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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Pagel mit der ergebungsvollen Miene des Mannes an, der gewohnt ist, jeden Tod als Schuld auf seinem Konto buchen zu müssen.
    »Und was ist zu tun?« fragte Pagel, den mehr als die Schuldfrage die Qual der Kreatur interessierte.
    »Ich habe nachgesehen«, sagte der Tierarzt erleichtert und eifrig. »Leider ist die Stute sehr eng. Ich werde das Fohlen in ihr zerschneiden und stückweise herausholen müssen. So könnte man wenigstens die Mutter retten.«
    »Es ist bloß ein niedergebrochenes Vollblut«, meinte Pagel nachdenklich. »Der Rittmeister soll es für ein paar hundert Mark aus irgendeinem Rennstall gekauft haben. Aber er hat sehr an dem Pferd gehangen. – Wissen Sie was, Herr Doktor«, sprach er lebhafter, »gedulden Sie sich noch eine Viertelstunde, zwanzig Minuten – ich gebe Ihnen dann Bescheid.«
    »Die Wehen hören fast auf, das Herz läßt sehr nach. Ist hier wenigstens jemand, der solange einen starken Kaffee für den Gaul kochen kann? Ich will ihm auch eine Kampferspritze geben … Aber alles müßte schnell gehen.«
    »Alles wird schnell gehen. Ich schicke Ihnen den Kaffee hierher, wieviel –? Eine Weinflasche voll? In einer Weinflasche, gut!«
    Er lief schon über den Hof, dem Beamtenhaus zu. In der Dunkelheit sprach ihn jemand an, er verstellte ihm den Weg. Es war wohl die schwarze Minna, sie jammerte irgend etwas von der gnädigen Frau, von der Sophie … Er lief eilig an ihr vorbei und auf das Büro …
    Während er der Amanda die Weisungen wegen des Kaffees gab, verlangte er schon die Verbindung mit dem Kassenarzt. Der Arzt konnte nicht, in der Bürotür erschien die schwarze Minna und fing wieder an, irgend etwas zu plärren … Er winkte ihr wütend ab, der Arzt entschloß sich, doch noch zu kommen, er würde um neun, halb zehn auf dem Büro sein, Pagel möge ihm den Weg ins Försterhaus zeigen. Pagel sagte: »Ja«; er rief Amanda zu: »Also Sie besorgen den Kaffee ganz rasch in den Pferdestall«, und schoß an den beiden Frauen vorüber, wieder in die Nacht hinaus.
    Er hatte ein undeutliches Gefühl davon, daß die schwarze Minna wirklich etwas vorzubringen gehabt hatte, etwas wie eine Beschwerde, eine Mahnung, eine Warnung. Aber wie jetztoft, hatte er keine Zeit zuzuhören. Er mußte weiter. Hinter seinem Rücken, er ahnte es doch, spann sich schon wieder der schönste Ratsch und Tratsch zwischen den Frauenzimmern an. Er konnte es nicht hindern, er mußte laufen, eine Viertelstunde, hatte er zum Tierarzt gesagt. Fünf Minuten waren davon schon vertan, übrigens war alles vielleicht Unsinn, das, was er ahnte, wie das, was er vorhatte. Nun gut, dann war es auch noch so! Weiter! Jedenfalls weiter!
    Die Villa öffnete ihm auf sein Klingeln der Pfleger des Rittmeisters selbst. Dieser Pfleger, Schümann geheißen, ein älterer, fahler, etwas fetter Mann, mit ein paar ergrauenden Sardellen über dem kahlen Schädel, trug, als sei er in einer Anstalt, stets eine weißblau gestreifte Jacke, Ledersandalen, graue, faltige Hosen, die seit ihrem Ankauf sicher noch nie wieder eine Bügelfalte erlebt hatten. Pagel mochte den ruhigen, stillen Mann gerne. Er hatte ein paarmal einen Schwatz mit ihm gehabt. Der Pfleger Schümann hatte ihm erzählt, was er keinem gesagt hatte, nicht einmal der Frau, nicht einmal dem Arzt.
    »Ich glaube nicht, Herr Pagel«, hatte der Mann leise, flüsternd gesagt, »daß der Herr Rittmeister so krank ist: geisteskrank, wie der Herr Doktor meint. Der Herr Rittmeister hat einen Schock erlitten – aber geisteskrank? Nein! Er kann nicht sprechen, er lächelt zu allem, was man ihm sagt – aber er verstellt sich ja nur! Er will nicht mehr sprechen, er will nicht mehr hören noch sehen; er hat genug von der Welt, das ist es! Er kann ja im Schlaf sprechen …«
    »Aber ist das nicht auch eine Krankheit?« hatte Pagel gefragt.
    »Vielleicht, ich weiß nicht. Vielleicht ist er bloß feige und mutlos. Die ersten Tage hat er ganz gut reden und mit mir zanken können, wenn er seinen Alkohol haben wollte. Dann hat er nur noch gesprochen, um Schlafmittel zu erbetteln, und als wir ihm die auch entzogen haben, hat er sich gesagt: Das Reden hat keinen Sinn mehr, die geben mir doch nichts, also halte ich den Mund …«
    »Glauben Sie denn, Herr Schümann, daß er auch nichts trinken würde, wenn er ohne Aufsicht wäre?«
    »Das ist immer das Schwierige, Herr Pagel, das weiß man bei solchen nie! Vielleicht, wenn alles glatt geht, daß er es ohne Trinken aushält. Aber wenn er wieder etwas

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