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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Buckel schreiben, daß er das Wiederkommen in diese glücklichen Gefilde für immer vergißt …
    Pagel reckte und streckte sich. Er scheute sich nicht vor einer Prügelei mit dem längsten Laban des Dorfes. Das Vierteljahr Landleben hatte ihn in die Breite wachsen lassen, er fühlte sich für jeden Leutnant kräftig genug und für jeden Abenteurer hinreichend ausgekocht.
    »Na, wen möchten Sie denn jetzt umarmen?« fragte Weio spöttisch.
    »Ihren Leutnant Fritz!« sagte Pagel überraschend. Er sprang aufs Rad. »Tjüs, gnädiges Fräulein. Heute früh wird es nichts mit unserm Spaziergang, ich muß zu meinen Husaren! Aber vielleicht um eins –?«
    Damit war er weg.
    »Komm doch zu uns herein, Violet!« rief Frau Eva, die vom Bürofenster aus den Abschied der beiden beobachtet hatte und der das enttäuschte Gesicht Weios leid tat. »Ich fahre in einer Viertelstunde in die Stadt, Lohngeld holen. Komm mit – wir essen bei Kipferling Torte mit Schlagsahne.«
    »Och!« machte Weio unentschlossen und schob die Unterlippe vor. »Ich weiß nicht, Mama. – Nein, danke schön, Schlagsahne macht auch bloß dick …«
    Und sie ging rasch, um nicht wieder zurückgerufen zu werden, in den Park hinein.
    »Manchmal mache ich mir doch rechte Sorge«, sagte Frau von Prackwitz.
    »Ja?« fragte von Studmann höflich. Er saß über den Lohnlisten – obwohl er den Zahlen längst nicht alle Nullen gab, die ihnen zukamen, konnte keine Spalte den Reichtum fassen.
    »Sie ist so unentschlossen, so lasch. Es steckt kein Leben in ihr …«
    »Ein ziemlich kritisches Alter für junge Mädchen, nicht wahr?« schlug Herr von Studmann vor.
    »Vielleicht ist es wirklich nur das«, sagte Frau Eva bereitwillig. »Was soll auch sonst dahinterstecken?« Sie dachte nach, dann sagte sie vorsichtig: »Sie ist eigentlich nur noch mit dem jungen Pagel zusammen, und der Ton zwischen den beiden scheint mir kräftig. Sie haben da keine Bedenken –?«
    »Ich – Bedenken?«
    Studmann sah ein wenig zerstreut von seinen Lohnlisten auf. Wenn man für das Anschreiben des Bruttolohns schon die Krankenkassenspalte zu Hilfe nehmen mußte, dann mußte man für die Kassenbeiträge die Invaliditätsspalte nehmen. Die Invaliditätsspalte war zu eng, man nahm die Lohnsteuerspalte dazu – und nun erwies sich, daß das Lohnbuch viel zu schmal war. Man hätte eine Art Atlas als Lohnliste haben müssen mit sämtlichen Längengraden des Erdballs … Verdammte Zucht! Und stimmen tat gar nichts. Mit strengem, unmutigem Gesicht sah der ordentliche Herr von Studmann seine unordentlichen Lohnlisten an.
    »Herr von Studmann!« flötete die gnädige Frau mit jener Taubensanftheit, die jeden Mann zusammenschrecken läßt, als hätte er einen elektrischen Schlag bekommen. »Ich fragte Sie eben, ob Sie nicht Bedenken wegen des jungen Pagel hätten –!«
    Studmann fuhr zusammen, ganz wie es sich gehörte.
    »Oh, Pardon, gnädige Frau, ich bitte tausendmal um Entschuldigung! Ich war hier ganz in meine elenden Lohnlisten vertieft. Es wird immer schlimmer, ich kriege sie nicht mehr stimmend. Und ich sehe ein: es hat keinen Sinn mehr, sich damit zu quälen. Ich schlage vor, wir zahlen jetzt nur noch runde Summen, zum Beispiel für jeden verheirateten Mann einen Milliardenschein. Wir legen zwar etwas drauf, aber ich sehe keinen andern Weg.«
    Er sah Frau Eva gedankenvoll besorgt an.
    »Einverstanden«, sagte sie friedlich. »Und wenn Sie sich nun noch, nachdem die Geldfragen geregelt sind, mit meinenBesorgnissen als Mutter beschäftigen würden? Mit meinen Bedenken wegen des jungen Pagel –?«
    Herr von Studmann wurde sehr rot. »Gnädige Frau, ich bin ein schrecklicher Esel. Wenn ich mich in etwas verrannt habe, ist gar nichts mit mir anzufangen. Ich will es Ihnen erklären …«
    »Nein, bitte nicht, lieber Studmann!« rief Frau Eva verzweifelt. »Ich möchte keine Erklärungen, sondern eine Antwort! – Manchmal«, meinte sie nachdenklich, »haben Sie doch eine verblüffende Ähnlichkeit mit Achim, sosehr Sie beide Gegensätze sind. Bei ihm kriege ich aus Hast, bei Ihnen aus Gründlichkeit keine Antwort. Das Ergebnis bleibt für mich gleich: Ich weiß noch immer nicht, ob ich mir wegen des Herrn Pagel Sorgen machen muß.«
    »Bestimmt nicht«, erklärte Herr von Studmann eilig und schuldbewußt. »Ganz abgesehen davon, daß Pagel ein völlig zuverlässiger Ehrenmann ist, er ist auch ganz ungefährlich – bestimmt!«
    »Ich weiß nicht«, sagte Frau Eva zweifelnd, »er ist doch

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