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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Sekt, der zum Schluß mit rotem Burgunder gefärbt wurde, »Türkenblut« hat der kleine Meier das genannt! Der Förster leckt sich die Lippen bei dem Gedanken an diese Schlemmerei.
    »Noch ein Schieber mehr!« sagt Weio verächtlich. »Dafür paßt der Negermeier ausgezeichnet! Und Sie haben ihm natürlich zum Dank für die Sauferei alles erzählt, was in Neulohe vorgeht?«
    Der Förster protestiert rot und aufgeregt gegen diesen Verdacht. Er hat nicht einmal erzählt, daß der Herr Rittmeister nicht mehr hier ist, gar nichts hat er erzählt. Und im übrigen haben sie von ganz anderen Dingen geredet …
    »Von was haben Sie denn geredet?« fragt Weio streitlustig. Aber das kann der Förster so genau nicht sagen. »Betrunken sind Sie gewesen, Kniebusch!« stellt Weio fest. »Sie wissenüberhaupt nicht mehr, was Sie geredet haben. – Na, Weidmanns Heil!«
    »Weidmanns Dank!« stammelt der Förster, und Violet geht allein weiter.
    Der Förster langweilt sie mit seinem elenden Gewäsch, der Wald langweilt sie, die Großmutter mit ihren frommen Sprüchen langweilt sie. Der Großvater ist ewig geheimnisvoll verreist oder steckt beim Schulzen Haase oder ist schweigsam, nachdenklich und langweilig. Dem Diener Räder aber geht sie aus dem Wege, sie hat nicht einmal gefragt, wo er mit ihrem Brief geblieben ist. (Aber sie schließt jetzt, tags wie nachts, trotz des erstaunten Protestes der Mama, ihr Zimmer ab.) Ach, alles langweilt sie, ekelt sie … Ganz erstaunt fragt sich Violet, was sie denn eigentlich früher den ganzen Tag angefangen hat, ehe der Fritz kam? Sie grübelt, sie weiß es nicht. Alles ist schal und leer – alles ist langweilig.
    Als einziges bleibt Wolfgang Pagel. Ihn müßte sie eigentlich noch mehr hassen als die Mutter, aber bei ihm ist es ihr ganz gleichgültig, wie er über sie denkt, was er ihr sagt, wenn er sie auslacht. Es ist, als habe sie gar keine Scham vor ihm, als sei er eine Art Bruder.
    Die beiden haben einen unglaublichen Ton miteinander, die Großmutter im Schloß würde auf der Stelle in Ohnmacht sinken, wenn sie ihre Enkelin, für die sie den Lüstling Wolfgang von Goethe reinigt, mit dem jungen Pagel reden hörte.
    »Nicht diese zärtlichen Berührungen, gnädiges Fräulein«, konnte Pagel sagen. »Ich sehe schon, Sie haben heute wieder Ihren gewendeten Tag, bei dem das Innere sich nach außen kehrt. Schwarze Ringe um die Augen, aber bedenken Sie, ich bin nur ein schwacher, hinfälliger Mann …«
    Bei diesem Ton konnte Violet nicht ganz mit. Sie hing sich in seinen Arm, drückte ihn sehr und sagte: »Grade schön! Sie könnten ruhig mal ein bißchen nett zu mir sein, Sie brauchen nicht alles für Ihre Petra aufsparen.«
    »Auf-zu-sparen!« korrigierte Pagel mit StudmännischerPedanterie. »Sie könnten vielleicht einmal den Versuch machen, gelegentlich Deutsch zu lernen –?!«
    Oh, er konnte sie ärgern, reizen, peinigen bis aufs Blut! Er hielt sie sich vom Leibe, zu Küssen kam es nicht wieder, da paßte er auf. Manchmal lief sie, Tränen der Wut in den Augen, mit hochroten Backen von ihm fort. Sie schwor, daß er ein Feigling, ein Lump, ein Schlappschwanz sei, daß sie nie wieder ein Wort mit ihm reden würde.
    Am nächsten Morgen stand sie vor der Bürotür und wartete schon auf ihn.
    »Na, wieder in Gnaden?« grinste er. »Ich schwöre Ihnen, Violet, ich bin heute noch feiger, noch lumpiger, noch schlappschwänziger aufgelegt.«
    »Wenn mein Fritz wiederkommt«, rief sie mit blitzenden Augen, »erzähle ich ihm, wie Sie mich behandelt haben. Dann fordert er Sie und schießt Sie über den Haufen. Da freue ich mich aber!«
    Pagel lachte nur.
    »Denken Sie, ich tu’s nicht –? Ich tu’s bestimmt!« rief sie, schon wieder wütend.
    »Imstande sind Sie dazu«, lachte er. »Das weiß ich schon lange, daß Sie eigentlich ein ganz kaltes Aas sind und daß die ganze Welt Ihretwegen gerne verrecken kann, wenn Sie nur kriegen, was Sie haben wollen.«
    »
Sie
sollen verrecken!« schrie sie.
    »Ja. Ja. Aber nicht jetzt, jetzt muß ich erst mal in die Pferdeställe. Die Senta hat heute nacht gefohlt – kommen Sie mit?«
    Natürlich kam sie mit. Vor Rührung und Zärtlichkeit beinahe fassungslos, stand sie vor dem kleinen, hochbeinigen Geschöpf mit dem großen Kopf. Sie flüsterte aufgeregt: »Ist es nicht süß? Könnte man es nicht auffressen?! Ach, es ist himmlisch!«
    Mit einem tiefinneren Vergnügen sah Wolfgang seine Violet von der Seite an. Und so was würde mich mit dem gleichen

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