WoW 05 - Der Tag des Drachen
gekommen, um deinen Wahnsinn zu beenden, Bruder«, sagte der schlanke grüne Drache ruhig.
»Ich bin in keinster Weise dein Bruder, Ysera. Begreif das endlich und erkenne, dass mich nichts von der Erschaffung eines neuen Zeitalter für unsere Art abhalten wird.«
»Du planst nur ein Zeitalter für deine eigene Herrschaft, nichts anderes.«
Der Schwarze neigte den Kopf. »Für mich gibt es da keinen Unterschied. Wie ist es mit dir, Nozdormu? Hast du endlich den Kopf aus dem Sand gezogen? Weißt du nicht mehr, wer hier die größte Macht besitzt? Selbst zu dritt werde ich euch besiegen.«
»Deine Zeit ist abgelaufen«, stieß der glitzernde braune Drache hervor. Seine Augen leuchteten. »Komm her und nimm deinen Platz in meiner Sammlung vergangener Dinge ein.«
Deathwing schnaufte herablassend. »Und du, Malygos? Hast du deinem alten Kameraden nichts zu sagen?«
Als Antwort öffnete der kalt wirkende, silberblaue Drache das Maul. Eine eisige Welle schlug Deathwing entgegen und hüllte ihn mit tödlicher Genauigkeit ein. Als das Eis den Leviathan berührte, zerplatzte es und wurde zu Tausenden krebsartiger Wesen, die sich auf die Schuppen und das Fleisch ihres Opfers stürzten.
Deathwing fauchte, und aus seinen roten Adern lief Säure. Malygos' Kreaturen starben hundertfach, bis nur noch wenige übrig blieben.
Mit zwei Krallen griff der schwarze Drache nach einem dieser Wesen und verschluckte es. Er grinste seine Gegner an und bleckte tückische Reißzähne. »Wenn ihr es so möchtet …«
Mit donnergleichem Brüllen stürmte er ihnen entgegen.
»Sie werden ihn nicht besiegen«, murmelte Korialstrasz, als sie sich der belagerten Orc-Karawane näherten. »Das schaffen nicht einmal sie.«
»Und warum versuchen sie es dann?«
»Weil sie wissen, dass die Zeit gekommen ist, sich gegen ihn zu stellen, egal, wie es ausgeht. Sie würden eher diese Welt verlassen, als zuzusehen, wie sie unter Deathwings Schreckensherrschaft ihr Antlitz wandelt.«
»Gibt es keine Möglichkeit, ihnen zu helfen?«
Das Schweigen des Drachen war Antwort genug.
Rhonin betrachtete die Orcs vor sich und dachte an seine eigene Sterblichkeit. Selbst wenn es ihm gelang, Nekros das Artefakt zu entreißen, wie lange würde er es behalten können? Und würde es ihm überhaupt etwas nützen? Konnte er es verwenden?
»Kras … Korialstrasz, enthält die Scheibe die Macht der großen Drachen?«
»Nur nicht die von Deathwing, deshalb kann ihre Macht ihm nichts anhaben.«
»Aber er kann sie auch selbst nicht mehr wegen eines Zaubers der anderen Drachen einsetzen?«
»So scheint es«, wich der Drache aus.
»Weißt du, über welche Fähigkeiten die Scheibe verfügt?«
»Über viele, aber keine vermag direkten oder indirekten Einfluss auf den dunklen Herrscher auszuüben.«
Rhonin stutzte. »Aber wie ist das möglich?«
»Wie lange übst du dich bereits in der Kunst der Magie, mein Freund?«
Der Zauberer verzog das Gesicht. Von allen Künsten war die Magie die Widersprüchlichste. Sie wurde von ganz eigenen Gesetzen regiert, die sich im schlimmsten Fall sogar ändern konnten. »Ich verstehe.«
»Die großen
Kräfte
haben sich entschieden, Rhonin. Wenn es dir gelingen sollte, die
Dämonenseele
in deinen Besitz zu bringen, wirst du nicht nur meine Königin befreien, die ihnen zweifellos zu Hilfe kommen wird, sondern auch die Gelegenheit erhalten, die Überreste der Horde zu vernichten. Die
Dämonenseele
vermag das – wenn du sie richtig einsetzt.«
Darüber hatte er noch gar nicht nachgedacht gehabt, dabei lag es auf der Hand, dass ein solches Relikt eine wertvolle Waffe gegen die Orcs darstellte. »Aber ich habe nicht genügend Zeit, ihre Handhabung zu erlernen.«
»Die Orcs hatten keine Lehrer, die sie darin unterwiesen. Ich gehöre zwar nicht zu den fünf Aspekten, Rhonin, dennoch kann ich, denke ich, dich ausreichend in ihrem Gebrauch unterrichten.«
»Sollten wir beide überleben …«, flüsterte der Magier, nur für sich selbst.
»Womit du natürlich Recht hast.« Offenbar besaßen Drachen ein hervorragendes Gehör. »Und dort ist der Orc, den wir suchen … Mach dich bereit!«
Rhonin traf seine Vorbereitungen. Korialstrasz wagte es wegen der
Dämonenseele
nicht, Nekros zu nahe zu kommen, was bedeutete, dass der Magier trotz des Talismans Magie einsetzen musste, um den Orc-Kommandanten endgültig zu erreichen. Er hatte schon häufig in Schlachten Zauber gewoben, war aber dennoch nicht auf einen solchen Einsatz vorbereitet.
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