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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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November 1835 als Sohn eines Lokalpolitikers, Rechtsanwalts und Händlers in der kleinen Ortschaft Florida in Missouri geboren, rund 200 Meilen von einem Indianerterritorium entfernt. Er war das sechste Kind der Eheleute John Marshall Clemens und Jane Lampton. Die Vorfahren beider Elternteile, die in Virginia wurzelten, waren typische Südstaatler. Die eigenartige Mischung einer ungeniert und skrupellos auf Sklavenarbeit basierenden Gesellschaft mit hoch kultivierter Südstaatentradition, durchsetzt zusätzlich mit einer abenteuerlichen »Grenzermentalität«, beeinflusste auch Twains spätere literarische Thematik. Der Vater erlebte nach dem großen Börsenkrach 1834 ein ständiges finanzielles Auf und Ab. Die Mutter war, den autobiografischen Schriften Mark Twains zufolge, eine physisch permanent hinfällige, zierliche, ihrem Charakter nach liebenswerte, teilnahmsvolle Frau. Twain vermerkt spöttisch, dass man sie in ihrer Gutmütigkeit sogar so weit hätte bringen können, für den Satan zu beten, zumal der dies doch eigentlich am nötigsten habe.
    Samuel war gerade erst vier Jahre alt, als die Familie 1839 in das kleine, rund 2000 Einwohner zählende Städtchen Hannibal am Mississippi zog. Diese Kleinstadt bildete die Vorlage für das fiktive »St. Petersburg in Missouri« in Twains Romanen »Die Abenteuer Tom Sawyers« (1876) und »Die Abenteuer Huckleberry Finns« (1884), die ihren Autor und seine Heimat in die Weltliteratur einführen und berühmt machen sollten. Der Vater stieg in Hannibal beruflich in die Position des Friedensrichters und zum Sekretär des Nachlassgerichts auf. Die Familie war finanziell abgesichert, bis sich John Marshall Clemens durch eine unüberlegte Bürgschaft und Geldverleih ruinierte.
    DER AMERIKANISCHE BÜRGERKRIEG
    Die Wahrung der nationalen Einheit, verbunden mit der Forderung nach bedingungsloser Kapitulation, bildete das primäre Kriegsziel der Union. Die Sklaverei war nur ein, wenn auch zunehmend wichtiger werdendes Motiv in der Auseinandersetzung zwischen dem industrialisierten Norden und dem agrarischen Süden, auf dessen Seite Mark Twain am Krieg beteiligt war.
    Die Wahl des Republikaners und Sklavereigegners Abraham Lincoln zum Präsidenten veranlasste 1860/61 elf Südstaaten unter Führung South Carolinas zum Austritt aus der Union. Im Februar 1861 schlossen sie sich zu den Konföderierten Staaten von Amerika zusammen. Die Unionsstaaten wollten diesen Austritt unter Berufung auf die Unauflöslichkeit der bundesstaatlichen Verfassung nicht anerkennen.
    Der 1861 von den Südstaaten durch einen Angriff auf ein Unionsfort ausgelöste Sezessionskrieg, der erste moderne Massenkrieg, dem allein rund 620 000 Soldaten zum Opfer fielen, endete 1865 mit der Kapitulation der Südstaaten. Mark Twain folgend entschied der Sieg des Nordens zugunsten der Singularität Amerikas und begründete somit die Einheit der Nation gegenüber der bisherigen Pluralität der Einzelstaaten.
    In Hannibal und auf den kleinen Farmen der Umgebung begegnete Twain einer Gesellschaftsordnung, die er später in seinen Büchern kritisch aufgriff und selbst folgendermaßen beschrieb: »… die Sklaverei in der Gegend um Hannibal gab keine Veranlassung, die schlummernden Instinkte der Menschlichkeit aufzustören. Es war die mildere Form, die Haltung von Haussklaven, nicht die brutale Plantagensklaverei. Grausamkeiten kamen sehr selten vor und waren vernünftigerweise äußerst unpopulär. Die Mitglieder einer Sklavenfamilie zu trennen und an verschiedene Herren zu verkaufen war bei der Bevölkerung nicht gern gesehen, deshalb kam es nicht oft vor, außer bei der Aufteilung von Gütern. Ich kann mich nicht erinnern, in unserem Städtchen jemals eine Sklavenauktion gesehen zu haben; aber ich habe den Verdacht, der Grund dafür könnte sein, dass es ein gewöhnliches und alltägliches Ereignis war und kein ungewöhnliches und darum eindrucksvolles Schauspiel. Ich weiß noch sehr deutlich, dass ich einmal ein Dutzend schwarze Männer und Frauen gesehen habe, die aneinander gekettet in einer Gruppe auf der Straße lagen und auf den Transport zum Sklavenmarkt im Süden warteten. Es waren die traurigsten Gesichter, die ich je gesehen habe.«
    Als Junge muss Samuel stark seinem späteren Romanhelden Tom Sawyer geglichen haben. Das kann man seinem eigenen Lebensrückblick entnehmen. Im zarten Alter von neun Jahren lernte er das Rauchen – und, vor allem, er verabscheute wie Tom Sawyer die schulischen Pflichten. Bereits

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