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Wolfsherzen - Eine Liebe in Alaska

Wolfsherzen - Eine Liebe in Alaska

Titel: Wolfsherzen - Eine Liebe in Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Spannweite über die Wipfel davon. Sie überlegt, dass der Nistplatz vermutlich ganz in der Nähe ist und läuft mit nach oben gerichtetem Blick weiter. Plötzlich lässt sie ein laut vernehmbares Knacken entsetzt nach unten zu ihren Füßen sehen. Das Geflecht eines ihrer Schneeschuhe ist mittendurch gebrochen. Sie hatte auf einem unter der Schneedecke verborgenen Ast hohl gestanden, ohne es bemerkt zu haben.
    „Oh nein!“ Lucy könnte sich ohrfeigen. Sie kniet sich in den Schnee, um den Bruch zu untersuchen. Doch ohne Werkzeug oder einen Strick ist er absolut irreparabel. Fluchend schnallt sie sich die Schneeschuhe ab und versinkt augenblicklich bis über die Knie im tiefen Schnee. „Verdammt. Ich kann froh sein, wenn ich es noch vor Einbruch der Nacht bis zurück zur Hütte schaffe!“ So eilt sie sich, verstaut die Schneeschuhe im Rucksack und blickt noch einmal nach oben in die Baumwipfel. Da entdeckt sie den Nistplatz in einer schlanken, hohen Fichte. „Fliegen müsste man können!“ Ihr Blick weicht zwischen die Baumkronen ab und registriert einen bedrohlich dunkelgrau verfärbten Himmel. Geschwind setzt sie sich endlich in Bewegung, ihre alte Schneeschuhspur zurück verfolgend.
    Es hat angefangen, dicke Schneeflocken zu schneien. Lucy gönnt sich, auf einem umgekippten Baumstamm sitzend, trotzdem eine kleine Pause. Sie nimmt noch einen Schluck von ihrem kalten Wasser aus der Flasche und verstaut diese dann wieder im Rucksack. Denn sie muss sich eilen. Sie hat noch nicht einmal die halbe Distanz zur Hütte zurückgelegt. Und ihre alte Spur wird bald verschneit sein. Das Laufen im hohen Schnee ist unendlich ermüdend und geht nur erschreckend langsam voran. Sie hofft, dass sie die Orientierung nicht verliert, wenn sie ohne Spur zurückfinden muss. Lucy gibt sich einen Ruck und geht weiter. Ihre Füße sind schon längst nass vom geschmolzenen Schnee, der sich von oben in ihre Schuhe drückt. Doch ihr ist heiß vor Anstrengung. Nach ein paar Schritten atmet sie wieder schwer.
    Allmählich setzt die Dämmerung ein. Sie verleiht der tiefverschneiten Taiga eine unendliche Friedlichkeit. Lautlos fallen die Schneeflocken herab. Nur das Knirschen von Lucys Schritten im Schnee ist zu vernehmen. Und ihr schnell gehender Atem, der von ihrer Verzweiflung spricht. Mit leiser Hoffnung nimmt sie wahr, dass es weniger stark schneit. Sie kann ihre alte Schneeschuhspur vor sich gerade noch angedeutet ausmachen und folgt ihr schon länger beinahe apathisch. Plötzlich stutzt sie. Denn sie kann sich nicht erinnern, den steilen Abhang, der vor ihr liegt, heraufgekommen zu sein. Mit einem Male ist sie hellwach. Ihr geht auf, dass dies nicht IHRE Spur sein kann und sie wird panisch. Es kann sich nur um Lucius’ Abdrücke handeln, als er die letzten Tage auf der Jagd durch diese Gegend streifte. Sie wendet sich um und läuft hastig in ihrer tiefen Spur zurück. Es geht schnell, da sie in ihre Fußstapfen tritt und nicht zu spuren braucht. Sie kommt an einem Wildwechsel an, den sie zuvor übersehen haben muss, und erkennt, dass ihre Spur weiter vorn in einem großen Halbkreis verläuft. Sie kann hier gewaltig abkürzen und ergreift sogleich die Gelegenheit, läuft wieder durch hohen Schnee. Plötzlich tritt sie mit dem linken Fuß auf etwas Hartes und es erklingt ein lautes metallenes Schnappen. Lucy schreit schmerzgeplagt auf und geht zu Boden. Schmerzwellen jagen von ihrem linken Knöchel aus durch ihren Körper, so dass es ihr den Atem raubt. Sie fährt stöhnend mit der Hand an ihr linkes Bein und ertastet zwei eiskalte, bezahnte Bügel, die sich ihr tief und unerbittlich ins Fleisch geschnitten haben. Als sie ihre Hand wieder zurückzieht, ist diese blutbesudelt. Keuchend wälzt sie sich herum und will das Bein heranziehen, als sie von einer Kette an der Falle schmerzhaft daran gehindert wird. Sie setzt sich mühsam auf und betastet mit ihren Händen wieder die Bügel. Dann konzentriert sie sich und zieht mit aller Gewalt die Bügel auseinander. Doch nur um ein paar Zentimeter, da sie nicht genügend Kraft besitzt. Immerhin lassen die Schmerzen etwas nach. Ihren Fuß jedoch bekommt sie nicht frei. Ihre Hände zittern vor Anstrengung und sie schreit vor Wut auf, als sie die Bügel nicht mehr länger halten kann. Sie lässt sie los, so dass sich ihre Eisenzähne wieder in ihre Wunde verbeißen. Lucy bleibt vor Schmerz die Luft weg und sie fällt rücklings in den Schnee. Sie atmet tief durch, versucht, einen klaren Gedanken

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