Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus
mit viereinhalb Jahren schickte man ihn auf eine private, in einem kleinen Blockhaus untergebrachte Schule. Als der Vater starb, konnte sich die Familie dies nicht mehr leisten, sodass der nunmehr 13-Jährige eine Druckerlehre begann.
GLÜCK BRINGENDER NEUER NAME
Samuel erarbeitete sich die Anfangsgründe des Druckerhandwerks zuerst beim »Hannibal Courier«, wo ein gewisser Mr. Ament als Besitzer und Herausgeber der Zeitung waltete. Dann, 1849 oder 1850 – Samuel kann sich nicht mehr genau erinnern –, kam sein ältere Bruder Orion nach Hannibal zurück. Dieser hatte zuvor sein Geld als Druckergeselle in St. Louis verdient. Jetzt kaufte er für 500 Dollar in bar eine Wochenzeitung, das »Hannibal Journal«, samt Druckerei und Kundenkreis. Das Geld lieh er sich von einem alten Farmer. Liebenswert spöttisch heißt es in Twains Autobiografie dazu: »Dann senkte er den Abonnementspreis für die Zeitung von zwei auf einen Dollar. Den Annoncenpreis setzte er etwa im gleichen Verhältnis herab, und auf diese Weise schuf er eine absolute und unangreifbare Gewissheit, nämlich, dass sein Unternehmen ihm niemals einen einzigen Cent Gewinn einbringen werde. Er holte mich aus der Setzerei des ›Courier‹ und stellte mich in seinem eigenen Betrieb für dreieinhalb Dollar die Woche ein; das war ein übermäßig hoher Lohn, aber Orion war stets großzügig, stets freigebig gegenüber jedermann außer sich selbst. In meinem Fall kostete es ihn nichts, denn solange ich bei ihm war, konnte er mir nie auch nur einen Penny bezahlen.«
Um sich seinen Lebensunterhalt verdienen zu können, verließ Samuel Juni 1853 Hannibal und suchte sich einen Job in St. Louis. Eine Zeit lang arbeitete er dort in der Setzerei der »Evening News«. Dann aber überkam ihn die Reise- und Abenteuerlust. Er zog an der Ostküste der USA zwischen New York, Philadelphia, Washington und Iowa hin und her, wobei er seinen Lebensunterhalt als Schriftsetzer und Journalist verdiente. Bereits als Kind hatte er den Wunsch, einmal den Mississippi zu befahren. 1857 ging er bei einem Mississippilotsen in die Lehre und erwarb bald darauf selber das Lotsenpatent. Bis zum Ausbruch des amerikanischen Bürgerkriegs 1861 schipperte er auf dem großen Strom, von einer Stadt zur anderen, von einem Landeplatz zum nächsten. Er fand es wunderbar. 1863 wählte er in Erinnerung an diese wohl glücklichste Zeit seines Lebens als Pseudonym den Namen »Mark Twain«, zu Deutsch »zwei Faden tief« (3,69 m) – ein Wasserstand, der für einen Mississippidampfer sichere Fahrt bedeutete.
DIE FAMILIENGRÜNDUNG
Mark Twain zog es, als der Krieg den Schiffsverkehr auf dem größten Fluss der Vereinigten Staaten zum Erliegen brachte, in den fernen Westen. Seine Erlebnisse als – erfolgloser – Goldgräber und Silbersucher beschrieb er einige Jahre später, 1872, in dem humoristischen Reisebericht »Roughing It« (»Im Gold- und Silberlande. Lehr- und Wanderjahre«, auch unter dem Titel »Durch dick und dünn« bekannt). Das Buch lebt von der anfangs geschickten Verknüpfung erzählerischer Schaustücke und Landschaftsbeschreibungen, verliert sich gegen Ende hin aber in einer gewissen Monotonie.
Sein erstes Buch war jedoch bereits 1867 erschienen: Er veröffentlichte unter dem Titel »The celebrated jumping frog of Calaveras County« (Der berühmte Springfrosch der Provinz Calaveras) eine Sammlung von verschiedenen Erzählungen. Das zweite Buch, das Mark Twain 1869 herausgab, wurde ein großer Erfolg. Bereits innerhalb des ersten Jahres wurden über 70 000 Exemplare von »The innocents abroad« (Die Arglosen auf Reisen) verkauft, das bis an sein Lebensende das am meisten verkaufte Buch bleiben sollte. Es basiert auf Erlebnissen in Europa, die Mark Twain 1867 als Reisekorrespondent der »Alta California«, einer Zeitung in San Francisco, beschrieben hatte. Der Verleger Elisha Bliss hatte dann 1869 die Idee, diese Zeitungsberichte über die erste Europareise Twains in Buchform zu bringen. Vom Journalisten war Twain zum Schriftsteller geworden.
In den folgenden Jahren schrieb Twain unzählige Artikel sowie Serien für diverse Zeitschriften in San Francisco, New York und Missouri. Am 2. Februar 1870 heiratete er Olivia Langdon, die Tochter eines reichen Unternehmers aus Elmira (New York). Noch im November desselben Jahres kam ihr erster Sohn, Langdon Clemens, zur Welt. Der Erfolg des Buches »The innocents abroad« führte zu einem Vertrag für ein neues Werk mit Elisha Bliss und der
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