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Wolfsblut

Wolfsblut

Titel: Wolfsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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des Herrn hin schnell.
    Matt half dem Manne auf. Als dieser auf den Beinen stand und die Arme sinken ließ, kam das bestialische Antlitz des schönen Schmitt zum Vorschein. Der Hundetreiber ließ ihn geschwind los, wie wenn er Feuer angefaßt hätte. Schmitt schaute mit zwinkernden Augen in das Licht und sah dann um sich. Als er Wolfsblut erblickte, schoß ihm ein jäher Schreck ins Gesicht. In dem Augenblick bemerkte Matt zwei Gegenstände, die im Schnee lagen. Er leuchtete mit der Lampe hin und wies mit dem Fuß darauf. Es war eine stählerne Kette und ein derber Knüttel. Auch Weedon Scott sah die Sachen und nickte. Kein Wort wurde dabei gesprochen, nur die Hand legte der Hundetreiber dem schönen Schmitt auf die Schulter und drehte ihn rechts um. Schmitt verstand den Wink und machte sich aus dem Staube.
    Unterdessen streichelte der Gebieter Wolfsblut und sprach zu ihm. »Der wollte versuchen, dich zu stehlen, he? Und du wolltest das nicht zulassen? Ja, ja, der hat sich geirrt, nicht wahr?«
    »Er muß gedacht haben, ein Dutzend Teufel hätten ihn in die Klauen gekriegt«, kicherte der Hundetreiber.
    Wolfsblut grollte immer noch, erregt und mit gesträubtem Haar, und der kosende Ton klang noch fern und schwach, ließ sich aber allmählich immer deutlicher hören.

 
Fünfter Teil
     
ERSTES KAPITEL
     
Die lange Fahrt
     
    Es lag etwas in der Luft. Wolfsblut witterte ein nahes Unglück, bevor es noch sichtbar oder greifbar geworden war. Auf unbekannten Pfaden wurde es ihm beigebracht, er ahnte, daß eine Veränderung bevorstände. Er wußte nicht wie, noch warum, aber er erhielt die Kunde von dem Bevorstehenden von den Menschen selber. Ohne daß sie es sich erklären konnten, wie es zuging, verrieten sie ihre Gedanken dem Tier, das draußen auf den Stufen kauerte und das, obgleich es nicht in das Innere der Blockhütte kam, doch wußte, was im Gehirn ihrer Bewohner vorging.
    »Hören Sie das bloß an!« rief der Hundetreiber eines Abends aus, als sie beim Abendbrot saßen.
    Weedon Scott lauschte. Durch die Tür drang ein leises und angstvolles Stöhnen, das wie ein unterdrücktes, nur gerade hörbares Schluchzen klang. Dann kam ein langgezogenes Schnüffeln, als ob Wolfsblut sich überzeugen wollte, daß der Herr noch drinnen sei und nicht allein und geheimnisvoll wieder die Flucht ergriffen hätte.
    »Ich glaube wirklich, Wolf hat Verdacht geschöpft«, sagte der Hundetreiber.
    Weedon Scott blickte seinen Gefährten fast flehend an, obgleich er kühl bemerkte: »Was, zum Henker, sollte ich wohl in Kalifornien mit einem Wolf anfangen?«
    »Das sage ich auch«, antwortete Matt. »Was, zum Henker, wollen Sie mit einem Wolf in Kalifornien?«
    Allein dies schien Weedon Scott nicht zufriedenzustellen. Der andere nahm die Sache zu selbstverständlich hin.
    »Die Hunde der weißen Leute können ja gar nicht gegen ihn aufkommen«, fuhr Scott fort. »Er würde sie ja sofort totmachen, und ich würde entweder durch Geldstrafen bankrott werden, oder die Behörde würde ihn mir wegnehmen und durch einen elektrischen Schlag töten.«
    »Ja, er ist ein richtiger Totschläger, das weiß ich«, bestätigte der Hundetreiber.
    Weedon Scott sah ihn mißtrauisch an. »Nein, es geht nicht«, sagte er dann mit Entschiedenheit.
    »Es geht auch nicht«, stimmte Matt bei. »Sie müßten sich dann jemand halten, der ihn bewachte.«
    Das Mißtrauen des andern verschwand, und er nickte zustimmend. In dem Schweigen, das nun entstand, hörte man vor der Tür das leise, halb schluchzende Stöhnen, dem das langgezogene, suchende Geschnüffel folgte.
    »Es läßt sich allerdings nicht leugnen, daß er höllisch an Ihnen hängt«, fing Matt wieder an.
    Der andere blickte in plötzlichem Ärger auf. »So hören Sie doch endlich auf, Mensch! Ich weiß doch, was ich zu tun habe und was das beste ist.«
    »Ich bin auch Ihrer Meinung – bloß –«
    »Was – bloß?«
    »Bloß –«, begann der Hundetreiber sachte, dann brauste er plötzlich auf und sagte: »Na, Sie brauchen nicht gleich so hitzig zu werden. Man sollte wahrhaftig meinen, Sie wüßten nicht, was Sie zu tun hätten.«
    Weedon Scott überlegte eine Weile, dann sagte er sanfter: »Sie haben recht, Matt. Ich weiß auch nicht, was ich tun soll, und das ist das schlimmste an der Sache.« Dann fügte er nach einer Weile wieder heftiger hinzu: »Aber es würde doch vollkommen lächerlich sein, den Hund mitzunehmen.«
    »Der Meinung bin ich ja auch«, war Matts Antwort, und wieder war sein

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