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Wolfsbrut

Wolfsbrut

Titel: Wolfsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Whitley Strieber
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drücken, und sie würde ebenso antworten. Das würde die nächsten zweieinhalb Stunden so weitergehen. Sie würden alle fünf Minuten Verbindung aufnehmen und damit sicherstellen, daß die Kälte sie nicht einschläferte. Wenn sie einmal nicht antwortete, würden sie innerhalb von Minuten auf dem Dach sein. Sie dachte an die drei da unten in der Wohnung und hoffte, daß sie einander vom Leibe blieben. Wilson und Dick waren einander nicht wohlgesonnen, um es milde auszudrücken. Und Ferguson war so nervös, daß die geringsten Spannungen ihn in Panik versetzen konnten. Der Wind schüttelte ihren Körper, so daß sie sich mit der freien Hand am Dachrand festhielt. Sie ließ das Walkie-talkie am Ohr, holte den Taschenwärmer heraus und legte ihn direkt unter ihre Brust aufs Dach, damit ihr der Hals nicht einfror, wenn der arktische Wind über ihren Körper dahinstrich.
    Sie brachte die Kamera wieder in Position und betrachtete die Gasse. Nichts. Sie machte die Augen zu und hielt das Gesicht in das Fleckchen Wärme unter dem Kinn. Der Wind zerrte an ihr, ihr Körper war angespannt, ihr Verstand nervös. Es würde eine lange und brutale Wache werden. Das erste Signal kam, sie antwortete und beobachtete erneut, dann senkte sie den Kopf wieder.
    So ging es die erste Stunde über. Als diese vorüber war, glitt sie vom Dachrand zurück, legte die Ausrüstung hin und stand auf. Sie stapfte methodisch, bis sie sicher war, daß ihre Füße nicht erfroren, dann hüpfte sie eine Weile auf der Stelle. Sie blies Atem in die Hände und war dankbar für die Wärme, die das erzeugte. Sie trank ein paar Schluck Kaffee. Sie war im großen und ganzen in guter Verfassung. Sie ging über das Dach und sah an den drei Straßenseiten hinab. Jede zeigte dieselbe Szene: eine verlassene Straße, auf der das Eis weiß-gelb unter den Natriumlampen leuchtete. Außer ein paar geparkten Autos war keine Spur von Menschen zu sehen.
    Dann fiel ihr eines der Autos auf. Es parkte in zweiter Reihe und sah genau wie ein Zivilfahrzeug der New Yorker Polizei aus. Warum, zum Teufel, waren sie hier? Es konnte sich nur um eine Beobachtung handeln. Aber wie sollte man aus dieser Höhe sicher sein? Dann bedrängte der Wind sie, und sie mußte wieder auf Händen und Knien vorsichtig über das Dach kriechen. Sollten sie das Haus ruhig beobachten; vielleicht würden sie so oder so gerade recht kommen. Gottverdammt, sie observierten Dick. Das waren Leute vom Dezernat für Interne Angelegenheiten, soviel stand fest. Wenn man näher darüber nachdachte, war es fast komisch. Sie legte sich hin und nahm ihre Beobachtung wieder auf.

    »Du bist erlöst, Kindchen«, sagte Wilsons Stimme. Sie drückte den Knopf, sagte aber nichts, und wich sofort in Richtung Tür zurück. Es schien, als wäre hier oben eine Ewigkeit verstrichen. Ihr ganzer Körper schmerzte, abgesehen von den Füßen, die verdächtig gefühllos waren.
    Sie warteten im Treppenhaus auf sie. Jetzt war Ferguson eingemummt. Sie gab ihm die Ausrüstung und erzählte ihm von ihren Erfahrungen mit dem Wind. Er nickte; sein Gesicht war verschlossen und stumm. Dick wechselte alle Batterien aus - Taschenwärmer, Kamera, Walkie-talkie -, dann klemmte er Ferguson eine Thermosflasche unter den Arm. Als der Wissenschaftler durch die Tür ging, knallte eine kalte Windbö herein.
    Die brutalen Zustände machten ihm mehr zu schaffen, als er gedacht hatte. Er bemühte sich, das Gleichgewicht zu halten, rutschte aus und fiel gegen die Tür. Diese ganze Sache war eine Farce. Anstatt hier oben zu sitzen, sollten sie unten in der Gasse sein, im Licht, und die offene Handbewegung der Freundschaft aus Beauvoys Aufzeichnungen machen. Der Wind schüttelte ihn durch, seine Muskeln verkrampften sich. Wie konnten diese Polizisten das nur auf sich nehmen? Er versuchte, sich zu bewegen und kippte wieder um. Jetzt tränten seine Augen, die Tränen gefroren und verschleierten den Blick. Er rappelte sich auf und ging zögernd ein paar Schritte. Dann rutschten seine Füße weg; er landete schmerzhaft auf der Seite und rammte die absurde, unhandliche Pistole unter sich ins Eis. Er drehte sich auf den Bauch, holte das Funkgerät und rief sie. Dieses Dach ertrug er nicht. Er mußte es mit Kommunikation versuchen - auf der Straße.
    In der Wohnung ging Becky ins Schlafzimmer und zog die Kleidung aus. Sie überprüfte ihre Füße, fand aber keine Frostbeulen. Sie ging zitternd ins Bad, machte die Tür zu und drehte die Dusche auf. Als das heiße

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