Wolfsblut
Brotherr mit der Antwort nicht zufrieden.
»Aber wie, in Teufels Namen, weiß er nur, daß Sie fortreisen? Das geht über meinen Horizont!« fuhr der Hundetreiber harmlos fort.
»Über den meinen auch«, antwortete Scott und schüttelte kummervoll den Kopf.
Endlich kam der Tag, an dem Wolfsblut durch die offene Tür der Blockhütte den unheilverkündenden Handkoffer auf dem Boden stehen sah und bemerkte, wie der Gebieter ihn packte. Auch kamen und gingen viele Leute, und die einst so ruhige Atmosphäre war voller Unruhe und Hast. Dies waren ohne Zweifel Anzeichen. Was Wolfsblut bis jetzt nur geahnt hatte, sah er nun mit dem Verstande ein. Der Herr schickte sich wieder zur Flucht an, und da Wolfsblut früher nicht mitgenommen worden war, so konnte er darauf gefaßt sein, abermals zurückgelassen zu werden.
In der diesem Tage folgenden Nacht brach er in ein langgezogenes Wolfsgeheul aus. Wie einst in seiner Jugend, als er aus der Wildnis geflohen und zu dem Dorfe zurückgekehrt war, das verschwunden und an dessen Stelle nichts als ein Kehrichthaufen zu finden war, wo das Zelt des Grauen Biber gestanden hatte, so richtete er auch nun die Nase zu den Sternen empor und klagte ihnen sein Leid. – Drinnen im Blockhaus waren die beiden Männer eben zur Ruhe gegangen.
»Er hat wieder sein Futter stehenlassen«, bemerkte Matt von seinem Lager her. Von Weedon Scotts Lagerstätte kam ein Gebrumm und eine Bewegung mit den Decken.
»Wie er es damals sich zu Herzen nahm, als Sie weg waren, so sollte es mich gar nicht wundern, wenn er diesmal drauf ginge!«
Die Decken auf der Lagerstätte des andern raschelten ärgerlich. »So hören Sie doch endlich auf!« schrie Scott durch das Dunkel. »Sie quälen ja ärger als ein Frauenzimmer!«
»Das stimmt«, antwortete der Hundetreiber, und Weedon Scott war nicht sicher, ob der andere nicht gekichert hatte.
Am nächsten Tag wurde Wolfsbluts Ruhelosigkeit, seine Angst noch offenkundiger. Er heftete sich an die Fersen des Herrn, wenn dieser das Blockhaus verließ, und wartete draußen auf den Stufen, wenn er drinnen war. Durch die offene Tür konnte er das Gepäck auf dem Boden stehen sehen. Zu dem Handkoffer hatten sich noch zwei große Reisetaschen und ein Koffer gesellt. Man rollte eben die Decken und den Schlafsack des Herrn in ein Wachstuch ein, und Wolfsblut winselte, als er es sah. Darauf erschienen zwei indianische Träger, und er beobachtete sie genau, als sie das Gepäck auf die Schulter luden und Matt, der Bettzeug und Handkoffer trug, den Hügel hinab folgten. Aber Wolfsblut ging nicht mit. Der Herr war ja noch drinnen, und nach einer Weile kehrte auch Matt zurück. Dann kam der Herr an die Tür und rief Wolfsblut hinein.
»Du armer Teufel!« sagte er liebevoll, indem er Wolfsbluts Ohren kraute und ihn auf den Rücken klopfte. »Ich muß auf eine weite Reise gehen, mein Alter, wohin du nicht mitkommen kannst. Nun grolle noch einmal, noch ein letztes Mal, zum Lebewohl.«
Allein Wolfsblut wollte nicht. Er steckte statt dessen, nachdem er suchend und fragend den Herrn angeblickt hatte, den Kopf tief unter dessen Arm.
»Da pfeift es!« rief Matt, und vom Yukon her tönte der heisere, heulende Ton der Dampfpfeife. »Sie müssen sich beeilen. Vergessen Sie nicht, die vordere Tür zuzuschließen. Ich will zur Hintertür hinaus. Gehen Sie nur voran.«
Die beiden Türen schlugen zu gleicher Zeit zu, und Weedon Scott wartete, bis Matt nach vorn kam. Von der Innenseite der Tür kam ein leises Seufzen und Winseln, dann das langgezogene Schnüffeln.
»Sie müssen gut für ihn sorgen, Matt«, sagte Scott, als sie den Hügel hinuntergingen. »Schreiben Sie mir, und lassen Sie mich wissen, wie es ihm geht.«
»Gewiß«, antwortete der Hundetreiber. »Aber hören Sie das bloß an!«
Beide blieben stehen. Wolfsblut heulte, wie es Hunde tun, wenn ihre Herren gestorben sind. Es war eine herzzerreißende Wehklage, sie erhob sich zu lauten Jammertönen und erstarb in zitterndem Weh, dann brach sie von neuem in ein lautes, kummervolles Geheul aus.
Die ›Aurora‹ war das erste Dampfboot des Jahres, das hinausfuhr; das Deck war dichtgedrängt voller Abenteurer und Goldsucher, von denen manch einer Glück, manch andrer Unglück gehabt hatte, die aber alle ebenso begierig waren, wegzukommen, als sie es einst gewesen waren, anzukommen. Gleich bei der Landebrücke stand Scott und schüttelte Matt die Hand, der im Begriff war, ans Ufer zurückzukehren. Aber Matts Hand wurde plötzlich
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