organisierte Lernprozesse. Die »antiautoritären Autoritäten«, wie ich sie nenne, müssen vom ersten Moment an an ihrer Ablösung arbeiten.
Jede Organisation braucht – so nötig wie die richtige Strategie und Taktik – eine Struktur und Aufgabenverteilung. Jede Organisation, die ihren Grund, also ihr Programm ernst nimmt, besteht auf Verbindlichkeit und fordert sie ein. Zweck der Organisation ist nicht die Organisation, sondern das Programm und dessen Umsetzung. Organisiert wird nach Inhalt, nicht nach Personenzahl. Es ist ziemlich leicht und für manch einen Frustrierten verführerisch, sich in schwierigen Zeiten in großen, reformistischen Organisationen zu verstecken. Aber so setzt niemand emanzipatorische Ziele durch, sondern wird Teil des Falschen.
Man sollte sich eine Organisation danach aussuchen, ob man das in ihr lernen kann, was man lernen will, um weiterzukommen. Danach, ob man dort Menschen findet, die bei aller Verschiedenheit in den Grundfragen wirklich einig sind. Wenn eine Organisation etwas taugt, dann ist sie auch ein »Ort«, um Sachen zu verhandeln, streiten zu lernen, qualifiziert zu kritisieren und sich mit Kritik auseinanderzusetzen. Eine Organisation aber, in der qualifizierte Kritik (kein Genörgel) tabuisiert ist, sei es aus Unsicherheit, esoterischer Harmoniesucht oder wegen der Unantastbarkeit von Hierarchien, ist unverzüglich zu verlassen.
Eine Organisation, sei sie klein oder groß, ist, wenn es gutgeht, ein Gegengewicht zur korruptiven Integrationskraft kapitalistischer Verhältnisse. Und wenn die Zeiten günstig sind (wir haben ja nicht alles in der Hand), bewegen wir uns inmitten einer oder mehrerer mitreißender Subkulturen, die unsere Grundprinzipien widerspiegeln und auch noch höllisch Spaß machen können. Wenn es gutgeht, kann man mit einigem Glück erleben, wie Menschen ihre Angst überwinden und wie sie lernen, sich selbst zu befreien.
Ob die Theorie zuerst kommt die Aktion oder die Organisierung ist oft biografischer Zufall. Tatsache aber ist: Es geht langfristig, willst du ernsthaft etwas verändern, nicht ohne diesen Dreiklang.
Aber nichts ist wirklich fertig, bevor die Auseinandersetzung beginnt. Es ist ein Prozess. Herbert Marcuse schrieb: »Die gesellschaftlichen Träger der Umwälzung, und das ist orthodoxer Marx, formieren sich erst in dem Prozess der Umwälzung selbst, und man kann nicht mit einer Situation rechnen, in der die revolutionären Kräfte sozusagen ready-made vorhanden sind, wenn die revolutionäre Bewegung beginnt.« 15
Wir werden sehen.
DANK, HINWEIS & KONTAKT
Dank:
Ich danke meinen FreundInnen für Diskussionen. Wie immer danke ich Manfred Zieran für seine kluge und im besten Sinn rücksichtslose Kritik.
Hinweis:
Weitere Informationen über meine Bücher, Texte, das Ulrike-Meinhof-Archiv, Termine meiner Vorträge und Lesungen usw. auf: www.jutta-ditfurth.de .
Kontakt:
Über Anregungen und Kritik freue ich mich. Ich lese alles, verspreche aber nicht, dass ich antworte: Jutta Ditfurth, c/o ÖkoLinX-ARL, Bethmannstr. 3, 60311 Frankfurt/Main. E-Mail:
[email protected] .
BÜCHER DER AUTORIN
Die tägliche legale Verseuchung unserer Flüsse und wie wir uns dagegen wehren können
. Ein Handbuch mit Aktionsteil (Hrsg. mit R. Glaser), Hamburg: Rasch & Röhring 1987.
Träumen Kämpfen Verwirklichen. Politische Texte bis 1987
, Köln: Kiepenheuer & Witsch Verlag 1988.
Lebe wild und gefährlich. Radikalökologische Perspektiven
, Köln: Kiepenheuer & Witsch Verlag 1991.
Was ich denke. Anders oder gleich. Über die Entwertung des Menschen
, München: Goldmann Verlag 1995.
Blavatzkys Kinder
. Krimi, Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe Verlag 1995.
Feuer in die Herzen. Gegen die Entwertung des Menschen
, Hamburg: Konkret Literatur Verlag 1997, 3. erweit. u. vollst. überarb. Neuausg., (1. Ausg.: 1992).
Entspannt in die Barbarei. Esoterik, (Öko-)Faschismus und Biozentrismus
, Hamburg: Konkret Literatur Verlag 2011, (1. Aufl.: 1997).
Das waren die Grünen. Abschied von einer Hoffnung
, München: Econ Taschenbuch Verlag 2001, (1. Aufl. 2000).
Ulrike Meinhof. Die Biografie
, Berlin: Ullstein Taschenbuch Verlag 2009, (1. Ausg.: 2007).
Bisher auch in Schweden, Norwegen, den Niederlanden, der Türkei und Griechenland. erschienen
.
Rudi und Ulrike. Die Geschichte einer Freundschaft
, München: Droemer Verlag 2008.
Zeit des Zorns. Streitschrift für soziale Gerechtigkeit
, München: Droemer Verlag 2009.
Die Himmelsstürmerin
. Roman, Berlin: