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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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Sagenwelt wurde und bis heute fasziniert.
    Manche sehen in Artus jenen historisch belegbaren britannischen Heerführer, der sein Volk um 500 gegen die vordringenden Angelsachsen verteidigte und 537 in der Schlacht am Camlann fiel.
    In der um 1135 entstandenen »Historia regnum Britanniae« erhebt der Verfasser Geoffrey von Monmouth, der sich auf bretonisches Sagengut stützt, König Artus vom keltischen Lokalhelden zum glorreichen Herrscher von welthistorischer Bedeutung. Es bildet den Auftakt zahlreicher nachfolgender Werke, in denen sich die mittelalterliche Dichtung König Artus, dem ethischen Vorbild des Rittertums, widmet.
    Der Erfolg des »Tom Sawyer« brachte Twain auf die Idee einer Fortsetzung, nachdem er 1881 noch »The prince and the pauper« (Prinz und Bettelknabe) geschrieben hatte. 1884 publizierte er »The Adventures of Huckleberry Finn« (Die Abenteuer des Huckleberry Finn). Im Mittelpunkt steht jetzt Tom Sawyers Spielkamerad Huck Finn, auf den ersten Blick ein jugendlicher Nichtsnutz jenseits jeder konventionellen und bürgerlich ehrbaren Erziehung, der sich, verwaist, ohne Religion, ohne Schule, dem Reiz des Abenteuers und ungebundenen Lebens hingibt. Twain macht im Fortgang der Geschichte, im locker gereihten Handlungsschema deutlich, dass »ungebildet« zu sein auch etwa Positives bedeuten kann, nämlich ein unverbildetes, nicht von gesellschaftlichen Normen und Zwängen vergewaltigtes Dasein. Da ihm jede Erziehung fehlt, muss sich Huck stets auf seinen gesunden Menschenverstand und seine »instinktive« Menschlichkeit verlassen – der Mangel an Zivilisiertheit wird zur »typisch« amerikanischen Eigenschaft naturgegebenen, spontanen Vernunftpotenzials, zum Maßstab echter, weil aus Herzlichkeit geborener zivilisatorischer Werte umgemünzt.
    Der Roman, dessen Fertigstellung sich aufgrund längerer Unterbrechungen über sieben Jahre hinzog, verbindet unterschiedlichste Elemente: Jugend- und Abenteuerbuch, Reiselektüre, sozialkritische Satire auf die Südstaaten und burlesk-triviale Momente. Alle jene Komponenten werden von Hucks Stimme zusammengehalten – diesen »Underdog« zum Erzähler zu machen stellt einen für die damalige Zeit kühnen Bruch mit sozialen Hierarchien dar. Gleichzeitig bedingt jene neuartige Sorte eines ungebildeten Erzählers eine radikale »Vereinfachung« der Sprache, die jeden Schwulst vermeidet und sich in bemerkenswertem Maße literarischer Modernität annähert. Nicht umsonst sah sich der amerikanische Schriftsteller Ernest Hemingway zu der bekannten Feststellung veranlasst, alle moderne Literatur könne von einem einzigen Buch, nämlich von Mark Twains »Huckleberry Finn«, hergeleitet werden.
    Twains zweiter großer Roman der 1880er-Jahre trägt den Titel »A Connecticut Yankee in King Arthur’s Court« (Ein Yankee am Hofe des Königs Artus). Das 1889 fertig gestellte Buch versetzt im Rahmen seiner literarischen Zeitreise einen repräsentativen Amerikaner ins mittelalterliche Europa, das nichts von Ritterromantik an sich hat, sondern in feudaler Despotie und Rückständigkeit versunken ist. Sogleich macht sich der amerikanische Liberale Hank Morgan ans Werk, die Monarchie König Artus’ in eine aufgeklärte, fortschrittliche Demokratie nach amerikanischem Muster zu verwandeln.
    Doch Twain bleibt nicht bei einem naiven Fortschrittsoptimismus unter amerikanischem Vorzeichen stecken. Ganz im Gegenteil: Der Reformer Morgan steigt im Verlauf der Handlung zum Geschäftsmann, zum »Boss«, auf, dem nicht die Aufklärung der Menge, sondern ihre Unwissenheit hilft. Diese Ambivalenz führt zum schockierenden Ende. Der Yankee muss sich mit einigen Getreuen vor den Kräften der Reaktion hinter einem elektrischen Zaun verschanzen und fassungslos zusehen, wie eine anstürmende Ritterschar in ihren Rüstungen buchstäblich verschmort.
    DAS SPÄTWERK
    Im Alter wurde Twain zunehmend geschichtspessimistischer. Immer nachhaltiger reflektierte er die Bedingtheiten menschlicher Existenz, so auch in seinem letzten wichtigen Roman von 1894: »The tragedy of Pudd’nhead Wilson« (Der Querkopf Wilson) handelt von einem Babytausch und stellt die Frage, inwieweit ein Lebensschicksal vorherbestimmt ist. Dabei ist der Identitätswechsel an einen solchen der Rassenzugehörigkeit gekoppelt, womit nachhaltig auch das Problem von Herrschaft und Sklaverei aufgeworfen wird. Diesem eher dramatisch orientierten Buch ist die Farce »Those Extraordinary Twins« (Die außerordentlichen Zwillinge)

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