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WoW 02 - Der letzte Wächter

WoW 02 - Der letzte Wächter

Titel: WoW 02 - Der letzte Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Grubb
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gesehen hatte. Die Männer schrien und zeigten auf etwas, aber obwohl sie direkt neben Khadgar standen, klangen ihre Stimmen undeutlich und verzerrt, als sprächen sie in einem seltsamen Reich unter dem Wasser.
    Ein Traum?
, dachte Khadgar. Hatte er sich für einen Augenblick hingelegt und war eingenickt, und all dies war nur ein nächtlicher Alpdruck, den seine eigenen Sorgen gezeugt hatten? Nein. Er spürte fast die Wärme der sterbenden Sonne auf seiner Haut. Und die leichte Brise des kühlen Windes. Und die schreienden Männer, die um ihn herum wimmelten.
    Es war, als habe ihn etwas vom Rest der Welt gelöst und auf seine eigene kleine Insel geworfen, die nur die allerdürftigste Verbindung zu der Realität besaß, die ihn umgab. Es war, als sei er ein Geist geworden.
    Und tatsächlich ignorierten ihn die Soldaten, als sei er nur ein Phantom. Khadgar streckte eine Hand aus, um einen der Männer an der Schulter zu berühren, und zu seiner großen Erleichterung sanken seine Finger nicht durch die zerschlagene Schulter-Platte. Es gab einen Widerstand, doch nur von amorpher Art. Er konnte die Rüstung fühlen, und wenn er sich konzentrierte, ertastete er die scharfen Grate des unebenen Metalls.
    Diese Männer hatten gekämpft, erkannte Khadgar, schwer und erst vor kurzer Zeit. Nur ein Mann unter dreien trug nicht irgendeine Art von grobem Verband und wurde damit zum blutbefleckten Mahnmal des Krieges. Überall waren schmutzige Rüstungen und verbeulte Helme zu sehen. Auch die Waffen der Soldaten waren schartig, und Rot trocknete auf ihnen.
    Der junge Mann begutachtete ihre Position. Sie befanden sich auf der Kuppe eines kleinen Hügels, einer winzigen Falte in der Ebene, die sich bis zum Horizont zog. Die spärliche Vegetation, die an diesem Ort existierte, war abgeholzt und für primitive Palisaden verwendet worden, die jetzt von Männern mit grimmigen Gesichtern bewacht wurden. Hier gab es keine sichere Zuflucht, keine Burg, kein Fort. Die Männer hatten diesen Ort zum Kampf gewählt, weil sie keinen anderen besaßen.
    Die Soldaten traten auseinander, als sich ihr Anführer, ein großer, weißbärtiger Mann mit breiten Schultern, den Weg zwischen ihnen hindurch bahnte. Seine Rüstung war nicht weniger ramponiert als die seiner Männer, aber sie bestand aus einer Brustplatte, die über eine rote Gelehrten-Robe geschnallt war, wie sie auch unter den Kirin Tor nicht fehl am Platze gewesen wäre. Der Stoff des Gewands war mit Macht-Runen bestickt. Khadgar erkannte einige der Symbole, aber andere waren ihm fremd. Der schneeweiße Bart des Anführers reichte bis zur Taille hinab und verbarg einen Teil der Rüstung. Er trug eine rote Scheitelkappe mit einem einzelnen goldenen Edelstein auf der Stirn. In der einen Hand hielt er einen in ein Juwel auslaufenden Stab, in der anderen ein dunkelrotes Schwert.
    Der Kommandant schrie die Soldaten mit jener undeutlichen Stimme an, die Khadgar an die wütende See erinnerte. Die Krieger schienen jedoch zu verstehen, was er sagte, denn sie formierten sich in geordneten Reihen entlang der Barrikaden.
    Der schneebärtige Anführer strich an Khadgar vorbei, und dieser stolperte einen Schritt zurück, um ihm aus dem Weg zu gehen. Der alte Mann hätte ihn nicht bemerken sollen, genauso wenig wie die anderen blutbefleckten Krieger ihn bemerkt hatten.
    Doch der Kommandant sah ihn. Seine Stimme zögerte für einen Moment, er stotterte, sein Fuß landete falsch auf dem unebenen Boden des felsigen Hügels, und er strauchelte beinahe. Aber er fing sich wieder und wandte sich um. Er betrachtete Khadgar.
    Ja, er blickte Khadgar an, und es wurde dem jungen Möchtegern-Schüler klar, dass dieser alte Krieger-Zauberer ihn sah, dass er ihn
genau
sah. Die Augen des Kommandanten blickten tief in die seinen, und für einen Moment fühlte sich Khadgar wieder genau so, wie er sich gerade erst unter Medivhs sengenden Augen gefühlt hatte. Doch, wenn dies überhaupt möglich war, so war dieser Blick noch intensiver. Khadgar starrte in die Augen des Kommandanten.
    Und was er sah, ließ ihn aufkeuchen. Er wandte sich ab und brach den festen Blick des Krieger-Zauberers.
    Als Khadgar wieder hinsah, nickte der Kommandant ihm zu. Es war ein kurzes, beinahe abweisendes Nicken, und der Mund des alten Mannes war streng zusammengepresst. Dann wandte sich der schneebärtige Anführer wieder ab und schrie seine Krieger an, flehte sie inständig an, sich zu verteidigen.
    Khadgar wollte ihm folgen, ihn einholen und

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