Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
wir mitfahren? Hier hinten?« Die Zwillinge zuckten mit den Schultern und sagten, dass es zwar eigentlich nicht zugelassen sei, aber … Jerry verstand die Signale und sagte, dass sie ruhig ein paar Stunden mehr auf die Rechnung schreiben könnten. Es war ohnehin billiger geworden, als er gedacht hatte, weil die Zwillinge so schnell gearbeitet hatten.
Jerry kramte noch eine Decke heraus und wickelte sich ein, fand die Taschenlampe in einem der Kartons. Nachdem die Türen geschlossen waren und er die Lampe angeschaltet hatte, fand er die Idee doch nicht ganz so dumm. Sie ersparten sich die nächtliche Taxifahrt, die Jerry ins Auge gefasst hatte, um Theres aus Norrtälje herauszuschaffen, ohne dass sie dabei von jemandem entdeckt werden konnten, der Jerry kannte.
Als Jerry jung war, hatte er die üblichen Fantasien gehabt, wie er Norrtälje verlassen und Jahre später mit Lärm und viel Trara und groß aufgemachten Interviews in der Lokalpresse wieder dort auftauchen würde. Diesen Gedanken hatte er vor langer Zeit schon aufgegeben und sich mit der langsamen Mumifizierung in seiner einsamen Wohnung abgefunden.
Selbst wenn er jetzt in einem dunklen LKW unterwegs war, wie ein Dieb in der Nacht, hatte er sich letztendlich doch losgerissen. Gut oder schlecht? Schwer zu sagen, aber als der Wagen vom Hof rumpelte und Jerry sich vorzustellen versuchte, an welchen Stellen sie gerade vorbeifuhren, fühlte er sich ein bisschen aufgeräumt. Er war auf dem Weg. Endlich.
Als sie gut eine Viertelstunde gefahren waren, traute sich Theres aus ihrer Deckung. Sie schaute sich in dem dunklen Wagen um, und Jerry ließ den Strahl der Taschenlampe umherwandern, um ihr zu zeigen, dass keine Gefahr drohte. Sie sagte etwas, und Jerry musste sich zu ihr hinunterbeugen, damit er sie über den Lärm des Motors hinweg verstehen konnte: »Was hast du gesagt?«
»Die Großen«, sagte Theres. »Wann machen sie Kleine tot?«
»Du, Schwesterherz …« Jerry rückte näher an sie heran, aberTheres zog sich in die Sofaecke zurück. Als Jerry sie anleuchtete, sah er, dass sie immer noch mindestens so panisch war wie oben in der Wohnung. Er schaltete die Lampe aus, um sie nicht zu blenden, und sprach in die Dunkelheit hinein.
»Schwesterchen, diese ganze Sache mit den Großen, also – das ist nur eine Erfindung. Das ist nicht wahr. Das war so ein Mist, den Papa erfunden hatte, weil … weil er nicht wollte, dass du ausreißt.«
»Du lügst. Die Großen haben Hass im Kopf. Du auch gesagt.«
»Ja, aber das war ja nur, damit du … ach, scheiß drauf. Aber niemand will dich umbringen. Du musst keine Angst haben.«
Sie saßen eine lange Zeit schweigend in der Dunkelheit. Das Motorengeräusch war einschläfernd, und vielleicht wäre Jerry sogar eingeschlafen, wenn er nicht angefangen hätte zu frieren. Er zog die Decke dichter um sich und starrte auf einen dünnen Lichtstreifen unterhalb der Türen. Das Gefühl, auf dem Weg zu sein, war der Empfindung gewichen, transportiert zu werden, wie ein Möbel oder ein Schwein, und seine gute Laune ging baden. Als sie so weit gekommen waren, dass er an der Resonanz des Motorengeräuschs hören konnte, dass sie auf einer Straße mit Häusern an den Seiten entlangfuhren, sagte Theres: »Die Großen sind lieb?«
»Nee«, sagte Jerry. »Das wäre ein bisschen übertrieben. So würde ich es nie sagen. Die meisten sind fiese Möpse, wenn sie die Gelegenheit dazu haben. Ich wollte damit nur sagen, dass sie dich nicht gleich umbringen. Sie werden dich nicht töten. Oder dich verletzen.«
Für sich selbst fügte Jerry hinzu: Solange sie nichts dabei verdienen können .
Als die Türen geöffnet wurden, blendete Jerry das weiße Winterlicht. Theres war wieder unter die Decke gekrochen, und draußen warteten Martin und Mats mit vor der Brust verschränkten Armen.
»Es war der dritte Stock, oder?«, fragte einer der Zwillinge und zeigte auf Theres. »Jetzt musst du das Mädchen irgendwie nach oben bekommen. Das eine Mal war ja ganz lustig, aber …«
Jerry bat die Hünen, sich ein wenig zurückzuziehen, bevor er sich über Theres beugte und dorthin flüsterte, wo er ihr Ohr vermutete: »Komm jetzt, Schwesterherz. Keine Sorge. Ich werde dich an die Hand nehmen.« Ein paar Sekunden vergingen, und Jerry überlegte schon, ob er sie nicht in die Decke verpackt nach oben tragen sollte, als sie eine Hand herausstreckte. Er nahm sie und zog die Decke weg, führte sie aus dem Wagen.
Theres ging mit gebeugtem Haupt, als ob sie
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