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Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Titel: Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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jeden Augenblick einen vernichtenden Schlag in den Nacken befürchtete. Als dieser nicht kam, schielte sie kurz zu den Zwillingen hinüber. Sie winkten im Gleichtakt mit identischen Mienen, als wären sie aus einem Zeichentrickfilm entflohen. Jerry fragte sich, ob sie auch zusammenwohnten.
    Er nahm eine aufrechtere Haltung an, als sie auf die Tür zugingen, denn hier hatten sie nichts mehr zu verbergen, und es sollte auch gar nicht erst danach aussehen. Überall gab es neugierige Augen. Hier kamen Vater und Tochter, um ihre neue Wohnung in Besitz zu nehmen, daran war nichts Auffälliges. Theres spielte ihre Rolle jedoch schlecht, und ihre Finger klemmten sich wie Zangen um seine Hand.
    Sie entspannte sich ein wenig, als sie in den kleinen Aufzug traten, und schaute sich verwirrt um, als sie oben auf dem Treppenabsatz wieder ausstiegen, verstand nicht, wie dieser Ortswechsel vonstatten gegangen war. Jerry schloss auf und ließ die Tür zu ihrer Wohnung offen stehen, bevor er Theres in ihr neues Zimmer führte.
    »Hier wirst du wohnen«, sagte Jerry. Als sich Theres genau in dem leeren Zimmer umschaute, fügte Jerry hinzu: »Da kommen ja noch Möbel und so rein. Wir werden ein Bett kaufen und …«
    Theres ging in eine Ecke und setzte sich auf den Boden, zog die Knie bis zum Kinn hoch und sah aus, als wäre sie mit demjetzigen Zustand des Zimmers nicht unzufrieden. Jerry hörte ein Krachen und einen unterdrückten Fluch aus dem Treppenhaus und sagte: »Du, jetzt kommen sie mit den Möbeln, also …«
    Theres zog sich noch kräftiger in sich selbst zusammen und blieb sitzen, uneinnehmbar. Eine Minute später schleppten die Zwillinge das Sofa herein, und Jerry bat sie, es zu Theres ins Zimmer zu stellen. Das Mädchen verfolgte die Arbeit der zwei großen Männer mit weit aufgerissenen Augen, während sich ihre Finger ineinander verflochten. Die Zwillinge schienen akzeptiert zu haben, dass sie keinen Draht zu Theres finden konnten, und stellten die Sachen schweigend in ihrem Zimmer ab.
    Jedes Mal, wenn sie in ihr Zimmer kamen, lockerte Theres den Griff um ihre Knie ein bisschen, und als sie schließlich die beiden Kartons mit ihren Kleidern abstellten, war sie bereits aufgestanden.
    »Ahem, tja«, sagte Mats oder Martin und schaute sich in der Wohnung um, in deren Weiten sich das armselige Mobiliar förmlich verlor. Er schien nach einer positiven Bemerkung zu suchen, sie aber nicht zu finden. Stattdessen bemerkte er: »Das war das.«
    »Ja«, sagte Jerry. »Das war das.«
    4
    Ein paar Tage, nachdem sie in die Wohnung gezogen waren, bekam Theres ihre erste Menstruation. Jerry saß am Computer und versuchte ein bisschen Geld einzuspielen, als Theres aus ihrem Zimmer kam und fragte: »Wie wurde es offen?«
    Jerry war so versunken in seine Pokerpartie, dass er die Augen nicht vom Bildschirm abwandte, als er fragte: »Was denn?«
    Theres stand neben ihm und sagte: »Es kommt raus. Wer hat das getan?«
    Jerry zuckte zusammen, als er sie ansah. Dann verstand er. Ihre Unterhosen und ihr T-Shirt hatten rote Flecken, und Blutwar an ihrem linken Bein bis zum Knöchel hinuntergelaufen. Theres zeigte keine Angst, sondern nur Verwunderung, als sie auf ihre verschmierten Finger hinunterschaute.
    Jerry stieg aus der Partie aus, was er ohnehin vorgehabt hatte, und loggte sich aus Partypoker aus. Er kratzte sich am Kopf und wusste nicht, wo er anfangen sollte. Obwohl er selbst entschieden hatte, dass es die offizielle Version von seiner und Theres’ Beziehung sein sollte, war dies die erste Situation, in der er sich tatsächlich wie ein alleinstehender Vater fühlte.
    »Also …«, sagte Jerry. »Das hier ist etwas, das eben passiert. Es wird jeden Monat passieren. Dass du so blutest. Ab jetzt.«
    »Wie kommt das?«
    »Ehrlich gesagt … weiß ich so gut wie nichts darüber. Aber es hängt damit zusammen, dass du erwachsen wirst. Alle Mädchen bekommen das, wenn sie erwachsen werden. Dass sie jeden Monat ein paar Tage bluten.«
    Theres betrachtete weiter ihre Finger, schaute an ihren fleckigen Kleidern und den rot gestreiften Beinen hinunter. Dann runzelte sie die Stirn und fragte: »Was bin ich?«
    »Was meinst du? Du bist ein Mädchen, ist es das, was du wissen wolltest?«
    »Mehr.«
    »Du bist so etwa dreizehn Jahre alt, du bist … ich weiß nicht, was du bist. Das musst du selbst herausfinden.«
    Theres nickte und ging in ihr Zimmer zurück. Jerry blieb eine Weile auf dem Stuhl sitzen und kam sich wie eine Niete vor. So war es mit

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