Wolfsherzen - Eine Liebe in Alaska
Tisch ab und macht sich frei. Genüsslich schöpft sie sich dann mit vollen Händen Wasser ins Gesicht, reibt sich mit nassen Händen den Oberkörper ab. Die Wassertropfen bespritzen ihr loses Haar und perlen über ihre nackten Brüste den Bauch hinab.
„Verdammt!“
Sie blickt zu Lucius auf. Er hat sich den Daumen in den Mund gesteckt und sieht zu ihr herüber. Sie lacht hell auf. „Das hast du davon!“
Er kommt langsam auf sie zu, den Daumen noch immer im Mund.
„Du sollst auf das FLEISCH sehen, Luc“, hält sie ihm kichernd vor.
Er kommt lächelnd vor sie und küsst sie auf den Mund. „Mach‘ ich doch.“
Er schmeckt nach Blut. „Ich meine das in der Pfanne!“ Sie zieht erheitert seinen Daumen vor und bekommt einen Schreck. „Lucius! Bist du verrückt? Das sieht ja furchtbar aus!“ Er hat eine klaffende Schnittwunde in der Daumenkuppe. Blut quillt daraus hervor und tropft auf den Fußboden. „Warte“, meint sie und dreht sich zum Wandregal um. Sie holt eine Plastiktüte herunter.
„Jetzt lass doch, Lucy!“
„Nein“, beharrt sie, während sie ein Pflaster hervor kramt, und nimmt wieder seine Hand. „Das ist doch richtig tief!“
Er verrenkt sich umständlich und küsst sie wieder.
Lucy bedenkt es mit einem belustigten Kopfschütteln, wobei sie ihm das Pflaster straff um den Daumen herum klebt. Ein lautes Zischen vom Herd lässt sie beide aufsehen. Aus der Pfanne qualmt es bedrohlich.
„Das kann nicht sein“, ruft Lucius und eilt um den Tisch herum. Er holt die Pfanne vom Herd herunter und stellt sie geräuschvoll auf den Tisch, um dann den Blick verärgert auf Lucy zu richten.
Sie kann nicht an sich halten und prustet los, den Finger auf ein großes, qualmendes und verkohltes Stück Fleisch gerichtet.
Wohin der Bartkauz führt
Am nächsten Tag gehen sie wieder getrennte Wege. Lucius will wissen, ob ihm sein Jagdglück noch treu ist. Denn er möchte nicht riskieren, die Vorräte anzugreifen. Oft kann er tagelang nichts erlegen.
Lucy hingegen geht in den Wald, um wieder Brennholz zu sammeln. Sie trägt die Schneeschuhe und kommt gut voran. An der Hütte liegen bereits etliche Stämme und warten darauf, noch zerkleinert zu werden.
Lucy steht an der Tür und blickt abwägend zum Himmel empor, dessen Blau immer mehr von diffusen, langgestreckten Wolken verdeckt wird, die sich noch zu einer dichten Wolkendecke zusammenschließen werden, wie Lucy mittlerweile weiß. Es zieht zu. Im Grunde muss es sie nicht kümmern. Sie hatte sich für den Nachmittag lediglich vorgenommen, im Eisloch des Sees zu angeln. Doch hatte sie kürzlich eine kleine Entdeckung gemacht und will der Sache unbedingt noch nachgehen. „Ach. Es wird bestimmt nicht lange dauern.“ Sie geht ins Haus, um etwas zu essen und Lucius eine Nachricht zu hinterlassen. Und als sie dann mit einem geschulterten Rucksack wieder vor die Tür tritt, lugt nur noch ein kleines Himmelsblau von oben zu ihr herab.
Lucy schnallt sich die Schneeschuhe wieder an und geht zurück zu ihrer heutigen Holzsammelstelle. Als sie diese erreicht hat, blickt sie sich suchend um und entdeckt die Stelle wieder. Sie geht neben einer Tierspur in die Hocke, um sie besser betrachten zu können. Es sind die Spuren eines großen Vogels. Sie sind noch nicht alt und zeugen von einer kleinen Jagdszene. Sie streckt die Hand aus und berührt mit dem Zeigefinger eine rötlich gefärbte Stelle im Schnee, zieht den Finger zurück und reibt ihn gegen den Daumen. Es ist klebriges Blut. Sie findet noch ein paar graue Federn, was sie ganz sicher werden lässt.
„Strix nebulosa!“ Sie lächelt zufrieden. „Ich hoffe, ich kann dir einen Besuch zu Hause abstatten“, murmelt sie und richtet sich wieder auf. Sie blickt hoch zu den Baumkronen. Mit ein wenig Glück kann sie vielleicht den Nistplatz in der Nähe ausfindig machen. Sie steht eine Weile still da und lauscht. Bartkauze haben einen weit hallenden Ruf und sie hofft, einfach einen zu hören. Irgendwann, als ihre Füße schon kalt wie Eis geworden sind, vernimmt sie ein entferntes, tiefes BUUH und macht sich sofort in die entsprechende Richtung auf.
Sie folgt dem Ruf des Bartkauzes, der ihr diesen von Zeit zu Zeit entgegensendet. Sie kann sich gut danach richten, ist jedoch eisern darauf bedacht, nicht die Orientierung im tiefverschneiten Wald zu verlieren. Dann endlich wird ihre Hartnäckigkeit belohnt und sie entdeckt das Tier. Sie hat es aufgestört. Der riesige Vogel fliegt mit gut anderthalb Metern
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