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WoW 02 - Der letzte Wächter

WoW 02 - Der letzte Wächter

Titel: WoW 02 - Der letzte Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Grubb
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Explosion kam, weil ich schließlich hierher kommen würde und der Ort für mich bereit sein musste?«
    Khadgar runzelte nachdenklich die Stirn. »Aber Dinge geschehen nicht auf solche Art.«
    »In der normalen Welt nicht. Ja, da hast du Recht«, sagte Medivh. »Aber Magie ist die Kunst, das Normale zu umgehen. Und aus diesem Grund sind die philosophischen Debatten in den Hallen der Kirin Tor solch barer Unsinn. Sie versuchen, der Welt eine Vernunft aufzuzwingen und ihre Bewegungen zu regulieren. Die Sterne marschieren in geordneten Bahnen über den Himmel, die Jahreszeiten folgen im Gleichschritt aufeinander, und Männer und Frauen leben und sterben. Wenn dies nicht geschieht, ist es Magie, eine Verzerrung des Universums, ein paar Dielenbretter, die aus der Form geraten sind und auf fleißige Hände warten, um sie zu erneuern.«
    »Aber wenn das dieser Gegend passiert sein soll, um sich auf Euch vorzubereiten …«, begann Khadgar.
    »… dann wäre die Welt ein ganz anderer Ort als sie zu sein
scheint
«, antwortete Medivh. »Was sie auch tatsächlich ist. Wie funktioniert die Zeit?«
    Khadgar kannte den Magier inzwischen zu gut, um von Medivhs sprunghaftem Themenwechsel überrascht zu werden. »Zeit?«
    »Wir benutzen sie, wir trauen ihr, wir messen mit ihr – aber was
ist
sie?« Medivh lächelte über den Rand seiner Tasse hinweg.
    »Zeit ist die regelmäßige Abfolge von Momenten. Wie Sand, der ein Stundenglas durchläuft«, sagte Khadgar.
    »Eine hervorragende Analogie«, sagte Medivh. »Eine, die ich selbst benutzen wollte, und dann wollte ich das Stundenglas mit der mechanischen Uhr vergleichen. Erkennst du den Unterschied zwischen beiden?«
    Khadgar schüttelte langsam den Kopf, während Medivh an seinem Wein nippte.
    Schließlich sprach der Magier: »Nein, du bist nicht dumm, Junge. Es ist ein schwieriges Konzept für das menschliche Gehirn. Die Uhr ist eine mechanische Simulation der Zeit, jeder Schlag wird durch ein Drehen der Räder kontrolliert. Du betrachtest eine Uhr und weißt, dass alles mit einem Ticken des Rades weitergeht, mit einem Klicken des Getriebes. Du weißt, was als nächstes kommt, weil der Uhrmacher es so gewollt hat.«
    »Genau«, sagte Khadgar. »Die Zeit ist eine Uhr.«
    »Ah, aber die Zeit ist auch ein Stundenglas«, sagte der ältere Magier. Er griff nach einer Sanduhr, die auf dem Kaminsims stand, und drehte sie um. Khadgar betrachtete das Gerät verwundert und versuchte, sich zu erinnern, ob es schon dort schon stand, bevor er den Wein gebracht hatte. Oder überhaupt, bevor Medivh danach gegriffen hatte.
    »Auch das Stundenglas misst die Zeit, nicht wahr?«, fragte Medivh. »Doch hier weißt du nie, welches Sandkorn sich zu welcher Sekunde von der oberen Hälfte in die untere Hälfte bewegen wird. Wolltest du die Sandkörner zählen, wäre ihre Anordnung jedes Mal ein wenig anders. Und doch ist das Endresultat stets das gleiche – der ganze Sand ist von oben nach unten geflossen. In welcher Reihenfolge dies geschieht ist gleichgültig.« Die Augen des alten Mannes leuchteten für einen Moment auf. »Also?«, fragte er.
    »Also«, begann Khadgar, »sagt Ihr, dass es egal sein könnte, ob Ihr Euren Turm hier erbaut habt, weil eine Explosion dieses Tal geschaffen und das Wesen der Realität an diesem Ort verzerrt hat – oder ob es zu der Explosion kam,
weil
Ihr schließlich hierher kommen würdet und das Universum Euch die Mittel an die Hand geben musste, die Ihr benötigtet, um hier zu bleiben.«
    »Ziemlich nah dran«, sagte Medivh.
    »Also sind diese Visionen Sandkörner?«, fragte Khadgar. Medivh fürchte leicht die Stirn, aber der Junge blieb bei seinem Gedanken. »Wenn der Turm ein Stundenglas ist und keine Uhr, dann gibt es Sandkörner, die aus der Zeit selbst stammen und ständig durch ihn hindurch fallen. Sie sind von ihrem Ursprung losgelöst oder überlagern einander, sodass wir sie sehen können, aber nicht klar. Manche von ihnen sind Teil der Vergangenheit. Manche von ihnen sind Teil der Zukunft. Könnten manche von ihnen auch von anderen Welten stammen?«
    Jetzt grübelte auch Medivh selbst tief nach. »Das ist möglich. Volle Punktzahl. Gut durchdacht. Aber du darfst nicht vergessen, dass Visionen nur das sind: Visionen. Sie wehen herein und hinaus. Wäre der Turm eine Uhr, würden sie sich regelmäßig bewegen, und man könnte sie leicht erklären.
    Doch da der Turm ein Stundenglas ist, bewegen sie sich nicht regelmäßig. Sie schaffen ihre eigenen Gesetze und

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