WoW 08 - KdA 3 - Das Erwachen
Augenbrauen und geflüsterte Bemerkungen aus. Dafür sorgte sein schulterlanges, feuerrotes Haar, das man unter der Kapuze seiner Robe sehen konnte, das rundliche, bleiche Gesicht – vor allem die leicht gekrümmte Nase – und seine grünen Augen mit den vollkommen schwarzen Pupillen. Dieser Anblick verunsicherte die Nachtelfen.
Rhonin war zwar kleiner als Malfurion, wirkte jedoch kräftiger. Er sah aus wie ein Mann, der sich gut im Kampf behaupten konnte, was er auch schon gezeigt hatte. Das war eine ungewöhnliche Fähigkeit für jemanden, der in den magischen Künsten geschult war. Rhonin bezeichnete sich selbst als »Mensch«, ein Volk, von dem niemand je gehört hatte. Doch wenn Rhonin beispielhaft für einen Menschen war, hätte sich Malfurion tausend andere in der Armee gewünscht. Die Magie seines eigenen Volkes war direkt an den Brunnen der Ewigkeit gekoppelt und daher kaum noch einsetzbar. Rhonin hingegen verließ sich auf sein eigenes Vermögen und beherrschte Kräfte, die ihn wie einen Halbgott erscheinen ließen.
»Wie sollte ich denn aufhören? Und mit welchem Recht?«, fragte Malfurion. Er lud seine Wut auf Rhonin ab, obwohl der sie nicht verdient hatte. »Tyrande ist schon zu lange ihre Gefangene, und mir gelingt es noch nicht einmal, in den Palast zu blicken!«
Früher hatte sich Malfurion dank der Ausbildung, die er von dem Halbgott Cenarius erhalten hatte, durch eine Dimension bewegen können, die man den Smaragdgrünen Traum nannte. Der Smaragdtraum war eine Welt, die aussah, als habe es niemals Zivilisationen oder tierisches Leben darin gegeben. In einer Traumgestalt konnte man ihn durchqueren und auf diese Weise mühelos weit entfernte Orte erreichen. Durch den Smaragdtraum war Malfurion in Königin Azsharas Zitadelle eingedrungen und hatte die Hochgeborenen und den Kommandanten der Brennenden Legion ausspioniert. So hatte er die Pläne von Xavius, dem Berater der Königin, vereiteln können. Nach einer kurzen, aber schlimmen Gefangenschaft war es ihm schließlich gelungen, das Portal kurzzeitig zu schließen und den Turm, in dem es sich befunden hatte, zu zerstören.
Jetzt hatte der mächtige Dämon Archimonde die geistigen Mauern jedoch verstärkt und sogar den Smaragdtraum verbannt. Malfurion hatte lange versucht, die geistigen Mauern zu durchbrechen, aber sie waren so stark, dass sie real hätten sein können.
Der Druide wusste, dass sich Tyrande im Inneren der Festung aufhielt, und er nahm an, dass auch Illidan dort angekommen war.
»Elune wird sie beschützen«, antwortete Rhonin ruhig. »Sie scheint ein Liebling von Mutter Mond zu sein.«
Malfurion konnte nichts gegen diese Logik sagen. Noch vor kurzer Zeit war Tyrande eine junge Novizin im Tempel der Mondgöttin gewesen. Doch die Ankunft der Brennenden Legion hatte eine Veränderung in ihr ausgelöst, die vielleicht sogar größer war als die in Malfurion. Ihre Macht war gewachsen, und zu ihrer großen Überraschung hatte die Hohepriesterin Tyrande zu ihrer Nachfolgerin bestimmt, nachdem sie selbst in einer Schlacht tödlich verletzt worden war. Leider hatte der zu einem Satyr gewordene Xavius sie kurz darauf entführt. Xavius hatte zwar den Preis für seine Untaten bezahlen müssen, doch das hatte Tyrande nicht gerettet.
»Hat denn Elune Sargeras' Finsternis etwas entgegenzusetzen?«
Rhonin hob seine dichten Brauen. »Mit solchen Gedanken hilfst du niemandem, Malfurion.« Er blickte hinter sich. »Und es würde mich freuen, wenn du so etwas nicht in Gegenwart unserer neuen Freunde äußern würdest.«
Einen Moment lang vergaß der Druide seine Trauer, als sich schattenhafte Gestalten hinter dem Zauberer erhoben. Es war sofort klar, dass sie aus mehr als nur einem Volk bestanden. Gegenüber einigen wirkte der Nachtelf wie ein Zwerg, während andere noch kleiner als Rhonin waren. Doch alle, die sich auf ihn und den Zauberer zu bewegten, trugen eine Entschlossenheit und Stärke zur Schau, die Malfurions Volk gerade erst für sich entdeckte.
Ein scharfer Geruch stieg in die Nase des Nachtelfs. Instinktiv versteifte er sich. Eine Gestalt mit kurzem Fell, die einen Lendenschurz trug und einen riesigen Speer in der Faust hielt, blieb stehen und blickte auf den Nachtelf hinab. Der Riese stieß seinen Atem schnaubend durch gewaltige Nasenlöcher aus. Der Ring, den er darin trug, bewegte sich bei jedem Atemzug. Seine Schnauze war mehr als unterarmlang, seine schwarzen Augen lagen tief in den Höhlen und leuchteten entschlossen. Über
Weitere Kostenlose Bücher