World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition)
schaffen und eine internationale Gemeinschaft von Experten bilden, die bei der Bekämpfung des Cyberkriegs zusammenarbeiten.
Aus der Diskussion über eine Kontrolle der Cyberwaffen ergeben sich fünf Schlussfolgerungen.
Erstens kann man mit einer Kontrolle der Cyberwaffen nicht wie bei anderen Formen der Rüstungskontrolle Waffenarsenaleabbauen, sondern nur bestimmte Aktionen verbieten. Dadurch könnte aus einem kooperierenden Staat binnen Sekunden und ohne Vorwarnung ein Angreifer werden.
Zweitens sind breitangelegte Definitionen des Cyberkriegs, die beispielsweise Spionage mit einschließen, nicht durchsetzbar und liegen nicht im Interesse der USA. Dennoch sollten nationale Geheimdienste und Regierungen Gespräche anstoßen, damit die Geheimdienstaktivitäten nicht außer Kontrolle geraten oder als feindselige Handlungen ausgelegt werden.
Drittens sind internationale Abkommen, die bestimmte Aktivitäten wie beispielsweise Cyberangriffe auf die zivile Infrastruktur ausschließen, im Interesse der USA. Da solche Angriffe weiter stattfinden können, muss man trotz internationaler Abkommen Maßnahmen zum Schutz der Infrastruktur ergreifen.
Viertens ist eine absolut zuverlässige Kontrolle zur Einhaltung eines Abkommens zur Begrenzung von Cyberwaffen nicht möglich. Verstöße können erkannt werden, doch schon den Drahtzieher ausfindig zu machen ist schwierig, da die Ermittler bewusst in die Irre geführt werden können. Dennoch gibt es Maßnahmen, die dafür sorgen, dass Cyberangriffe auf die Zivilbevölkerung international geächtet werden – die Einrichtung eines internationalen Expertenstabs, die Übertragung der Verantwortung auf die einzelnen Staaten und die Verpflichtung zur Unterstützung, um Angriffe zu unterbinden und zu untersuchen.
Letztendlich würde die Ächtung der Cyberangriffe auf die zivile Infrastruktur bedeuten, dass wir und andere Staaten aufhören müssten, logische Bomben in den Netzwerken der zivilen Infrastruktur anderer Staaten zu platzieren und eventuell auch elektronische Falltüren anzulegen. Solche Falltüren und logische Bomben werden von den Medien und der breiten Bevölkerung zwar kaum wahrgenommen, sind aber gefährlich und provokativ. Sie sind verführerisch, weil sie ähnliche Resultate wie Kriege zeigen, ohne dass man Soldaten einsetzen muss oder dass Menschen zu Tode kommen. Doch sie signalisieren eine viel stärkere feindlicheAbsicht als eine Waffe, die in einem Arsenal schlummert. Cyberwaffen können leicht und schnell eingesetzt werden, ohne richtige Genehmigung und ohne zu wissen, dass man damit eine Eskalationsspirale in Gang setzt. Ein Krieg beginnt vielleicht im Cyberspace und wird zunächst ohne Soldaten oder Blutvergießen geführt, aber dabei wird es nicht bleiben. Durch die Platzierung von Cyberwaffen in den Netzwerken anderer Staaten rückt ein konventioneller Krieg gefährlich nahe.
KAPITEL ACHT
Die Agenda
Unbemerkt haben die Streitkräfte zahlreicher Länder auf einem neuen Schlachtfeld Aufstellung genommen. Weil man sie nicht sieht, haben die Parlamente und die Bevölkerung die Truppenbewegungen nicht bemerkt. Bisher wissen nur wenige, wozu Cyberkrieger in der Lage sind. Weil die meisten großen Militärmächte Handelspartner sind, können sich politische Beobachter nicht vorstellen, dass diese Beziehungen in Feindseligkeit umschlagen. Da die USA seit sieben Jahren im Irak und seit neun Jahren in Afghanistan Krieg führen, mit der schlimmsten Rezession in der Geschichte zu kämpfen haben und ihre Bevölkerung politisch gespalten ist, ist die politische Elite mit anderen Dingen beschäftigt. Da wir der Sicherheit im Cyberspace nicht genügend Aufmerksamkeit schenken, legen wir möglicherweise die Grundlage für einen Cyberkrieg.
Daraus ergibt sich möglicherweise eine Parallele zu den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts. Barbara Tuchman beschreibt in Der stolze Turm. Ein Portrait der Welt vor dem Ersten Weltkrieg eine Gesellschaft, die ähnlich abgelenkt ist und nicht wahrnimmt, dass das Militär in zahlreichen Ländern enorme Streitkräfte aufbaut, ohne die furchtbaren Konsequenzen zu bedenken. Ein Funken genügte, um das Pulverfass explodieren zu lassen, wie sie im Folgeband August 1914 zeigte.
Von Schlieffens kluger militärischer Einsatz der Güterzüge unter Verwendung des ausgedehnten neuen Schienennetzes in Deutschland setzte im wahrsten Sinne des Wortes Räder in Gang, die nicht mehr angehalten werden konnten. Dass sich das Militär auch die
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