Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
langsam und dann immer schneller. Er steht auf dem Hang, der von Solliden herunterkommt, direkt auf dem Ventil, und die kochende Menschenmenge kommt ihm entgegengerauscht.
Er begreift nicht, was hier los ist, und sieht die Welle mit offenem Mund auf sich zuschwappen. Erst, als sie nur noch ein paar Meter entfernt ist, gewinnt er die Fassung zurück, wirft sich in eines der Dixieklos und schiebt den Riegel vor. Draußen vor der Tür stürmen Tausende von Füßen in wilder Flucht vorbei, und das Dixieklo erbebt, wenn Körper aus der Herde ausscheren und gegen die dünnen Plastikwände stoßen.
Er sitzt auf dem Klodeckel und schickt weiter SMS, sucht Emmy, ohne eine Antwort zu bekommen.
»Without a song or a dance, what are we?«
»Event Security« steht auf dem Rücken von Joel Carlssons rotem T-Shirt. So heißt das Unternehmen, für das er arbeitet, und so lautet seit zehn Jahren seine Jobbeschreibung. Event Security. Ein Kumpel im Studio hatte den Kontakt zu ihnen hergestellt, und seitdem war er dort geblieben, weil ihm die Arbeit Spaß machte. Besonders beim Skansen-Festival.
Rockkonzerte können anstrengend sein: warme Säle, hohe Lautstärke und Jugendliche, die sich drängen und ohnmächtig werden. Bei Sportveranstaltungen hat man sich mit Besoffenen und Hooligans auseinanderzusetzen. Das Skansen-Festival ist der reinste Erholungsurlaub, und innerhalb der Firma gilt es alsBelohnung für lange und treue Dienste, wenn man der Veranstaltung zugeteilt wird.
Mit einem Wasserzerstäuber herumlaufen und Teenager nass spritzen, die ein bisschen verschwitzt aussehen, aber meistens nur lachen und es cool finden, Leuten, die sowieso schon angenehm ruhig sind, zu sagen, dass sie es etwas ruhiger angehen lassen und nicht nach vorn gehen sollen. Es kommt selten vor, dass man jemanden herausnehmen oder grob werden muss.
Aber an diesem Abend läuft hier etwas gehörig aus dem Ruder. Als diese Tesla auf die Bühne kam und zu singen begann, wurde es zuerst ganz still im Publikum. Was für eine Stimme dieses Mädchen hat! Die Leute standen wie verhext da und lauschten mit offenen Mündern. Joel ergriff die Gelegenheit zu einer kleinen Atempause, trank einen Schluck Wasser, streckte seinen Rücken, während auch er den Gesang genoss.
Dann hört er den Schrei. Er kommt irgendwo aus den Sitzrängen, seltsamerweise. Er wird von der Scheinwerferanlage geblendet, als er in das Publikum späht und entdeckt, dass ein paar Personen sich von ihren Bänken erhoben haben. Mitten in der Liveübertragung, verdammt! Er gestikuliert verärgert zu ihnen hinüber, dass sie sich doch wieder setzen sollen, aber sie hören nicht. Stattdessen stehen noch mehr Personen auf, und man hört weitere Schreie.
Sowohl störende Geräusche als auch störende Bewegungen. Seine Aufgabe besteht unter anderem darin, genau dies zu verhindern, und er versucht, die Ursache der Störung ausfindig zu machen.
Irgendetwas passiert hinter dieser Kamera vor der Ehrentribüne. Wenn es irgendwo ruhig und gesittet zugehen sollte, dann dort. A- und B-Promis sitzen dort aufgereiht wie Weihnachtskerzen und warten darauf, ins Bild gesetzt zu werden. Aber jetzt gibt es dort Schreie und Aufruhr und lauter Leute, die aufspringen und weglaufen.
Joel läuft geduckt vor der Bühne entlang, auf der immernoch das kleine Mädchen steht und singt, obwohl die Musik schon verstummt ist. Als er die Ehrentribüne erreicht, ist der ganze Bereich vor der Bühne bereits menschenleer, abgesehen von zwei Personen. Joel sieht etwas auf dem Boden liegen und bleibt stehen.
Verdammte Scheiße.
Robert Segerwall, diese große Nummer vom Fernsehen, liegt in einer Lache von … ja, es kann nur Blut sein, und das Blut rinnt immer noch weiter aus einem Loch in seiner Schläfe. Joel ist drauf und dran, sich auf ihn zu stürzen, als er bemerkt, dass er woanders mehr gebraucht wird.
Priorisieren, Joel. Priorisieren.
Was er zuerst für einen Streit gehalten hat, ist in Wirklichkeit ein Kampf auf Leben und Tod. Er erkennt Robert Segerwalls Frau wieder, aber nicht das junge Mädchen, mit dem sie sich schlägt. Oder wie man es nennen soll. Die ältere Frau fuchtelt durch die Luft, kratzt nach dem Gesicht des jungen Mädchens, aber Joel sieht, dass sie diesen Kampf verlieren wird. In der einen Hand hält das Mädchen ein langes Messer, in der anderen eine Bohrmaschine.
Joel schafft es nicht. Als er den ersten Schritt auf sie zu macht, fliegt die Hand mit dem Messer heran. Joel hätte es in seiner
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