Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus
1843. Darin wird von ihm alles, was zu dieser Zeit – insbesondere in Preußen – gesellschaftlich anerkannt war, Franzosenhass, militantes Nationalgefühl, Verehrung des Mittelalters und Kleinstaaterei, auf das Schärfste kritisiert.
HONORÉ DE BALZAC
GENIALER ROMANCIER UND MENSCHENSCHILDERER
Balzacs Schaffen ist ein groß angelegter Versuch, das Chaos des Lebens in einem literarischen Kosmos zu ordnen. In seinen zahllosen, mehr als 2000 Figuren behandelnden Romanen, denen er den umfassenden Titel »Die menschliche Komödie« gab, entwarf der Schriftsteller ein lebendiges Panorama der französischen Gesellschaft seiner Epoche bis zum Jahr 1848, das bis auf den heutigen Tag dokumentarischen Wert besitzt.
20. 5. 1799
Geburt in Tours
1829
Beginn mit dem Romanzyklus, der 1840 den Namen »Comédie humaine« erhält
1831
Durchbruch als Erfolgsautor mit »Le peau de chagrin«
1835
»Le père Goriot«
1839–1847
»Glanz und Elend der Kurtisanen«
18. 8. 1850
Tod in Paris
Honoré Balzac wurde am 20. Mai 1799 in Tours geboren; das Adelsprädikat »de« nahm er erst später an. Sein Vater, der einer Landarbeiterfamilie aus Tarn in Südfrankreich entstammte, war Leiter eines Proviantamts der Armee und bei der Geburt des Sohnes 54 Jahre alt, die Mutter, Tochter des Leiters der Pariser Krankenhausverwaltung, 21 Jahre. Honoré hatte zwei jüngere Schwestern, Laure-Sophie und Laurence. Eine enge Beziehung zum Elternhaus entwickelte sich nicht. 1804 kam der junge Honoré in ein Pensionat in Tours, wo er drei Jahre verbrachte. 1807 wurde er in das vom geistlichen Orden der Oratorianer geleitete Collège de Vendôme aufgenommen, aus dieser Zeit ist ein Vermerk im Schulregister überliefert: »Honoré Balzac hatte die Blattern: sanguinischer Charakter, der sich leicht erhitzt, gelegentlich an Fieberanfällen leidend.« 1813 musste er das Internat aus gesundheitlichen Gründen verlassen, überdies gedemütigt durch eine Erfolglosigkeit, die vermeintlicher Faulheit zugeschrieben wurde. Im Zusammenhang mit der Versetzung seines Vaters nach Paris wechselte er zunächst an das Institut Lepître, dann an das Institut Ganser, das von dem aus Blankenheim in der Eifel gebürtigen Priester und Rhetoriklehrer Valentin Ernst Ganser geleitet wurde, auf dessen Einfluss Balzacs vergleichsweise positives Deutschlandbild zurückgeht.
LITERARISCHE AMBITIONEN
Von 1816 bis 1819 studierte Balzac Jura, hörte aber gleichzeitig Literaturvorlesungen und ging mehreren Nebenbeschäftigungen nach, um sich etwas dazuzuverdienen. Unter anderem arbeitete er für einen Anwalt namens Guillonet-Merville, der unter dem Namen Derville in der »Comédie humaine« (»Die menschliche Komödie«) zu Ehren gelangen sollte. Am 4. Januar 1819 legte Balzac die erste juristische Staatsprüfung ab, weigerte sich jedoch, dem Wunsch der Eltern zu folgen und Notar zu werden. Er sah seine Zukunft vielmehr im Schriftstellerberuf.
Da ihm seine nach der Pensionierung des Vaters aus Paris weggezogenen Eltern eine »Bewährungsfrist« von zwei Jahren einräumten, mietete er eine Mansarde in Nähe der Pariser Arsenal-Bibliothek und begann, seine literarischen Pläne umzusetzen. Erste Ergebnisse waren die Verstragödie »Cromwell« sowie historische Romane, die den schottischen Schriftsteller Walter Scott, den Verfasser des »Ivanhoe«, zum Vorbild hatten. Scotts Romane vermittelten anhand frei erfundener Gestalten insbesondere durch detaillierte Beschreibungen des historischen Hintergrundes ein lebendiges Bild vergangener Epochen. Als 1822 Balzacs erste Romane erschienen, zeichnete er noch – wie anfänglich auch Scott – mit Pseudonymen (unter anderem Lord R’Hoone und Horace de Saint-Aubin). Zur »Muse« des debütierenden Schriftstellers wurde die 22 Jahre ältere Laure de Berny, seine »Auserwählte«, die ihm zugleich »mütterliche Geborgenheit« gab und seine erste große Liebe war.
Balzac unternahm zahlreiche Reisen und verkehrte zunehmend in Kreisen junger Journalisten und Schriftsteller. 1824 wurde er Mitarbeiter bei kleineren Zeitschriften, etwa dem »Feuilleton littéraire«. In den unter Pseudonym erschienenen Schriften dieser Zeit drückt sich bereits ein konservatives Denken aus, das sein gesamtes literarisches Schaffen prägen sollte. In der Vorrede zur »Menschlichen Komödie« von 1842 bezeichnete er Religion und Monarchie als jene »ewigen Wahrheiten«, denen er sich verpflichtet fühlte. Sie galten ihm als soziale Ordnungsfaktoren und
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