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Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)

Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)

Titel: Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Beldt
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mehr an meinem Platz verbrachte, sondern Studenten, Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter befragte, um einen »mitreißenden« Artikel schreiben zu können, der mich selbst überhaupt nicht berührte. Die Arbeit fing an, in Stress auszuarten. Irgendwann vergaß ich sogar, frische Blumen mitzubringen, und als eines Morgens die Efeutute verschwunden war, die alle trotz oder vielleicht auch wegen ihrer fantastischen Hässlichkeit ins Herz geschlossen hatten, wurde es empfindlich kalt im Büro.
    Nachts schlief ich schlecht. Ich träumte, dass ich mich langsam in eine Efeutute verwandelte. Aus dem Hals wuchsen mir lange Stängel mit Blättern, die ich im Büro rasch abschnitt, ehe Frau von Arnim etwas bemerkte. Doch die Pflanze wuchs so schnell, dass ich mit dem Abschneiden nicht mehr nachkam. Eines Tages wies Frau von Arnim irritiert auf meinen Rücken. Es stellte sich heraus, dass die Efeutute bereits meinen ganzen Rücken bedeckte. »Pflanzen haben an Ihnen nichts zu suchen«, sagte sie streng, »wenn Sie das Kraut nicht sofort entfernen, müssen wir uns leider von Ihnen trennen.«
    Manchmal lief ich mitten in der Nacht durchs Haus. Inzwischen lebte ich zwar schon einige Zeit bei Jutta, doch die neue Umgebung war mir immer noch ein wenig fremd. Andauernd stieß ich gegen Möbel, die ich dort noch nie bemerkt zu haben glaubte. Seit ihrer Scheidung hatte sie an der Einrichtung nichts verändert. Es war ein Fehler gewesen, alles so zu belassen. Es war vielleicht auch ein Fehler gewesen, dass ich den Namen ihres früheren Mannes angenommen hatte. Wenn ich mich am Telefon mit Wollmann meldete, hatte ich ständig das Gefühl zu lügen. »Ihre Stimme klingt irgendwie anders«, meinte einmal ein Herr Lütgemüller von der Bank, der über die neuesten Entwicklungen im Privatleben der Wollmanns offenbar nicht ausreichend informiert war. »Ich bin nicht der, den Sie meinen, ich heiße nur so«, gab ich fast entschuldigend zur Antwort.
    Einmal musste ich nachts dringend auf die Toilette. Da ich das Klo nicht gleich fand, rannte ich in meiner schläfrigen Benommenheit schließlich aus der Haustür und erleichterte mich im Vorgarten. Als ich aus dem Gebüsch trat, leuchtete mir die Polizei mit Taschenlampen ins Gesicht. Ich hatte vergessen, dass die Tür alarmgesichert war.
    Eines Tages fragte mich Jutta besorgt, ob es nicht besser wäre, wenn ich meine Stelle kündigte, um mich zu Hause erstmal ein bisschen zu erholen. Sie spüre doch, wie mich die neue Situation an der Universität belaste, und sie verdiene schließlich genug.
    Ihr Angebot überraschte mich in dem Moment, als ich mich ohnehin gerade gefragt hatte, ob Arbeit noch eine Zukunft hatte. Warum sollte ich vierzig Jahre bezahlte Sklaverei erdulden, wenn ich es zu Hause viel schöner haben konnte? Immerhin war es mein einziges Leben, und weil es für ein Leben nach dem Tod keine überzeugenden Beweise gab, wollte ich das Leben lieber jetzt in vollen Zügen genießen. Alles, was nicht aus innerer Freude geschah, spielte nur den Arbeitgebern in ihre raffgierigen Hände. Jeder Mensch sollte nur das tun, was ihn unmittelbar begeisterte.
    Ich nahm Juttas Angebot an.
    Zunächst begann ich, das Haus neu einzurichten. Ich kaufte neue Möbel, Porzellan und jede Menge Vasen, die ich im ganzen Haus an prominenter Stelle verteilte, dazu Bilder und dekorative Figuren.
    Sobald Jutta das Haus am Morgen verlassen hatte, ging ich ins Wohnzimmer und räumte auf. Eigentlich gab es immer etwas zu räumen. So konnte ich mich tagelang ausschließlich mit der Küche beschäftigen. Hier galt es, einen Zustand herzustellen, der es mir ermöglichte, in Sekundenschnelle alle zum Kochen notwendigen Utensilien griffbereit zu haben. Zwar kochte ich erst seit kurzer Zeit regelmäßig, aber es musste so aussehen, als hätte ich mein halbes Leben in der Küche verbracht: My home is my Herd . Um meine neue Aufgabe zu untermauern, kaufte ich einen Regalmeter Kochbücher – von Kochen leicht gemacht bis zur Feinen asiatischen Küche – sowie mehrere weiße Schürzen. Zum Einkaufen ging ich nicht mehr in den Supermarkt, sondern nur noch in Feinkostläden oder Fachgeschäfte mit Bio-Zertifikat. Für eine ökologisch einwandfreie Hühnerbrust konnte ich quer durch die Stadt fahren. Allerdings kam unter der Woche kaum noch Fleisch auf den Tisch, seit ich erfahren hatte, dass Kuh- und Schafsfürze für den zunehmenden Treibhauseffekt mitverantwortlich waren. Ja, es ging so weit, dass ich mir eigene

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