Wolf unter Wölfen
Köstlich!«
»Die Verhandlung mit Herrn Geheimrat von Teschow warnicht ganz leicht«, sagte Studmann. »Wie immer konnte er sich formaljuristisch auf diesen unseligen Pachtvertrag berufen. Was ihn schließlich bestimmte, waren Erwägungen wegen seines Rufs, euer verwandtschaftliches Verhältnis …«
»Verwandtschaftliches Verhältnis! Ich bin überzeugt, du hast dich einseifen lassen, Studmann.«
»Bitte, er hängt anscheinend sehr an Tochter und Enkelin. – Und wie habe ich mich einseifen lassen können, da alles beim alten geblieben ist?«
»Das ist mir ganz egal«, erklärte der Rittmeister trotzig. »Ich hätte den Brief lesen müssen.«
»Ich glaubte mich bevollmächtigt. Du hast mich ausdrücklich gebeten, dir alles Unangenehme fernzuhalten.«
»Wann hätte ich das gesagt?«
»Gelegentlich der festgestellten Felddiebe …«
»Studmann! Wenn ich mich nicht mit diesen kleinen Diebereien abgeben will, so heißt das noch nicht, daß du mir Briefe vorenthalten darfst!«
»Gut«, sagte von Studmann. »Es wird nicht wieder vorkommen.« Er lehnte am Kassenschrank, kühl, ein wenig zurückhaltend, aber doch nicht unverbindlich. »Ich habe mir eben die Kocherei in der Waschküche angesehen. Das scheint zu klappen. Die Backs ist wirklich tüchtig.«
»Wir werden einen schönen Stunk mit diesen Zuchthäuslern erleben! Ich hätte mich nie darauf einlassen sollen! Aber wenn alle auf einen einreden! Zehnmal lieber hätte ich die Berliner Leute genommen! Da hätte ich doch aus meiner Schnitterkaserne keine Kasematte zu machen brauchen. Was das alles gekostet hat! – Und nun auch Frechheiten von diesen Berliner Kerls! Da, lies mal –!«
Und er zog den Brief aus der Tasche, reichte ihn Studmann. Der las ihn unbewegt, gab ihn Prackwitz zurück und sagte: »So etwas war zu erwarten!«
»Das war zu erwarten –?!« schrie der Rittmeister fast. »Du findest das noch selbstverständlich! Siebenhundert Goldmark verlangt der Kerl für die Jammerlappen, die ich nichtmit der Kohlenzange anfassen möchte! Und das findest du selbstverständlich?! Studmann, ich bitte dich …«
»Die Aufrechnung liegt ja dabei: zehn Goldmark Vermittlungsprovision pro Kopf macht sechshundert Mark, sechzig Stunden Zeitversäumnis zu einer Mark, sonstige Kosten vierzig Mark …«
»Aber du hast sie doch gesehen, Studmann, das waren doch keine Arbeiter! Siebenhundert Goldmark für eine Botanisiertrommel mit Säugling – nein, dem Kerl mußt du einen Brief hinfetzen, Studmann!«
»Natürlich, was wünschest du, das ich schreibe?«
»Aber das weißt du doch selber am besten, Studmann!«
»Ich soll die Forderung zurückweisen?«
»Natürlich!«
»Ganz –?«
»Ganz und gar! Nicht einen Pfennig zahle ich dem Kerl!«
»Gemacht«, sagte Studmann.
»Du bist doch einverstanden?« fragte der Rittmeister argwöhnisch.
»Ich einverstanden? Nein, nicht die Spur, Prackwitz. Du verlierst den Prozeß bestimmt!«
»Ich verliere den Prozeß … Aber, Studmann, das waren doch keine Leute, keine Landarbeiter …«
»Einen Augenblick, Prackwitz …«
»Nein, einen Augenblick, Studmann …«
»Also bitte …«
Herr Rittmeister von Prackwitz war seinem Freunde von Studmann doch recht böse, als der ihn am Ende davon überzeugt hatte, man müsse versuchen, zu einem Vergleich zu kommen.
»Das kostet alles ein Geld …«, seufzte er.
»Leider werde ich dich heute noch um mehr Geld bitten müssen …«, sagte Herr von Studmann. Er hatte sich über einen Rechenblock gebeugt und warf eilig Zahlen hin, endlose Zahlen mit sehr vielen Nullen.
»Wieso Geld? Ich habe nichts Nennenswertes da. DieRechnungen haben Zeit«, sagte der Rittmeister, schon wieder ärgerlich.
»Da du den jungen Pagel entlassen hast«, sagte Herr von Studmann und schien sehr mit seinen Zahlen beschäftigt, »wirst du deine Spielschuld regulieren müssen. Ich habe es eben ausgerechnet: nach dem gestrigen Dollarkurs würden es siebenundneunzig Milliarden zweihundert Millionen Mark sein. Man kann schon sagen: hundert Milliarden.«
»Hundert Milliarden!« rief der Rittmeister atemlos. »Hundert Milliarden! Und du sagst so hin: Prackwitz, ich werde dich um Geld bitten müssen …« Er brach wieder ab, völlig fassungslos. – Dann, in einem ganz andern Ton: »Studmann! Mensch! Alter Gefährte! Ich habe jetzt immer das Gefühl, du bist irgendwie böse mit mir …«
»Ich böse mit dir –? Eben sah es ganz so aus, als seiest du böse mit mir!«
Der Rittmeister überhörte es: »Als
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