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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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nach, schüttelte trübsinnigden Kopf und bedachte, daß er lieber den Schleichpfad statt der großen Straße zur Försterei nehmen wollte. Auf der Straße hätte er vielleicht noch Holzdiebe getroffen, und das wäre doch peinlich gewesen – für den Förster!

2
    Der Pfandleiher, der Onkel, saß auf einem hohen Kontorbock und schrieb in seinen Büchern. Ein Angestellter verhandelte halblaut mit zwei Frauen, von denen die eine ein Bündel Betten, in ein Laken geschlagen, hielt. Die andere aber hatte eine schwarze Modellpuppe, wie sie die Schneiderinnen benutzen, umgefaßt. Beide Frauen hatten scharfe Gesichter und den betont unbekümmerten Blick seltener Pfandhausbesucherinnen.
    Die Leihe selbst, im Hochparterre eines übergeschäftigen Hauses gelegen, sah wie immer schmierig, staubig, unordentlich aus, obwohl sie peinlich aufgeräumt war. Das durch die weißen Milchglasscheiben der Fenster gefilterte Licht war grau und tot. Wie immer stand der riesige Geldschrank weit offen und eröffnete den Ausblick auf kleine Haufen in weißes Papier geschlagener Päckchen, bei deren Anblick man von kostbaren Juwelen träumen konnte. Wie immer steckten die Schlüssel in dem kleinen eingemauerten Safe, der den Barbestand der Leihe enthielt.
    Wolf sah das alles mit einem Blick. Aus Dutzenden von Gängen war es ihm so vertraut, daß er es sah, ohne es recht zu sehen. Es war auch das übliche, daß der Onkel über seine schmale Goldbrille fort einen raschen Blick auf ihn schoß und dann weiterschrieb.
    Wolfgang Pagel wandte sich an den Angestellten, der anscheinend mit der Frau, die ihre Modellpuppe versetzen wollte, nicht einig werden konnte, hob den Koffer auf den Tisch und sagte halblaut-leicht: »Ich bringe mal wieder das Übliche. Bitte, wenn Sie nachsehen wollen …«
    Und er knipste die Schlösser des Handkoffers auf.
    Es war wirklich alles da wie sonst; alles, was sie besaßen: eine zweite, im Boden schon dünne Hose von ihm; zwei weiße Herrenhemden; drei Kleider von ihr; ihre Wäsche (spärlich genug) und – das Glanzstück – ein echtes Silbertäschchen, wohl das Geschenk eines Verehrers an Petra, er hatte nie danach gefragt.
    »Nicht wahr, drei Dollar wie üblich?« sagte er noch, nur um etwas zu sagen, da der Angestellte, wie ihm schien, etwas zögernd auf die Sachen blickte.
    Da sagte der aber auch schon: »Jawohl, Herr Leutnant!«
    Und nun, da alles geordnet schien, rief ganz überraschend die hohe Stimme vom Kontorbock: »Nein!«
    Wolfgang, der hier nur der Leutnant hieß, und der Angestellte sahen überrascht hoch.
    »Nein!« sagte der Onkel noch einmal und schüttelte energisch den Kopf. »Tut mir leid, Herr Leutnant, aber wir können Ihnen diesmal nicht gefällig sein. Es lohnt sich nicht für uns. Sie holen es immer schon den nächsten Tag wieder, all die Schererei – und, wissen Sie, diese Kleider kommen ja auch aus der Mode! – Vielleicht ein anderes Mal wieder, wenn Sie etwas – Modischeres haben.«
    Der Onkel sah Pagel noch einmal an, hob die Feder, mit der Spitze gegen ihn, so kam es Wolf vor, und schrieb schon weiter. Der Angestellte schloß langsam, ohne hochzusehen, den Kofferdeckel und ließ die Schlösser einschnappen. Die beiden Frauen blickten Wolfgang verlegen und doch ein wenig schadenfroh an, wie Schüler den Mitschüler von der Seite ansehen, wenn er vom Lehrer wegen eines Fehlers getadelt wird.
    »Hören Sie einmal, Herr Feld«, sagte Pagel lebhaft und ging quer durch die Leihe auf den ruhig Weiterschreibenden zu. »Ich habe da einen reichen Freund im Westen, der mir bestimmt aushilft. Geben Sie mir das Fahrgeld. Ich lasse die Sachen hier, komme heute abend noch vor Geschäftsschluß vorbei, gebe Ihnen das Geld wieder, meinethalben das Fünffache. Oder das Zehnfache.«
    Der Onkel sah Wolfgang durch die Brille nachdenklich an, runzelte die Stirn und sagte: »Tut mir leid, Herr Leutnant. Wir geben hier keine Darlehen, wir leihen nur auf Pfänder.«
    »Aber es sind ja nur die lumpigen paar Tausend Fahrgeld«, beharrte Wolf. »Und ich lasse Ihnen die Sachen hier.«
    »Ohne Pfandschein darf ich die Sachen nicht behalten«, sagte der Verleiher. »Und ich will sie nicht in Pfand. Tut mir leid, Herr Leutnant.«
    Er sah Wolfgang noch einmal mit gerunzelter Stirn aufmerksam an, als wolle er die Wirkung seiner Worte ihm vom Gesicht ablesen, dann nickte er leicht und kehrte zu seinen Büchern zurück. Auch Wolfgang hatte die Stirn gerunzelt, auch er nickte dem Schreibenden leicht zu, wie zum Zeichen,

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