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Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition)

Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition)

Titel: Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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flexibel und ändern blitzschnell ihr Verhalten, wenn sich ihr Umfeld verändert.
    Mutige oder dreiste Tiere gibt es überall. Sie sind oft die Ersten, deren Begegnung mit uns tödlich endet. Leben sie in einem geschützten Gebiet, können sie überleben, dort haben sie im Allgemeinen weniger Scheu vor Menschen als dort, wo sie gejagt werden. Dennoch gilt das nicht für alle. So meiden die Wölfe auf der Isle Royale (Michigan) immer noch Menschen, obwohl sie seit mehr als 50 Jahren unter strengem Schutz stehen.
    Es ist kaum möglich, eine klare Linie zwischen »natürlichem« und »unnatürlichem«, zwischen »wildem« und »habituiertem« Verhalten zu ziehen, denn jeder individuelle Wolf und jedes individuelle Rudel reagiert anders.
    Bei Wölfen in stark frequentierten Nationalparks kann man von einem hohen Grad an Toleranz gegenüber Menschen ausgehen. Das Lamar Canyon-Rudel in Yellowstones Lamar Valley lebte ein ganz normales »Wolfsleben« vor der Kulisse einer riesigen Menschenmenge. Die Tiere jagten, paarten sich, zogen ihren Nachwuchs auf und verhielten sich wie ganz normale wilde Wölfe, während sie gleichzeitig die Touristen, die sie das ganze Jahr hindurch beobachteten, zur Kenntnis nahmen und ignorierten. Oft sah ich die Leitwölfin gelassen die Straße überqueren und auf die ängstlicheren Familienmitglieder warten, während nur wenige Meter von ihr entfernt Hunderte begeisterte Fotografen die Fotos ihres Lebens machten. Als im Herbst 2012 die Wolfsjagd an den Grenzen zu Yellowstone begann, waren es die furchtlosen Wölfe, die zuerst starben – auch die Lamar Leitwölfin. Ihre Familie hat sich für mehrere Monate ins Hinterland zurückgezogen, ist aber inzwischen wieder ins Lamar Valley zurückgekehrt und lebt erneut mit dem Touristentrubel.
    Wölfe zeigen im Allgemeinen wenig Angst vor anderen Tierarten. Warum sollten sie sich also Menschen gegenüber anders verhalten? Die hochintelligenten Tiere erkennen schnell, wenn sie nicht gejagt oder verfolgt werden, und kehren sofort zu ihrem »natürlichen« Verhalten zurück. Daraus lässt sich schließen, dass bei Wölfen Furchtlosigkeit natürlich ist und nicht Angst.
     

Angriffe auf Menschen durch andere Tierarten
    Um Wolfsangriffe in einen Zusammenhang zu setzen, müssen wir sie mit Angriffen anderer großer Wildtiere auf Menschen vergleichen.
    So wurden zum Beispiel zwischen 1890 und 2011 in Nordamerika rund 20 Menschen von Berglöwen getötet. Im gesamten 20. Jahrhundert starben 128 Menschen durch Bären, 56 davon allein in den letzten zwei Jahrzehnten, was ein Hinweis darauf ist, dass der Mensch immer mehr in die Gebiete wilder Tiere eindringt (beispielsweise durch Besiedlung). Dennoch sind meine Chancen, von einem Serienkiller in der Großstadt ermordet zu werden, 60.000fach höher, als durch einen Bären zu sterben.
    Von 1980 bis 2002 besuchten über 62 Millionen Menschen den Yellowstone-Nationalpark. 32 von ihnen wurden von Bären angegriffen. Die Chance, hier von einem Bären verletzt zu werden, stehen also 1:1.9 Mio.
    Außerhalb von Nordamerika fielen im 20. Jahrhundert 6.297 Menschen Tigern, Löwen, Leoparden und Bären zum Opfer.
    In Tansania töten Löwen und Elefanten jeweils an die 100 Menschen jährlich.
    Aber nicht nur Fleischfresser greifen Menschen an. Andere Wildtierarten scheinen viel gefährlicher: Durchschnittlich werden in den USA jährlich 27.000 Menschen von Nagetieren gebissen und 500 Menschen von Füchsen.Es wird geschätzt, dass jährlich 94.000 Menschen an Schlangenbissen sterben. In den USA wurden zwischen 2003 und 2008 21 Menschen von Rindern getötet. Winzige Zecken sind die Ursache dafür, dass in Deutschland allein 2009 798.400 Menschen an Borreliose erkrankten. Der Weltgesundheitsorganisation zufolge verursachen Jahr für Jahr Bisse streunender Hunde rund 40.000 bis 70.000 tödliche Tollwutinfektionen. Und Millionen Menschen werden jährlich von ihren eigenen Haushunden gebissen.
    Wenn man die Häufigkeit von Wolfsangriffen auf Menschen mit der von anderen Tierarten vergleicht, wird deutlich, dass Wölfe für ihre Größe und ihr Tötungspotenzial die am wenigsten gefährliche Wildtierart sind.
     

Wolfsangriffe in der Geschichte
    »Es gibt keinen dokumentierten Fall, in dem ein gesunder, wilder Wolf einen Menschen angegriffen hat.« Wenn ich für jedes Mal, wo ich diesen Satz gehört oder ihn auch selber ausgesprochen habe, einen Euro bekommen hätte, bräuchte ich mir um meine Altersversorgung keine Gedanken mehr zu

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