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Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition)

Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition)

Titel: Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gray
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hatte sich beim Aufprall auf den hart gefrorenen Boden das Knie verletzt. Sein Kamerad half ihm auf, stützte ihn, während wir dem davon rollenden Zug nachsahen. 
      Ich gab mir alle Mühe ihnen klar zu machen, dass unsere besten Chancen Richtung Osten lagen. Doch sie gingen nach Westen.
      Ich habe nie wieder von ihnen gehört. Ich kenne nicht mal ihre Namen. Nichts, womit ich ihre blassen Schemen von all den anderen trennen könnte.
      Nur ein Bild bleibt deutlich: das des Zuges, der sich mühsam seinen Weg in die Nacht bahnte.
      Auch in Birkenau strich der Wind frostig über eingefallene Gesichter. Auch in Birkenau wirbelte er den Schnee in feinen Nebeln über hart gefrorenen Boden. Dennoch schien mir, als trüge er auf diesem Feld einen anderen Geschmack, als sei der Schnee plötzlich weicher und nähme der dunkle fette Boden den Tritt meiner Füsse bereitwilliger auf.
      Ausgestoßen aus dem Leib einer niederträchtigen Mutter, war mir ein neues Leben geschenkt worden.
      Am Grund dieser Nacht lag ein Versprechen verborgen.

Paris / Mai 1969
     
      Der kleine Franzose, den man vorhin zur Vernehmung geholt hatte, kam nicht zurück.
       Natalie zweifelte nicht daran, dass sich ihre Mitgefangenen fragen mussten, was ihr dieser merkwürdige alte Mann da so lange zuflüsterte. Nathalie hätte aber nicht gewollt, dass er aufhörte. So furchtbar die Geschichte, die er erzählte auch begonnen hatte, mochte Nathalie doch Geschichten. Ganz gleich welche Art von Geschichten. Ob nun böse, traurig, lustig, oder alles das zusammen. Und ganz besonders mochte sie es, wenn die Geschichten so gut erzählt waren wie diese.
      Wladislaus, der angeblich Dimitri hieß, und kein Pole sondern Lette war, verstummte.
    „ Was ist? Wie ging es weiter?“
    Wajda warf einen Blick auf die goldene Uhr, die er sich zum Sechzigsten selbst geschenkt hatte. Im Hotel hatte der Empfang, zu dem er erwartet wurde gerade begonnen.
      Natalies Hand legte sich auf die seine.
    „ Geht’s Dir gut? Alles in Ordnung?“
      Er nickte.
    „ Hast Du eine Zigarette?“
    Natalie schüttelte den Kopf.
    „ Erzähl weiter – was ist passiert, haben sie dich wieder eingefangen?“
    „ Nein.“

Der Morgen dämmerte, als ich auf eine Gruppe Häuser stieß. Hunde bellten, eine Lampe wurde entzündet.
      Ich verkroch mich in einer Scheune. Ich blieb den ganzen Tag dort – eingegraben in klammes Heu. Ich hatte nichts weiter als Niemburgs Hinweis, nach Osten zu gehen. Beim Sprung aus dem fahrenden Zug hatte ich mir meine Schulter aufgeschlagen, Durst und Hunger wühlten durch meine Eingeweide, dennoch dauerte es nicht lange, bis ich in tiefen Schlaf fiel, der wohl Ähnlichkeit mit einer Ohnmacht hatte. Zuerst drang das wütende Knurren des Hundes durch den Schleier meiner Erschöpfung. Wahrscheinlich waren es nur Sekunden, doch in meiner Erinnerung dauerte es Minuten, bis sich zum Gekläff des Hundes auch das Gesicht des Polen gesellte, der mich mit einer Mistgabel bewaffnet aus dem klammen Nest aus Heu ans Licht hinaus trieb.
      Ich trug meine Häftlingsuniform, ich hatte Hunger und war erschöpft. Der Pole wusste, was er von mir zu halten hatte. Er war alt, sein Gesicht tief gefurcht. Die Hände schwielig und aufgerissen. Doch in seinem Blick lag etwas, dem ich vertraute.
    Er hatte nicht vor mich auszuliefern. Er bat mich ins Haus. Ich verstand damals nur ein paar Brocken polnisch. Es reichte aus, dem, was er sagte, zu folgen.
      Er war allein hier. Im Nachbarort hatte ein deutsches Kommando in der Nacht zuvor zwei seiner Nachbarn an die Wand ihres eigenen Hauses gestellt. Aber ein Sieger, der seine Rache im Schutz der Dunkelheit verübt, meinte er, ist keiner mehr. Wirkliche Sieger haben es nicht nötig sich zu verstecken. Die töten in der Mittagssonne.
    Wir aßen hartes Brot und Butter. Dann teilte er seinen Tabak mit mir. Er nannte mir seinen Namen: Andrzej.
    „ Du kannst nur diese Nacht bleiben“, sagte er. “Morgen Nacht musst Du weiter. Du könntest versuchen, Richtung Warschau zu kommen. Die Russen stehen schon auf der anderen Seite der Weichsel. Aber da müsstest Du an zu vielen Deutschen vorbei. Besser, du gehst nach Norden zur Küste und schlägst Dich dann nach Osten durch. Der halbe Weg da rauf führt durch leeres Land und Wald. Wenn es stimmt, was sie im Radio sagen, dann stehen die Russen an der Memel.“
    Denselben Rat hatte Niemburg mir gegeben. Ich nahm es für ein gutes Zeichen.
      Nach dem Essen bat ich ihn um ein

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