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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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kümmert sich nicht um die Wirtschaft. Pagel rennt hierhin, dorthin. Aber immer, wenn er zum Büro zurückkommt, sitzt Herr von Studmann noch da. Zuerst sucht er noch den Eindruck aufrechtzuerhalten, als arbeite er etwas, schreibe einen Brief – aber dann gibt er das alles auf. Er sitzt nur so da, ein elender, unglücklicher Mensch, der auf sein Urteil wartet …
    Um halb elf sieht Pagel den großen Wagen durch Neulohe fahren. Er läuft auf das Büro. »Frau von Prackwitz war nicht hier? Hat sie nicht angerufen?«
    »Nein. Warum?«
    »Eben ist der Wagen fortgefahren.«
    Herr von Studmann greift zum Telefon. Diesmal zittert seine Hand nicht, seine Stimme versagt nicht, als er fragt: »Hier Studmann – könnte ich bitte Frau von Prackwitz sprechen? – Sie ist eben fortgefahren? – Gut – hat sie etwas hinterlassen? – Ja, bitte, erkundigen Sie sich, ich warte am Apparat.«
    Er sitzt da, den Hörer in der Hand, das Gesicht gesenkt, imSchatten – im – Schatten. Dann: »Ja, ich bin noch hier. – Nur, daß sie heute nicht zurückkommt? Sonst nichts? – Danke schön.«
    Er legt den Hörer auf, er sagt zu Pagel hinüber, ohne ihn anzusehen: »Was sagte Ihnen Frau von Prackwitz gestern abend?«
    »Daß sie heute sofort anruft, sobald sie Sie sprechen kann …«
    Herr von Studmann reckt sich, er lächelt fast: »Ich bin wieder einmal die Treppe hinuntergefallen, mein lieber Pagel, nur etwas schmerzhafter als damals im Hotel. – Trotzdem bin ich der festen Überzeugung, daß es irgendwo auf der Welt einen Fleck gibt, wo man unbedingte Zuverlässigkeit schätzt. Ich habe mich entschlossen, eine mir seit langem angebotene Stellung anzunehmen. Ich werde in dem Sanatorium des Geheimrats Schröck arbeiten. Ich bin sicher, daß die dort befindlichen Kranken vollkommene Zuverlässigkeit, Gleichmäßigkeit des Temperaments, eine nicht zu erschöpfende Geduld zu schätzen wissen.«
    Pagel starrte Herrn von Studmann an, Herrn von Studmann, der jetzt das Kindermädchen der Nerven- und Gemütskranken werden wollte – ob er ironisch sprach oder ernst? Aber er sprach ganz ernst, nie war er ernster gewesen. Er war nicht geneigt, die Tollheiten dieser tollen Zeit mitzumachen, selber toll zu werden. Unermüdet, nicht verzweifelt, ging er weiter. Gewiß, er hatte einen Schlag bekommen, eine Hoffnung war ihm zergangen. Aber er trug es.
    »Ich bin kein Mensch für Frauen«, sagte er und sah Pagel an. »Nein, ich eigne mich nicht für den Umgang mit Frauen. Ich bin ihnen zu regelmäßig, zu korrekt – irgendwie bringe ich sie zur Verzweiflung. Früher einmal, es ist lange her« – er machte eine vage Handbewegung, um anzudeuten, in welch nebelhaften Fernen es lag –, »früher einmal war auch ich verlobt, ich war jünger, vielleicht beweglicher. Nun, jedenfalls löste sie die Verlobung, urplötzlich, eines Tages. Es kam mir sehr überraschend. ›Es ist mir so‹, sagte sie zu mir, ›alsmüßte ich eine Weckuhr heiraten – sie tickt, sie tickt, du bist absolut zuverlässig, du gehst nicht vor noch nach, du klingelst genau zur richtigen Zeit – du bist einfach zum Verzweifeln!‹ Verstehen Sie das, Pagel?«
    Pagel hörte mit einer höflichen, interessierten, eine Spur ablehnenden Miene zu. Dies war immerhin derselbe Studmann, der, als es Pagel schlecht ging, jede vertrauliche Offenheit schroff zurückgewiesen hatte. Der Schlag mußte ihn hart getroffen haben, wahrscheinlich war ihm auch diesmal die Lösung völlig überraschend gekommen.
    »Nun, Sie sind ein anderer Typ, Pagel«, sagte der veränderte, schwatzhafte Studmann. »Sie leben gewissermaßen nicht in einer graden Linie – mehr hin und her, auf und ab. Sie überraschen sich gerne selbst – ich, ich hasse die Überraschungen!«
    Seine Stimme bekam etwas Eisiges, Ablehnendes. Pagel dachte, daß Herr von Studmann Überraschungen vor allem unfein und darum verächtlich fand.
    Aber weiter war Herr von Studmann auch in dieser erregten Stunde nicht mit seinen vertraulichen Eröffnungen gegangen. Gleich wurde er wieder sorgender Freund.
    »Sie bleiben nun allein hier, Pagel«, sagte er. »Sie werden es schwer haben. Aber ich fürchte, es wird nicht lange dauern. Ich nehme an, Frau von Prackwitz irrt sich in der Beurteilung ihres Vaters. Die Pacht hätte unbedingt bezahlt werden müssen. Aus rechtlichen und aus persönlichen Gründen. Nun, Sie werden das alles noch erleben und mir, wie ich hoffe, brieflich berichten. Mein Interesse bleibt unverändert. Und sollte einmal eine

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