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Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Titel: Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Schultern entspannten sich. Er war genauso froh wie ich, dass wir dieses Gespräch hinter uns gebracht hatten.
    „Was hat dich so lange aufgehalten, dass du es erst bei Anbruch der Nacht nach Hause geschafft hast?“, fragte er.
    „Das Übliche.“
    „Nämlich?“
    Er wirkte aufrichtig interessiert, aber vielleicht war es einfach die natürliche Neugier eines Zivilisten am Leben eines Gesetzeshüters. Ich hatte solche Fragen schon unzählige Male beantwortet, aber im Moment stand mir nicht wirklich der Sinn danach.
    „Katzen auf Bäumen, Hunde in der Mülltonne. Der ganz normale Alltag einer Kleinstadtpolizistin.“ Auch wenn davon in letzter Zeit nicht die Rede sein konnte.
    „Hast du etwas von Quatie gehört?“
    „Nein.“ Ich verspannte mich. „Du etwa? Gibt es ein Problem?“
    „Nicht, dass ich wüsste.“ Er breitete die Hände aus. „Ich wollte nur Konversation machen.“
    „Ach so. Okay.“ Ich trat von einem Fuß auf den anderen. „Danke noch mal, dass du sie besucht hast.“
    „Das ist mein Job, gleichzeitig war es mir eine Freude. Sie ist eine liebenswerte alte Dame.“ Seine Worte wärmten mir das Herz. „Möchtest du noch immer essen gehen?“
    Herausgeputzt mit Anzug und Krawatte wirkte er in meiner im Stil der Achtzigerjahre pfirsichfarben und blaugrün gehaltenen Küche komplett deplatziert. Mir war das Geld für Renovierungsarbeiten schon vor langer Zeit ausgegangen.
    Sein Ring fing das Deckenlicht ein und reflektierte es silbern, obwohl er aus Gold war. Ians Füße waren nackt; er hatte seine Sandalen neben der Tür abgestreift.
    Ich denke, es waren die Füße – lang, schlank, gebräunt – , die mich betörten. Ihr Anblick weckte in mir den Wunsch, meine Schuhe ebenfalls auszuziehen, zusammen mit allem anderen. Ich ging zu ihm und küsste ihn.
    Eigentlich hätte ich mich an die Arbeit machen müssen, aber im Augenblick brauchte ich das hier mehr. So, wie er meinen Kuss erwiderte, musste es ihm ebenso ergehen.
    Ich wob die Finger in sein Haar; die Seidigkeit der Strähnen, der Zopf, die Feder an meinem Handgelenk ließen mich in erwartungsvoller Vorfreude erschaudern. Wie würde es sich anfühlen, wenn die Feder über meine Brüste, meinen Bauch, meine Schenkel strich? Ich hatte vor, es herauszufinden.
    Ich trat einen Schritt von ihm weg; er streckte die Hand nach mir aus, dann hielt er inne, verkrampfte die Finger und ließ den Arm langsam sinken. „Ich werde jetzt gehen. Du bist müde.“
    „Wirke ich etwa müde auf dich?“
    „Nein.“ Er kam näher und ließ den Blick über mein Gesicht gleiten, in seinen Augen ein Ausdruck der Faszination. „Du siehst … großartig aus.“ Ich lächelte. „Diese Salbe hat tatsächlich geholfen.“
    Mein Lächeln erstarb, aber er bemerkte es nicht.
    „Ich war nicht ganz sicher, ob sie das tun würde.“ Er klopfte seine Jacken- und Hosentaschen ab. „Ich muss mir eine Notiz machen. Und in den nächsten Tagen nach Quatie sehen, um festzustellen, ob sie auch bei ihr gewirkt hat.“
    Ich verstand nun, warum er mich vor seiner Vergesslichkeit gewarnt hatte. Gebt ihm ein medizinisches Wunder, und er entschwindet in eine andere Welt. Ich nahm es ihm nicht übel, trotzdem war jetzt nicht der passende Zeitpunkt.
    Ich fasste nach seiner Hand und zog ihn zur Treppe.

17
    Er war so klug, nicht zu sprechen, als wir in den ersten Stock hinaufstiegen und mein Schlafzimmer betraten. Dort nahm ich meinen Waffengürtel ab, entlud meine Glock und verstaute alles in einer Schublade.
    In der Erwartung, dass er sich bereits splitterfasernackt ausgezogen haben würde, drehte ich mich um, doch er verharrte in der Tür und ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. Den Großteil meiner Renovierungsgelder hatte ich hier investiert.
    Wir waren in einen Wald eingetaucht – zumindest war das der Eindruck, den der Raum vermitteln sollte. Die Wände, der Bettüberwurf und die schweren Vorhänge waren grün, mit einem Muster, das sie wie lange, wogende Grashalme aussehen ließ. Der Teppich erstrahlte im Blau eines Bergsees, der einen sonnenhellen Himmel reflektierte. Ich hatte Laken und Kopfkissenbezüge in einem gedämpften Violett gekauft, das an Seerosenblätter erinnerte. Aus einem Miniaturbrunnen in einer Ecke erklang das friedvolle Plätschern eines fließenden Gewässers.
    „In einem Ambiente wie diesem schläft man bestimmt die ganze Nacht durch.“
    So, wie Ian das sagte, erweckte er den Eindruck, als ob ihm das nicht oft gelänge. Manche Menschen waren dazu

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