WoW 06 - KdA 1 - Die Quelle der Ewigkeit
rannte nicht zurück, sondern warf sich zur Seite und fand in einer Vertiefung der Felswand Zuflucht. Er drückte sich gegen den kalten Stein und war offenbar der Ansicht, hier geschützt zu sein.
Brox erkannte Gaskais Fehleinschätzung. Er erhob sich auf die Knie und schrie: »Nicht da! Weg da!«
Doch die Kakophonie des kreischenden Chaos ertränkte seine Warnung, und die furchterregende Abnormität bewegte sich weiter voran … Brox sah mit Grausen, wie Gaskai von ihrem Rand erfasst wurde.
Tausend Schreie entströmten Gaskais Kehle, während er gleichzeitig älter und jünger wurde. Die Augen des Orcs traten hervor, als wollten sie aus seinem Schädel platzen, und sein Körper floss wie Wasser. Er dehnte sich aus, wurde kleiner, dehnte sich wieder aus …
Und mit einem letzten verzweifelten Schrei schrumpfte Gaskai in sich zusammen wie ein Stück Pergament, das von einer riesigen Hand zerknüllt wird. Er wurde kleiner und kleiner, bis er vollkommen verschwunden war.
»Bei der Horde!«, keuchte Brox, wie versteinert im Angesicht des Schreckens. Er starrte auf den Punkt, wo kurz zuvor sein jüngerer Gefährte gestanden hatte, und hoffte irgendwie immer noch, dass dieser wie durch ein Wunder unversehrt erscheinen würde.
Dann erkannte er plötzlich, dass auch er selbst nur wenige Atemzüge davon entfernt war, von der Monstrosität verschlungen zu werden.
Brox wirbelte herum, langte instinktiv nach seiner Axt und rannte. Er fühlte keine Scham ob seiner Flucht. Kein Orc konnte gegen dieses Ding kämpfen. Zu sterben, wie Gaskai gestorben war, wäre eine sinnlose Geste gewesen.
Doch so schnell der Orc auch lief, die flammende Vision war schneller. Während das Kreischen der Geräusche und Stimmen ihn beinahe taub machte, biss Brox die Zähne zusammen. Er wusste, er konnte dem Strudel nicht entkommen. Nicht mehr. Dennoch hastete er weiter …
Ihm gelangen nur noch zwei weitere Schritte, bevor die Monstrosität seinen Leib völlig verschlang.
Jeder Knochen, jeder Muskel, jeder Nerv in Krasus' Körper brüllte, und letztlich gelang es ihm dadurch, sich aus dem schwarzen Abgrund der Bewusstlosigkeit empor zu kämpfen.
Was war geschehen? Der Drachenmagier wusste es noch immer nicht wirklich. Im einen Moment versuchte er, Rhonin zu erreichen, und im nächsten verschlang ihn die Anomalie – obwohl er überhaupt nicht in ihrer Nähe war. Seine mentale Verbindung zu dem Menschen hatte Krasus gemeinsam mit dem jungen Zauberer in das Phänomen hinein gezogen.
Wieder durchblitzten Bilder seinen verwirrten Geist. Landschaften, Kreaturen, Artefakte. Krasus hatte die Zeit in ihrem ultimativen Aspekt erlebt, alle Zeit auf einmal!
Aspekt?
Dieses Wort beschwor eine andere machtvolle Vision herauf, die er glücklicherweise bis dahin vergessen hatte. Inmitten des wirbelnden Chaos der Zeit hatte Krasus einen Blick auf etwas erhascht, das sein Herz und all seine Hoffnungen zerschmetterte.
Dort, im Zentrum des wütenden Sturms, hatte er Nozdormu gesehen, den großen Aspekt der Zeit …
gefangen wie eine Fliege im Netz der Spinne.
Nozdormu war in all seiner schrecklichen Glorie dort gewesen, ein gigantischer Drache, nicht aus Fleisch, sondern aus dem goldenen Sand der Ewigkeit gewoben. Seine edelsteingleichen Augen, die in der Farbe der Sonne leuchteten, waren weit offen gewesen, und dennoch hatten sie die unbedeutende Gestalt von Krasus nicht bemerkt. Der große Drache hatte sich in den Qualen von Kampf und Schmerz gewunden. Gefangen hatte er weiterhin darum gerungen, alles zusammen zu halten – absolut
alles
.
Nozdormu war sowohl Opfer als auch Retter. Treibend im sturmgepeitschten Ozean der gesammelten Zeit, hatte allein er verhindert, dass sie vollkommen aus den Fugen geriet. Wenn nicht der Aspekt gewesen wäre, das Gewebe der Realität wäre längst geborsten. Die Welt, die Krasus kannte, wäre für immer verschwunden. Schlimmer noch, sie würde niemals existiert haben.
Eine neue Welle aus Schmerz suchte Krasus heim. Er schrie in der alten Sprache der Drachen und verlor für einen Augenblick die Kontrolle, an die er so gewöhnt war. Doch mit dem Schmerz kam auch die Erkenntnis, dass er noch lebte. Dieses Wissen brachte ihn dazu, zu kämpfen, sich wieder zu vollem Bewusstsein zu zwingen …
Er öffnete die Augen.
Bäume begrüßten seinen Blick. Hoch aufragende Bäume mit grünen Kronen, die fast den Himmel verbargen. Ein Wald in voller Blüte und Lebendigkeit. Vögel sangen, während irgendwo andere Kreaturen
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