WoW 06 - KdA 1 - Die Quelle der Ewigkeit
hatte die Quelle fast schon entdeckt, da verlor er sie wieder. Doch sie war nahe, sehr nahe.
Er würde warten. Wie die anderen war auch er wieder hungrig geworden. Wenn er noch ein wenig länger ausharrte, würde er sicher erkennen, wo unter den Welten die törichten Zauberer ihren Narrheiten frönten. Er roch ihren Eifer, ihren Ehrgeiz. Sie würden nicht in der Lage sein, damit aufzuhören, die Magie zu beschwören. Bald … bald würde er den Weg zu ihrer kleinen Welt finden …
Und dann würden er und die anderen
fressen
.
Fünf
Brox hatte ein schlechtes Gefühl, was ihre Mission anging, ein sehr schlechtes Gefühl.
»Wo sind sie?«, murmelte er. »Wo sind sie?«
Wie versteckt man einen Drachen?
, fragte sich der Orc. Die Spuren des Riesenreptils waren bis zu einem gewissen Punkt klar zu erkennen, aber dann konnten er und Gaskal nur noch die Fußspuren eines Menschen finden, möglicherweise auch die von zwei Menschen. Da die Orcs so nahe waren, dass sie es bemerkt hätten, wenn sich ein Drache in die Luft erhob – und etwas solch Erstaunliches hatten sie nicht bemerkt –, musste sich der Leviathan noch in der unmittelbaren Umgebung befinden.
»Vielleicht ist er hier entlang«, schlug Gaskal vor und legte seine breite Stirn in tiefe Falten. »Durch diesen Pass.«
»Zu eng«, knurrte Brox. Er schnüffelte. Drachengeruch füllte seine Nase. Und ganz schwach, durch die Echsenausdünstungen fast überlagert, der Geruch von Mensch. Ein Drachen und ein Zauberer.
Vertrag hin, Vertrag her, dies war ein guter Tag zum Sterben – was ihre Gegner betraf. Und falls Brox sie stellen konnte.
Als er sich auf die Knie niederließ, um die Fährten besser lesen zu können, musste der Veteran sich eingestehen, dass Gaskais Vorschlag den meisten Sinn machte. Die beiden Spuren führten in den schmalen Pass, wo die des Drachen einfach
aufhörte
. Trotzdem war sich Brox sicher, dass die Bestie, sobald sich die Orcs den anderen Eindringlingen widmeten, augenblicklich erscheinen würde.
Ohne seinem Gefährten durch irgendein Zeichen seine wahren Absichten zu erkennen zu geben, erhob sich der ältere Krieger. »Geh'n wir.«
Die Waffen kampfbereit umklammert, trotteten sie vorsichtig in den Pass. Brox grunzte, als er den Felskorridor studierte. Eindeutig zu schmal für einen Drachen, selbst für einen, der noch nicht ausgewachsen war. Wo
war
die Kreatur?
Sie hatten erst eine kurze Strecke zurückgelegt, als sie weiter vorne in der Schlucht ein monströses Brüllen hörten. Die beiden Orcs blickten einander an, aber sie wurden nicht langsamer. Kein wahrer Krieger floh beim ersten Laut einer Gefahr.
Sie drangen tiefer in die Schlucht vor. Schatten spielten über die Felsen und erweckten den Eindruck, als tanzten groteske Geschöpfe um sie herum. Brox' Atem ging schneller. Er versuchte, mit Gaskai Schritt zu halten. Die Axt wog schwer in seiner Hand.
Ein Schrei – ein menschlicher Schrei – hallte durch den Pass. Er kam von irgendwo voraus.
»Brox …«, setzte der jüngere Orc an.
Doch in diesem Moment füllte eine Vision ihr Blickfeld aus, ein feuriges Bild, wie sie es noch nie zuvor gesehen hatten.
Der Schrecken nahm die ganze Breite des Passes ein und schien sogar in den Fels hinein zu fließen. Er erweckte nicht den Eindruck, lebendig zu sein, und doch bewegte er sich, als verfolge er ein Ziel. Geräusche – willkürliche, chaotische Laute – füllten die Ohren der Orcs, und als Brox in das Zentrum der Erscheinung blickte, fühlte er sich, als starre er in die Ewigkeit.
Orcs waren keine Wesen, die sich schnell ängstigten, aber die schaurige und gewiss magische Vision überwältigte die beiden Krieger. Brox und Gaskai erstarrten vor ihr und ahnten, dass diese Erscheinung gewiss nicht vor ihren Waffen weichen würde.
Brox hatte sich einen heldenhaften Tod gewünscht, nicht
das
hier. Es lag keine Ehre darin, auf solche Art zu sterben. Das Ding sah aus, als könne es ihn mit Haut und Haaren verschlingen. Ohne ihn überhaupt zu bemerken. Wie eine Fliege.
Und so war die Entscheidung für ihn klar. »Gaskai! Beweg dich! Lauf!«
Doch Brox selbst gelang es nicht, seinem eigenen Befehl nachzukommen. Ja, er wirbelte herum, um fortzurennen. Aber er rutschte in dem glatten Schnee aus wie ein tölpelhaftes Kind. Der riesige Orc stürzte zu Boden und stieß sich den Kopf. Er verlor seine Axt, die außerhalb seiner Reichweite niederfiel.
Gaskai, der nicht mitbekommen hatte, was mit seinem Kameraden geschehen war,
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