Wolkengaukler
ständige Unruhe, meistens total happy, manchmal Angst, dieses Auf und Ab der Gefühle, dann das noch“ – er meinte wohl die Verhütungsfrage – „und überhaupt diese ganze Beziehungsgeschichte, mit einer Partnerin und so. Es ist plötzlich alles so anders, ich muss jetzt an Dinge denken, die vorher für mich gar nicht existierten! Klar, es sich selbst machen, sich dabei was vorstellen, kein Problem! Aber jetzt hängt da plötzlich soviel dran! Und wie geht das alles weiter? Also weiter als bis morgen?“
Ich lächelte. Felix ging es wie mir, unsere Wege waren zwar nicht dieselben, aber sie liefen zur Zeit ziemlich parallel.
„Wir werden halt erwachsen, Kumpel. Häng deine Kinderträume an den Nagel, jetzt kommen die Phantasien der Großen.“ Christophs Augen liebkosten mich.
„Was soll ich tun, Jann? Sie ist so viel, so weit voraus, so unglaublich stark und fordernd, aber gleichzeitig so zart und sensibel. Ich habe Angst, was falsch zu machen.“
Ich erinnerte mich an die Zeit, in der ich mit diesen Ängsten zu kämpfen gehabt hatte. War das wirklich erst vor einem Jahr gewesen? Die Antwort fiel mir jedenfalls nicht schwer: „Entspann dich einfach und lass dich führen. Von ihr und von dem Kribbeln in deinem Bauch. Du wirst schon sehen, wo es hingeht. Aber mach nur das, was dein Instinkt dir sagt, dass es richtig ist. So habe ich es von Christoph gelernt, und es hat funktioniert.“
Christophs Augen wurden dunkel vor heimlichem Stolz und Erregung. Ich warf ihm einen Luftkuss zu.
Felix am anderen Ende schien das eben Gehörte zu verarbeiten. „Bei dir klingt das so, als wäre das alles die normalste Sache der Welt.“ Und nach einem Moment des Zögerns: „Welche Kondome nehmt ihr denn?“ Ich gab ihm Christophs Favoriten durch.
Felix seufzte tief und fuhr dann fort, jetzt schon wieder eine Spur Coolness in der Stimme: „Okay, Alter, wollen mal sehen, wo der Kahn uns hinschifft. Ich wünsche dir jedenfalls noch eine schöne Zeit mit deinem Christoph. Macht euch einen netten Urlaub, und bestell’ Celine einen lieben Gruß von mir, ja?“
„Mach ich! Und du auch an Sonja – von uns beiden! Halt die Ohren steif – und alles andere auch!“ Felix lachte laut auf, und auch Christoph biss sich auf die Lippen, um nicht loszuprusten.
„Tschau, Alter! Dank dir!“
Ich legte auf. Christoph kam zu mir herüber und legte den Arm um meine Schultern. Gemeinsam schauten wir aus dem Fenster in Mutters Vorgarten. Die Rosen blühten in voller Pracht.
„Dann geht das Abenteuer jetzt also auch für Felix los?“, fragte er. Ich nickte. „Mit Sonja?“ Ich nickte noch einmal.
„Dann wird es für ihn gut laufen. Sie ist eine tolle Frau, das habe ich gespürt. Sie wird ihn führen. Ob sie ihn halten kann und er sie, weiß ich nicht, aber es wird eine schöne Zeit für ihn sein.“
Ich lehnte meinen Kopf gegen seinen und träumte von der Zeit, die vor uns beiden lag.
VIII
Einen Tag später waren wir in Christophs Auto unterwegs nach Paris, der Stadt der Liebe. Celine wollte von dort aus mit dem Zug weiter nach Brest fahren, wo wir sie in zwei Wochen wiedersehen würden, während wir eine Weile zu zweit durch die Bretagne tingeln wollten.
Zwei Wochen ganz allein für uns! Unser erster gemeinsamer Urlaub! Ich war unglaublich glücklich, aufgeregt und neugierig. Es war Sommer, warm und wunderschönes Wetter, wir schlenderten Hand in Hand durch die Straßen von Paris und ließen uns die Sonne ins Gesicht scheinen. Natürlich besuchten wir den Louvre, kletterten auf den Eiffelturm und taten alles, was die anderen Touristenpaare auch taten, einschließlich uns zu lieben. Jede Nacht, immer wieder neu und wunderbar.
Von Paris aus ging es in Richtung Mont Saint-Michel, und dann weiter auf einer Rundreise durch das Land. Für zwei Wochen waren wir vogelfrei, taumelten durch den Sommer wie zwei liebestolle Schmetterlinge, sahen uns das Land an und lebten unbeschwert in die Tage hinein. Die Nächte verbrachten wir in einfachen Herbergen oder auch gleich im Auto; wir badeten im Meer und hatten zum Frühstück manchmal nichts außer einem Baguette und zwei Croissants, die ein beherzter Bäcker direkt zum Parkplatz am Cap Fréhel brachte, dazu etwas Butter und Milch direkt aus der Flasche. Mehr brauchten wir nicht.
Ich ließ mir in dieser Zeit auch den von Christoph gewünschten Drei-Tage-Bart wachsen, um es auszuprobieren und mich daran zu gewöhnen. Er hatte recht gehabt, der Bart stand mir gut, machte mich
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