Wolfsherzen - Eine Liebe in Alaska
„Wie meinst du das?“
Er lacht. „Ich kam am Seeufer zu mir, als er mir das Gesicht ableckte.“
Ihr fällt die Kinnlade herunter. „Du nimmst mich hoch!“
„Nein, im Ernst“, lacht er und ergreift ihre Hand. „Komm, lass uns runtergehen.“
Er hängt sich die Schlaufe der Pumpgun um, so dass ihm die Waffe auf dem Rücken sitzt und zieht Lucy an der Hand hustend hinter sich her.
„DESWEGEN nennen sie dich Wolf“, geht ihr auf.
„Ja. Ist mein Totem-Tier.“
Sie schüttelt fassungslos den Kopf. „Und ich glaubte, alles über Wölfe zu wissen!“ Lucius lässt sie los, damit sie hinter ihm in seine Fußstapfen treten kann, um Kraft zu sparen. Er wendet sich kurz für einen provokativen Blick zu ihr um.
„Das hier ist die WIRKLICHE Wildnis. Dein Uni-Wissen bringt dich hier nicht weiter.“
„Aber ich habe sie lange beobachtet“, wendet sie beleidigt ein, während sie ihm die Böschung hinab folgt.
„Allein und unauffällig? Wie ein Schatten, der ihnen geräuschlos folgt? Und über viele Monate hinweg?“
„Natürlich nicht“, gibt sie bissig zurück. „Dafür reichen die Budgets nicht. Und allein über lange Zeit in tiefer Wildnis, das ist oft zu gefährlich. Ich kenne unsere Grenzen, Luc.“
„Ich habe oft genug Wissenschaftler rausgeflogen. Ihr seid Stadtmenschen, Lucy. Ihr seid mit der Natur meist überhaupt nicht vertraut oder gar im Einklang. Ihr habt einen verklärten Blick auf sie, findet sie einerseits romantisch und habt auf der anderen Seite Angst vor ihr. Eure Beweggründe, Naturschutz und so, sind ja sehr edel. Aber was soll auf diese Weise schon groß rauskommen?“
„SO siehst du mich?!“ Sie bleibt fassungslos stehen.
Lucius wendet sich zu ihr herum. „Ich weiß noch nicht so recht, Lucy. Ich weiß nur, dass du eine Träumerin bist. Du bewegst dich wie in einer Traumwelt. … Ich werde die Szene mit dem Vielfraß mein Leben lang nicht mehr aus dem Kopf kriegen, Baby“, lacht er so unbeschwert, dass sie ihm einfach nicht böse sein kann. „Aber wie verstehst du sie? Als Träumerin, die Hirschkühe anlockt? Oder als Kopfmensch, der sie mit Formeln umschreibt? Die Kopfmenschen jedenfalls werden sich ihre verdammten Köpfe noch lange zerbrechen. Und so sehe nicht nur ICH das. Insgeheim belächeln euch die Einheimischen hier. Warum bezieht ihr sie nicht mit ein, wenn ihr wirklich etwas bewegen wollt? Ihr Wissen ist uralt und vollendet.“
Sie starrt ihn verblüfft an, während er sich zum Weitergehen umwendet. Es wäre eine Idee. Doch das kann sie nicht so einfach auf sich sitzen lassen. „Ich bin beides, Lucius. Träumerin und Kopfmensch. Und ich konnte wirklich schon viel bewegen. Meine Reportagen rütteln die Menschen wach. Mit ihren Spenden, den Erlösen von verkauften Filmen und so weiter konnten wir Naturreservate einrichten, bedrohte Tierarten haben sich erholt.“
Er nickt. „Du bist ihr sexy Aushängeschild?“
„Und wenn schon!“
„Du gibst es zu!“
„Solange es für den guten Zweck ist, warum nicht.“
„Würdest du ALLES für den guten Zweck tun?“
„Du meinst …“, sie schnappt entrüstet nach Luft, „definitiv NICHT!“ Was denkt er nur von ihr? „He! Ich bin die, die schon als Kleinkind in der Wildnis Tiere beobachtete, die ihren Uni-Abschluss mit achtzehn gemacht hat, ihren Doktor mit zwanzig und jüngste Professorin des Landes geworden ist. Die fließend acht Sprachen spricht …“
Er ist stehen geblieben und wendet sich zu ihr um. „Das musstest du jetzt wohl unbedingt raushängen lassen“, meint er spöttisch und kommt vor sie. „Ich finde dich auch ohne all das toll. Und was nützen dir hier draußen all die Titel eines Kopfmenschen?“
„Auf die gebe ich nichts.“
„Ach nein?“
„Ich habe sie nur, um etwas in der Welt der Kopfmenschen zu bewirken, und als Ausrede, um hier draußen sein zu können.“ Und ich habe sie auch nicht wie ein Kopfmensch durch fleißiges Lernen von Texten erworben. Das Innere der Natur offenbart mir alles, wonach ich es frage und ich verinnerliche es im selben Moment und lerne sie verstehen. Aber das weiß niemand. Alle halten mich für ein Genie, dem alles zufällt. „Ich weiß, was Natur ist, Lucius. Ich selber bin ein chaotisches, neugieriges Naturkind und will es um alles in der Welt bleiben. Ich kann das Stadtleben nur mithilfe meiner Fotos ertragen, die ich von ihr gemacht habe. Sie hat es bisher immer gut mit mir gemeint und mich beschützt. Mir alles gezeigt, was sie an Wundern und
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