Wolf unter Wölfen
Änderung – drüben in der Villa – eintreten und ich werde wirklich gebraucht –«, er zögerte einen Augenblick, dann rasch: »Nun, Sie würden es mir schreiben, nicht wahr?«
»Natürlich«, sagte Pagel. »Aber wann wollen Sie denn fort, Herr von Studmann? Doch noch nicht bald?«
»Gleich, sofort. Das heißt, ich denke, mit dem Nachmittagszuge. Mit Herrn Geheimrat Schröck setze ich mich dann von Berlin aus in Verbindung.«
»Was? Heute schon! Und Sie wollen sich nicht von Frau von Prackwitz verabschieden?!«
»Ich werde nachher den Rittmeister aufsuchen. Vielleicht erkennt er mich, gestern schien es nicht so. Für Frau von Prackwitz werde ich ein paar Zeilen hinterlassen. Ja, richtig, lieber Pagel, auch Ihre Sache werde ich bei dieser Gelegenheit in Ordnung bringen.«
»Welche Sache?« rief Pagel. »Ich weiß nichts Unerledigtes.«
»Nun, es wird Ihnen schon einfallen. Und wenn nicht, ich bin, wie gesagt, für zuverlässige Erledigungen …«
So reiste Herr von Studmann ab, ein Mann von Meriten, ein zuverlässiger Freund, aber ein bißchen vertrocknet. Ein Unglückshuhn, das sich für einen Eckstein des Weltgebäudes hielt.
Und natürlich hatte er mit jener Sache, die er für Pagel noch rasch in Ordnung bringen wollte, dem guten Wolfgang eine recht schwierig auszuessende Suppe eingebrockt.
»Was höre ich da?« hatte die gnädige Frau am nächsten Morgen erbittert gesagt, »mein Mann hat an Sie eine Ehrenschuld von zweitausend Mark in Devisen? Was heißt das?!«
Dies war dem jungen Pagel wirklich peinlich. Innerlich verfluchte er den Freund Studmann, der es nicht hatte über sich gewinnen können, in einem Abschiedsbrief an die Frau seines Herzens von dieser Sache zu schweigen. (In diesen schwierigen Tagen zu einer erregten, verzweifelten Frau von dieser Sache zu sprechen!)
Pagel ließ Herrn von Studmann glatt im Stich. Die Sache sei längst zwischen ihm und dem Herrn Rittmeister erledigt. Es habe sich übrigens nie um zweitausend Mark gehandelt. Eine höchst zweifelhafte Sache – gewissermaßen halb eine Zechschuld, Reisekosten, er wüßte nicht mehr, was alles … Aber wie gesagt, längst erledigt!
Frau von Prackwitz sah ihn unverwandt an mit ihren traurigen Augen. »Warum wollen Sie mich denn anlügen, HerrPagel?!« sagte sie schließlich. »Herr von Studmann, ein großer Psychologe, wenigstens in geschäftlichen Dingen, hat ja bereits vorausgesehen, daß Sie sich wegen dieser Geldgeschichte genieren würden. Es handelt sich doch um zweitausend Goldmark, die Sie Herrn von Prackwitz beim Roulettspiel geliehen haben, nicht wahr?«
»Den Studmann soll der Teufel holen!« rief Pagel, nun wirklich ärgerlich. »Ich ordne meine Sachen alleine. Übrigens hat die Polizei sämtliche Spielgelder beschlagnahmt – es war ja doch alles verloren!«
Sie sah ihn ruhig an. »Warum genieren Sie sich in Gelddingen?« fragte sie. »Das müssen Sie nicht tun. Vielleicht habe ich in dieser Hinsicht meines Vaters praktischen Sinn geerbt.«
»Ich bin hier nicht wegen Geld«, sagte Pagel verbissen. »Nun sieht es wahrhaftig so aus …«
»Es freut mich«, sprach sie mit leiser Stimme, »wenn Neulohe wenigstens einem Menschen gutgetan hat.« Abschließend: »Das Geld, Sie wissen es ja, kann ich Ihnen jetzt nicht geben, aber ich denke daran. Ich vergesse es nicht. Dann ist noch Ihre Gehaltsfrage zu regeln, schreibt mir Herr von Studmann …«
Pagel tobte innerlich.
»Sie erhielten bisher nur eine Art Taschengeld. Das ist natürlich unmöglich. Ich habe es mir überlegt, die Beamten meines Vaters bekamen immer ungefähr zehn Zentner Roggen Monatsgehalt. Sie werden sich von jetzt an wöchentlich, wenn Sie die Leute löhnen, den Wert von zweieinhalb Zentner Roggen auszahlen.«
»Ich bin kein gelernter Landwirt. Hier müßte ein Inspektor her.«
»Ich will jetzt keine neuen Gesichter. Machen Sie es mir nicht auch schwer, Herr Pagel. Tun Sie das, was ich Ihnen gesagt habe, nicht wahr?«
Er nahm ihre Hand.
»Und das Geschäftliche erledigen Sie vorläufig ganz, wieSie denken, ohne mich viel zu fragen. Vielleicht erholt sich mein Mann rascher, als wir jetzt glauben.«
Sie nickte ihm noch einmal freundlich zu.
Er sagte bedenklich: »Ich fürchte doch, es wird nicht gehen. Es ist zuviel, und ich habe keinerlei Erfahrung.«
»Doch, es wird gehen«, nickte sie. »Wenn Sie erst eingearbeitet sind, wird uns Herr von Studmann kaum noch fehlen.«
Armer Herr von Studmann – dieses war sein Lebewohl von Frau Eva von
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