben hat alles, was gebraucht wird.
    Um den Tisch sitzt eine Reihe Spieler, die Reichen, die Leute mit der dicken, schwellenden Brieftasche, die ausgenommen werden sollen, die Neulinge, die grünen Heringe. Daß sie stets einen Sitzplatz finden, dafür sorgen die drei schweigsamen, gesträubten Raubvögel schon. Hinter ihnen stehen in zwei, drei Reihen die andern Spieler, dicht aneinandergedrängt. Sie machen ihre Einsätze über die Schultern der Vordermänner weg, unter den Armen durch, auf ein Fleckchen Spielfeld, das sie grade erspähen können. Oder sie reichen die Spielmarken, hoch über die Köpfe der andern fort, einem der drei Männer, mit einer gemurmelten Weisung.
    Aber trotz dieser Unübersichtlichkeit, dieses Gedränges gibt es kaum je Streit, denn die Spieler sind viel zu versunken in das eigene Spiel, in das Rollen der Kugel, um auf die andern groß zu achten. Und zudem gibt es so viele Sorten verschiedenfarbiger Spielmarken, daß selbst bei stärkstem Andrang höchstens zwei, drei Spieler dieselbe Farbe spielen. Eng aneinandergedrängt stehen sie: schöne Frauen, gut aussehende Männer sind dabei. Sie lehnen sich aneinander, Hand berührt Brust, Hand streift seidige Hüfte: sie spüren nichts. Wie eine große Glut den Glanz des kleinen Feuers bleich macht und dunkel, hören die eng Gedrängten nur noch das Schnurren der Kugel, das Klappern der beinernen Jetons. Still steht die Welt, die Brust kann nicht atmen, die Zeit steht, während die Kugel läuft, klappert, läuft, in ein Loch lenkt, sich besinnt, weiterspringt, klappert …
    Da! Rot! Ungleich! Einundzwanzig! Und plötzlich atmet die Brust wieder, das Gesicht entspannt sich – ja, dies Mädchen ist schön … »Der Einsatz, meine Damen und Herren! Der Einsatz! Der Einsatz! – Nichts mehr!« Und die Kugel läuft, schnurrt, klappert … still steht die Welt …
    Wolfgang Pagel hat sich in die zweite Reihe der stehenden Spieler gedrängt. Weiter nach vorn kommt er nie, darauf achten die drei Raubvögel schon, die unzufriedene Blicke miteinander tauschen, sehen sie ihn nur eintreten. Er ist der allerunerwünschteste Spieler, er ist der Pari-Panther, derMann, der vorsichtig spielend sich nicht hinreißen läßt; der Mann mit dem kleinsten Betriebskapital in der Tasche, das nicht einmal das Ansehen lohnt, geschweige denn das Wegnehmen; der Mann, der Abend für Abend mit dem festen Vorsatz kommt, der Bank grade so viel abzunehmen, daß er den nächsten Tag das Leben hat – und dem das meistens gelingt.
    Es ist ganz unnütz für Pagel, den Klub zu wechseln (denn es gibt in diesen Tagen Spielklubs wie Sand am Meer, wie es überall Heroin und Koks gibt, Schnee; wie es überall Nackttänze, französischen Sekt und amerikanische Zigaretten gibt; wie es überall Grippe, Hunger, Verzweiflung, Unzucht, Verbrechen gibt). Nein, die Raubvögel am Kopfende des Tisches erkennen ihn immer gleich. Sie erkennen ihn an der Art des Eintretens, dem prüfenden Blick, der fremd alle Gesichter streift, um an dem Spielfeld haftenzubleiben. Sie erkennen ihn an seiner übertriebenen Ruhe, seiner gespielten Gleichgültigkeit, der Art seines Setzens, an den langen Pausen, die er macht, die Sprünge der Chancen auszulassen, um eine Serie zu fassen: sie erkennen den gleichen Vogel im anderen Gefieder!
    An diesem Abend war Wolfgang nervös. Zweimal hatten ihm die Schlepper die Haustür vor der Nase zugeschlossen, um den unerwünschten Spieler zu verscheuchen, bis es ihm gelang, sich mit einer Gesellschaft einzuschmuggeln. Der Mann mit dem traurigen Wachtmeistergesicht hatte getan, als höre er seine Bitte um Spielmarken nicht; Wolfgang hatte sich sehr zusammennehmen müssen, um nicht laut zu werden. Schließlich hatte er seine Jetons doch bekommen.
    Im Spielraum hatte er sofort gesehen, daß eine gewisse Halbweltdame, von Kennern der Valutenvamp genannt, anwesend war. Er hatte schon einige Male an verschiedenen Orten mit diesem anspruchsvollen, lauten Mädchen Zusammenstöße gehabt, weil sie, in einer Pechsträhne und dem Ende ihrer Mittel nahe, unbedenklich über die Einsätze ihrer Mitspieler zu verfügen pflegte.
    Am

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