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Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Titel: Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Theres. Sie glaubte alles, was man ihr sagte, es sei denn, es stand im Widerspruch zu dem, was sie früher einmal gehört hatte. Als er zu ihr hineinging, saß sie unbekümmert auf dem Fußboden und blätterte in den CDs herum, während sie den Teppich unter sich vollblutete.
    »Schwesterchen«, sagte Jerry. »Ich muss ein paar Sachen einkaufen. Du gehst dich so lange duschen und dann …« Jerry zog ein leeres Blatt Papier heraus, schrieb das Wort »Menstruation« darauf und gab es Theres.
    »So heißt das. Wenn man so blutet, wie du jetzt. Guck es im Internet nach, während ich weg bin. Nachdem du geduscht hast.«
    Jerry zog sich Schuhe und Jacke an und eilte aus der Wohnung. Dass Theres ihre Menstruation bekommen würde, war ein Umstand, den er niemals bedacht hatte. Er hatte sie kaum als Mädchen wahrgenommen, geschweige denn als junge Frau. Sie war zu speziell, um etwas anderes zu sein als nur sie selbst. Ein Neutrum. Aber jetzt war die Situation da.
    Er wusste ein bisschen mehr über das Phänomen, als er Theres erzählt hatte, aber viel war es nicht. In seinen wilden Jahren hatte er wohl das eine oder andere Mal Sex gehabt, aber er war nie mit einem Mädchen zusammen gewesen. Hatte nie den Alltag eines Mädchens oder einer Frau erlebt. Außer bei Laila, natürlich, aber die hatte sehr ungern über so etwas gesprochen.
    Außerdem war es schwierig, Theres etwas zu erklären, weil ihr Weltbild so vermurkst war. Kurz zusammengefasst lief es darauf hinaus, dass die Menschen hintereinander her waren. So weit konnte Jerry ihr folgen, der Mensch war des Menschen Wolf und so weiter, aber Theres’ Version war gewalttätiger und konkreter, und vor allen Dingen waren es die Großen, die hinter den Kleinen her waren, um sie zu töten und zu missbrauchen.
    Das freundliche Zwillingspack hatte ihre Überzeugungen zwar ein bisschen durcheinandergeworfen, sodass sie sich ein paar Mal auf den Balkon gewagt hatte, um die Menschen dort unten zu betrachten, aber ihre Grundeinstellung war durch und durch misstrauisch. Nach Jerrys Ansicht war das eigentlich eine sehr vernünftige Haltung, aber sie müsste ein paar Grade abgeschwächt werden, um damit unter Menschen leben zu können.
    In dem kleinen Supermarkt um die Ecke studierte Jerry sorgfältig die Kartons mit Binden und Tampons, aber schlauer wurde er dadurch auch nicht. Zu allem Überfluss gab es alles auch noch in unterschiedlichen Größen. Er war genötigt, sich Theres’ Geschlecht vorzustellen. Das versetzte ihn in eineleichte Erregung, die ihn unangenehm berührte, und er griff sich von jeder Sorte einmal small und einmal medium.
    An der Kasse saß ein Mann in seinem Alter, und als er die Kartons über den Scanner zog, sagte Jerry: »Meine Tochter. Das erste Mal.« Der Mann nickte verständnisvoll und fragte, ob Jerry alleinerziehend sei. Allerdings, das war er. Und die Mutter? Nee, die war abgehauen. Nach Sundsvall, ausgerechnet. Wollte nichts von ihrer Tochter wissen. Traurig, so etwas. Ja, traurig.
    Jerry war ziemlich zufrieden mit sich, als er wieder auf dem Weg nach Hause war. Damit war das schon einmal klargestellt. In diesen kleinen Supermärkten standen die Leute ja ständig zusammen und tratschten. Der Mann an der Kasse machte einen redseligen Eindruck, und falls jemand neugierig wurde, hatte Jerry jetzt schon mal eine glaubwürdige Version von sich und Theres in Umlauf gebracht. Gute Arbeit.
    Als er nach Hause kam, saß Theres mit nassen Haaren vor dem Computer. »Wie sieht es aus?«, fragte er.
    »Das ist Englisch«, sagte Theres. »Ich verstehe nicht.«
    »Nee, verdammt«, sagte Jerry. »Steh auf.«
    Theres tat, was er gesagt hatte, und tatsächlich hatte sie den Bezug seines Schreibtischstuhls vollgeblutet. Jerry zog einen Karton mit Tampons und einen mit Binden heraus und gab sie ihr. »Hier. Damit hört das Bluten auf. Oder, es blutet zwar, aber es ist wie ein Verband. Ein Pflaster. Verstehst du?«
    Theres drehte die Kartons in den Händen und schüttelte den Kopf. Jerry öffnete den Karton mit Tampons und fand darin ein paar fest komprimierte Baumwollstäbchen und ein Plastikrohr. Er setzte sich in den Sessel und las die Gebrauchsanweisung, bis er verstanden hatte, wie man es machte.
    Warum mussten Mädchen eine Menstruation haben? Wozu war das eigentlich gut? Die Gebrauchsanweisung enthielt keine Antworten auf diese Fragen, nur die praktischen Handlungsanweisungen. Seine Wangen röteten sich, als er Theres erklärte, wie sie es einführen und

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