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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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machtest du mir absichtlich Schwierigkeiten –!«
    »Ich – dir – Schwierigkeiten –?«
    »Aber, Studmann, überlege doch einmal ruhig: wo soll ich denn das Geld hernehmen?! Eben erst diese wahnsinnigen Ausgaben für den Umbau der Schnitterkaserne, nun dieser Berliner Kerl mit siebenhundert Goldmark, dem ich deiner Ansicht nach auch was geben soll, und schon wieder Pagel … Ja, lieber Studmann, ich bin doch nicht aus Geld gemacht! Ich kann dir schwören, ich besitze keine Banknotenpresse, ich habe keinen Dukatenkacker irgendwo rumstehen, ich kann kein Geld aus den Rippen schwitzen – und du kommst mit derartig exorbitanten Forderungen –! Ich verstehe dich nicht …«
    »Prackwitz!« sagte Studmann eifrig. »Prackwitz, setze dich sofort hier in den Schreibtischsessel. So – du sitzt gut? Schön, warte einen Augenblick. Gleich wirst du etwas sehen –! Ich muß nur mal in Pagels Zimmer nachschauen …«
    »Aber was soll das?!« fragte der Rittmeister völlig verwirrt.
    Doch war Studmann schon in Pagels Zimmer entschwunden. Der Rittmeister hörte ihn dort rumkramen. Was hat er bloß? dachte er. Jetzt stehe ich aber auf! Ernste geschäftliche Unterredung, und er fängt irgendeinen Quatsch an …
    »Nein, bleib sitzen!« rief Studmann herbeieilend. »Jetzt sollst du etwas sehen! – Was ist das –?!«
    Ein wenig blöde sagte der Rittmeister: »Ein Rasierspiegel! Vermutlich Pagels. Aber was in aller Welt …«
    »Halt, Prackwitz! Wen siehst du in dem Spiegel?«
    »Na, mich.« Der Rittmeister sah sich wirklich an. Wie alle Männer strich er mit dem Finger am Kinn entlang und horchte auf das leise Knirschen der Stoppeln. Dann rückte er an seinem Schlips. – »Aber …«
    »Und wer ist das, ›mich‹? Wer bist du?«
    »Nun sage aber mal, Studmann …«
    »Da du es noch immer nicht weißt, Prackwitz, will ich es dir sagen: Der dich aus dem Spiegel anschaut, ist der geschäftsunerfahrenste, kindlichste, geld- und weltfremdeste Mann, der mir in meinem ganzen Leben begegnet ist!«
    »Ich muß doch sehr bitten«, sagte der Rittmeister mit gekränkter Würde. »Ich will ja deine Verdienste gewiß nicht unterschätzen, Studmann, aber immerhin habe ich Neulohe auch vor deiner Zeit recht erfolgreich geleitet …«
    »Sieh ihn an!« sagte Studmann eifrig. »Um der Sache alles Kränkende zu nehmen (denn wahrhaftig, wenn ich nicht dein wirklicher Freund wäre, Prackwitz, ich würde noch in dieser Stunde mein Bündel schnüren und von hinnen gehen), wollen wir also den bewußten Herrn Herrn Spiegel nennen. Herr Spiegel begibt sich erstens nach Berlin, um Leute zu engagieren. Er gerät in eine Spielhölle. Gegen den Rat seines Freundes spielt er. Er borgt sich, als er ratzekahl ist, von einem jungen Menschen an die zweitausend Goldmark und verspielt die auch. Der junge Mensch wird Herrn Spiegels Angestellter; er ist anständig, er mahnt nicht wegen des Geldes, trotzdem er Geld wahrscheinlich sehr nötig hat, denn seine Zigaretten werden alle Tage schlimmer, Prackwitz.Da setzt Herr Spiegel den jungen Mann raus und beschwert sich darüber, daß er nun zahlen muß.«
    »Aber er hat doch über mich gelacht, Studmann! – Studmann! Nimm wenigstens den verdammten Spiegel weg!«
    »Herr Spiegel«, fuhr Studmann erbarmungslos fort und folgte mit dem Spiegel dem ausweichenden Kopf des Rittmeisters, »Herr Spiegel engagiert in Berlin Leute, er sagt dem Vermittler ausdrücklich: Ganz egal, wie sie aussehen, ganz egal, was sie gelernt haben! Aber als Herr Spiegel dann die Leute sieht, bekommt er doch einen Schreck, und mit Recht. Statt nun aber einen Vergleich mit dem Vermittler zu suchen, drückt Herr Spiegel sich vor der Auseinandersetzung, flieht vor dem Feind, scheut die offene Feldschlacht …«
    »Studmann!«
    »… und macht aller Welt, nur sich nicht, Vorwürfe, daß er nun zahlen muß.«
    »Ich mache dir doch keine Vorwürfe, Studmann. Ich frage dich nur, woher ich das Geld nehmen soll!«
    »Aber das sind Lappalien«, sagte Studmann, den Spiegel niederlegend. »Das Wichtige, das Unangenehme kommt erst.«
    »O Gott, Studmann! Nein, bitte jetzt nicht! Du kannst mir glauben, für einen Vormittag ist mein Bedarf an Ärger völlig gedeckt. Außerdem müssen die Leute gleich kommen …«
    »Die Leute können uns –«, sagte auch Herr von Studmann energisch. »Kreuzweis! Du mußt jetzt zuhören, Prackwitz. Es hilft nichts, wenn du dich windest, du kannst nicht wie ein blindes Huhn in der Welt herumlaufen.« Studmann ging ans Fenster,

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