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Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Titel: Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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herauszupressen. Jetzt, wo sich die Chance bot, war er sich nicht mehr so sicher. Viel vergiftetes Wasser war seitdem den Berg hinuntergelaufen. Er faltete den Brief zusammen, steckte ihn in die oberste Schreibtischschublade und sagte: »Wir werden sehen.«
    Irgendwo in seinem Inneren wusste er, dass er die Schublade wieder aufziehen würde, dass sich ein neuer Stein ganz oben auf dem Hügel gezeigt hatte und dass er mit oder ohne sein Zutun losrollen würde.
    Max Hansen , dachte er. Miese Chancen .
    4
    Anfang November saß Teresa auf dem Bett und hatte neben sich eine leere Sporttasche stehen. Sie wusste, dass sie etwas in die Tasche hineinlegen sollte, aber sie wusste nicht, was. Ihr Zug würde in einer Stunde abfahren, und sie war in ihr Zimmer hinaufgegangen, um zu packen. Sie glotzte auf die leere Tasche.
    Zwei Tage zuvor hatte Theres ihr eine Mail geschrieben und gefragt, ob sie am Wochenende zu ihr nach Stockholm kommen wolle. Teresa war es nach einigem Hin und Her gelungen, eine Zugfahrkarte über das Internet zu kaufen, bevorsie ihre Eltern vor vollendete Tatsachen stellte. Sie würde am Samstag nach Stockholm fahren, könnte jemand sie zum Bahnhof bringen?
    Sie würde eine Freundin besuchen. In Stockholm. Ja, sie war sich ganz sicher, dass es kein böser Onkel war. Sie hätten sich im Netz kennengelernt und wollten sich jetzt IRL treffen. Also in echt. Ja, sie würde am selben Abend nach Hause kommen, und ja, sie wusste genau, wo sie hinmusste und wie man dorthin kam. Svedmyra.
    Sie wollte nicht sagen, dass es sich um das Mädchen handelte, das sie alle bei Idol gesehen hatten. Vielleicht, weil sie dann glauben könnten, dass sie log. Weil sie es sowieso nicht glauben würden. Weil dadurch etwas offenbart wäre, was sie geheim halten wollte.
    Ihre Eltern wussten, wie einsam sie war, und vermutlich akzeptierten sie es deshalb. Sie gab ihnen Theres’ Adresse und Telefonnummer und versprach sie anzurufen, sobald sie angekommen war.
    So weit, so gut.
    Erst als sie die Tasche packen wollte, kam sie ins Stocken. Sie war noch nie allein mit dem Zug verreist. Man musste doch eine Tasche dabeihaben, wenn man reiste, oder? Aber was sollte sie einpacken? Was brauchte sie?
    Wer bin ich?
    So konnte man es auch ausdrücken. Was wollte sie zu Theres mitnehmen, was wollte sie ihr zeigen, wer wollte sie sein? Sie saß auf ihrem Bett, schaute auf die leere Tasche und dachte, dass sie ein Hohn war. Die Tasche war sie selbst. Leer. Nichts. Sie hatte nichts zu bieten.
    Sie ging ins Badezimmer, schminkte sich, so gut sie konnte, und war mit dem Resultat zufrieden. Sie hatte gelernt, das Rouge so aufzutragen, dass sie aus bestimmten Winkeln nicht ganz so schwabbelig aussah. Sie gab ihrem Haar mit ein wenig Mousse mehr Halt, damit um die Stirn mehr Luft war. Kajal, Lidschatten.
    Als sie fertig war, rief Göran von unten, dass sie jetzt fahren müssten, wenn sie den Zug noch erreichen wollten. Ohne nachzudenken, warf Teresa die Wegbeschreibung, ihr Handy, den MP3-Player, ihr Notizbuch und ihren schwarzen Jogginganzug in die Tasche. Den Jogginganzug vor allem deshalb, weil sie etwas brauchte, um die Tasche zu füllen.
    Auf dem Weg zum Bahnhof fragte Göran Teresa weiter über das Mädchen aus, das sie treffen wollte, und Teresa erzählte wahrheitsgemäß, dass sie sich in einem Forum über Wölfe kennengelernt hatten, dass sie gleichaltrig waren und dass sie in Svedmyra wohnte. Bei allem anderen log und flunkerte sie.
    Göran wartete, bis der Zug eingefahren war, und verabschiedete sich mit einer Umarmung, die zu erwidern sie sich nicht überwinden konnte. Als sie auf ihrem Platz saß und der Zug sich in Bewegung setzte, winkte Göran ihr zu. Sie winkte ohne großen Enthusiasmus zurück und sah dann, wie er sich umdrehte und zum Wagen zurückging.
    Es dauerte nicht mehr als ein paar Minuten, bis die Reise ihre Klauen in sie geschlagen hatte. Dass sie reiste. Dass sie allein in einem Zug saß und zu einem fremden Ort fuhr. Zwischen zwei Punkten war sie ein Passagier , jemand, der auf dem Weg war. Der frei war. Sie sah ihr Spiegelbild im Fensterglas und erkannte sich nicht wieder.
    Wer sitzt da? Wer könnte das sein?
    Sie zog ihr Notizbuch und einen Stift heraus, setzte sich bequem hin und begann an dem Stift zu saugen, während sie hin und wieder einen Blick auf sich selbst im Fenster warf. Sie wäre so gerne diese spannende Fremde gewesen, die im Zug saß und schrieb, aber ihr fiel nichts ein. Kein einziges Wort. Ihre Fantasie war

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