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Wolkengaukler

Wolkengaukler

Titel: Wolkengaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anett Leunig
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nicht hatten träumen lassen, dass so etwas möglich war. Er erzählte mir von Liebe und Vertrauen, von Offenbarungen und Verständnis, von Sehnsucht und Sex, von Hoffnungen und Ängsten, Zweifel und Erfüllung. Er erzählte mir unsere Geschichte, und ich sah sie in mir, während ich ihn um mich herum spürte. Er hatte Recht gehabt: ich wollte nicht zum Höhepunkt kommen, weil ich wissen wollte, wie die Geschichte ausgehen würde.
    „Das kann ich dir auch nicht sagen, Süßer.“ Hatte er meine Gedanken gelesen, oder hatte ich wieder unbemerkt die Frage vor mich hingemurmelt? „Ich weiß nur, dass ich immer bei dir sein möchte, irgendwie, mein Leben lang.“
    Schauer liefen über meinen Rücken und bis hinauf zu meiner Kopfhaut, während er mich zärtlich an meinen empfindlichsten Körperstellen streichelte. „Dito“, flüsterte ich. Dann ließ ich mich zudecken von diesem großen Tuch aus Wärme und Geborgenheit, das er mit sich um mich hüllte.

 
    VI
    Am nächsten Morgen wachte ich ausnahmsweise einmal früher auf als Christoph. Ich lag in meinem Bett, in meinem Zimmer, mit meinem Lover neben mir, der im Schlaf scheinbar ganz unschuldig aussah. Nur ich wusste, dass es mit ihm auch anders sein konnte, und dafür küsste ich ihn zärtlich auf die Nasenspitze. Er brummte unwillig und drehte sich um, noch immer im Schlaf versunken. Ich kletterte vorsichtig aus dem Bett und zog mich leise an.
    Als meine Eltern in die Küche kamen, hatte ich schon das Frühstück fertig und schreckte gerade die Eier ab. Meine Mutter schüttelte vor Verwunderung den Kopf: „Das hast du ja noch nie gemacht!“
    „Tja, es geschehen halt noch Zeichen und Wunder!“ Ich goss Kaffee ein, während sich mein Vater an die Stirnseite des Tisches setzte, das Fenster im Rücken und die Tür im Blick, und die Brötchen aufschnitt. Auch meine Mutter schien diesen demonstrativen Platzwechsel zu registrieren: normalerweise saß mein Vater auf dem Platz gegenüber, um beim Frühstück durch das Fenster in den Garten hinausschauen zu können.
    „Guten Morgen alle zusammen!“ Beim Klang dieser Stimme sträubten sich mir vor plötzlicher Aufregung die Nackenhaare. Christoph kam herein, frisch geduscht, das glänzende Haar sorgfältig zusammengenommen, für mich strahlend wie die Sommersonne. Was würde jetzt passieren? Mein Vater hielt mit dem Schneiden inne und sah zu ihm auf.
    Stahl traf auf Diamanten.
    Die Luft schien zu vibrieren, die Welt für einen Moment stillzustehen. Meine Welt. Ich hielt den Atem an.
    Christoph blieb ganz ruhig stehen, seine Augen klar und rein wie zwei Regentropfen im Sonnenlicht. Er hielt Vaters prüfendem Blick stand, griff selbst nicht an.
    Schließlich schubste Vater die Welt wieder an, kühlte die brennende Luft um uns herum wieder auf die normale sommerliche Hitze ab, indem er Christoph einfach mit einer einladenden Geste zu sich herüberwinkte: „’Morgen, Christoph. Komm, setz dich hierher.“ Er wies auf den Stuhl rechts neben sich. Der Ehrenplatz! Ich feierte innerlich.
    Das Frühstück verlief entspannt und angespannt zugleich. Eine Art Ausloten, Abtasten, neugieriges Anschauen und vorsichtiges Sich-selbst-öffnen. Christoph antwortete klar und deutlich auf alle direkten und indirekten Fragen meines Vaters nach seinem Studium, seinen Zukunftsplänen und seiner grundsätzlichen Lebenseinstellung. Seine Stimme klang souverän und selbstsicher. Er hatte sich entschieden und wusste nun auch selbst ganz genau, wo es für ihn im Leben langgehen sollte. Und mit absoluter Selbstverständlichkeit ließ er hin und wieder einfließen, dass ich dabei an seiner Seite sein würde.
    Mein Vater registrierte das wohl und versuchte, es auch für sich zu verinnerlichen. Immer wieder wechselte er vom ‚du’ zum ‚ihr’, obgleich ich merkte, dass es ihm noch recht schwer fiel.
    Schließlich kam das Thema auf Celine und ihre Verwandtschaft mit Christoph zur Sprache. Mein Vater kannte natürlich mittlerweile die ganze Geschichte, und es verwunderte ihn nicht, dass Christoph mit ihr nach Frankreich fahren wollte. Ich überlegte noch, wie ich das Thema geschickt auf mich und meine Ferienpläne lenken konnte, die mit Christophs Reiseplänen hundertprozentig überein-stimmten, da hörte ich ihn auch schon sagen: „Das wäre ein schöner Urlaub – für Jann und mich.“ Ich sah überrascht auf. Das war unsere letzte Hürde gewesen, und er hatte einfach Anlauf genommen, ohne mich vorher zu warnen!
    Meine Mutter schien dagegen

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