Wolfsmale
sich das Bild des Wolfsmanns Stück
für Stück zusammen, aber Cousins war der Mann, der ihm zeigen konnte, wo welches Stück
hinpasste.
»Inspector Flight?«
»Ja?« Ein Mann in einer Tweedjacke kam näher. Er hatte mehrere Taschen bei sich, und ein
uniformierter Constable trottete hinter ihm her. Er setzte das Gepäck ab und stellte sich
vor.
»John Rebus.« Flights Gesicht blieb ausdruckslos. »Inspector John Rebus.« Eine Hand schoss auf
ihn zu, Flight nahm sie und spürte, wie sein Griff kräftig erwidert wurde.
»Ach ja«, sagte er. »Sie sind wohl gerade angekommen?« Er sah bedeutungsvoll auf das Gepäck. »Wir
haben Sie erst morgen erwartet, Inspector.«
»Als ich in King's Cross ankam, hab ich davon gehört...« Rebus wies mit dem Kopf zu dem
beleuchteten Treidelpfad. »Also hab ich gedacht, ich komm gleich hierher.«
Flight nickte und tat so, als sei er mit den Gedanken woanders. In Wirklichkeit versuchte er,
Zeit zu gewinnen, um mit dem starken Akzent des Schotten klarzukommen. Einer der
Kriminaltechniker war aus der Hocke aufgestanden und kam auf sie zu.
»Hallo, Dr. Cousins«, sagte er, bevor er sich Flight zuwandte. »Wir sind so gut wie fertig, falls
Dr. Cousins einen Blick darauf werfen will.« Flight sah zu Philip Cousins, der ernst
nickte.
»Komm mit, Penny.«
Flight wollte ihnen folgen, doch dann fiel ihm der Neuankömmling wieder ein. Er wandte sich
erneut John Rebus zu, wobei sein Blick sofort von Rebus' Gesicht zu dessen auffallend rustikalem
Jackett schweifte. Der Mann sah aus wie der schottischen Fernsehserie »Dr. Finlay's Casebook«
entsprungen. Jedenfalls wirkte er auf diesem städtischen Treidelpfad mitten in der Nacht völlig
fehl am Platz.
»Möchten Sie einen Blick darauf werfen?«, bot Flight großzügig an. Er bemerkte, dass Rebus ohne
jede Begeisterung nickte. »Okay, dann lassen Sie Ihr Gepäck einfach hier stehen.«
Die beiden Männer folgten Cousins und Isobel in ein paar Metern Abstand. Flight deutete auf die
beiden. »Dr. Philip Cousins«, sagte er. »Sie haben vermutlich schon von ihm gehört.« Rebus
schüttelte bedächtig den Kopf. Flight starrte ihn an, als sei Rebus gerade daran gescheitert, aus
einer Reihe von Briefmarken die mit der Queen herauszufinden. »Oh«, sagte er kühl. Dann zeigte er
erneut mit dem Finger. »Und das ist Isobel Penny, Dr. Cousins' Assistentin.«
Als sie ihren Namen hörte, wandte sich Isobel ihnen zu und lächelte. Sie hatte ein hübsches
Gesicht, mädchenhaft rund und mit glänzenden Wangen.
Äußerlich war sie das genaue Gegenteil ihres Begleiters. Obwohl sie groß war, war sie recht
kräftig - Rebus' Vater hätte sie vermutlich als stattlich bezeichnet -, und sie hatte im
Gegensatz zu Cousins' kränklichem Teint eine gesunde Gesichtsfarbe. Rebus konnte sich nicht
erinnern, je einem wirklich gesund aussehenden Pathologen begegnet zu sein. Er nahm an, das kam
daher, dass sie so viel Zeit bei künstlichem Licht verbrachten.
Inzwischen waren sie bei der Leiche angekommen. Als Erstes bemerkte Rebus, dass jemand eine
Videokamera auf ihn richtete. Doch die Kamera schwenkte rasch wieder zu der Leiche zurück. Flight
unterhielt sich mit einem der Kriminaltechniker. Keiner sah den anderen an, sondern beide
blickten konzentriert auf die Klebebandstreifen, die vorsichtig von der Leiche abgehoben worden
waren und die der Techniker nun in der Hand hielt.
»Ja«, sagte Flight, »die brauchen noch nicht ins Labor geschickt zu werden. In der Pathologie
werden noch mal Klebestreifen benutzt.« Der Mann nickte und ging weiter. Vom Fluss kam ein
Geräusch. Rebus drehte sich um und beobachtete, wie ein Froschmann aus dem Wasser auftauchte,
sich umsah und wieder verschwand. Er kannte eine ähnliche Gegend in Edinburgh, einen Kanal, der
im Westen der Stadt zwischen Parks, Brauereien und Flächen von Ödland verlief. Dort hatte er
einmal in einem Mordfall ermitteln müssen. Die zerschundene Leiche eines Landstreichers war unter
einer Straßenbrücke gefunden worden, mit einem Fuß im Kanal.
Der Mörder war leicht zu finden gewesen, ein anderer Landstreicher, ein Streit um eine Dose
Cider. Das Gericht hatte auf Totschlag entschieden, aber es war kein Totschlag gewesen. Es war
Mord. Rebus würde das niemals vergessen.
»Ich glaube, wir sollten die Hände jetzt sofort einpacken«, sagte Dr.
Cousins gerade im satten Tonfall der Grafschaften um London. »Ich sehe sie mir in der Pathologie
genauer an.«
»Da hast du Recht«, sagte
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