WoW 09 - Arthas-Aufstieg des Lichkönigs
zu.
Sie erwiderte sein Lächeln und er meinte einen Hauch von Enttäuschung in ihren Augen zu lesen.
»Seid Ihr sicher, Sire? Wir wollten die Gastfreundschaft der Einheimischen in Anspruch nehmen, ganz zu schweigen davon, dass die Lady sonst im Freien übernachten muss.«
»Es ist in Ordnung, Kayvan«, sagte Jaina. »Ich bin kein zerbrechliches Püppchen.«
Arthas' Lächeln wurde breiter. Er hoffte, dass sie auch in ein paar Stunden noch so denken würde.
Während die Diener das Lager vorbereiteten, gingen Arthas und Jaina auf Streifzug. Sie kletterten einen Hügel hinauf, von dem aus sie einen einmaligen Ausblick hatten. Im Westen sahen sie das kleine Dörfchen Mühlenbern und sogar die Spitzen von Baron Silberleins Burg. Im Osten konnten sie beinahe Dalaran erspähen und noch deutlicher das Internierungslager im Süden. Nach dem Ende des Zweiten Krieges waren die Orcs zusammengetrieben und in diese Lager gesteckt worden. Es war barmherziger, als sie einfach abzuschlachten, hatte Terenas Arthas erklärt. Außerdem schienen die Orcs an einer merkwürdigen Krankheit zu leiden. Wenn die Menschen sie entdeckten oder jagten, kämpften sie meist nur halbherzig und ergaben sich friedlich in die Gefangenschaft. Es gab mehrere Lager wie dieses.
Sie nahmen ein kräftiges Mahl ein – gebratenes Kaninchen am
Spieß – und gingen kurz nach Einbruch der Dämmerung schlafen.
Nachdem er sicher war, dass jedermann schlummerte, schlüpfte
Arthas in seine Kleidung und zog sich schnell die Stiefel an.
Schließlich nahm er noch einen seiner Dolche und befestigte ihn am Gürtel. Dann schlich er sich zu Jaina.
»Jaina«, flüsterte er, »wach auf.«
Sie erwachte stumm und erschreckte sich nicht. Ihre Augen glitzerten im Mondschein. Er setzte sich neben sie, während sie sich aufrichtete, und legte einen Finger an seine Lippen, um ihr zu bedeuten, auch weiterhin leise zu sein.
Sie flüsterte: »Arthas? Stimmt etwas nicht?«
Er lächelte. »Hast du Lust auf ein Abenteuer?«
Sie neigte den Kopf. »Was für ein Abenteuer?«
»Vertrau mir.«
Jaina sah ihn einen Moment lang an, dann nickte sie. »In Ordnung.«
Sie war wie die anderen auch zum größten Teil bekleidet eingeschlafen und musste nur ihre Schuhe anziehen und den Umhang überwerfen. Jaina erhob sich, machte einen halbherzigen Versuch, sich mit den Fingern die blonden Haare zu kämmen, und nickte.
Jaina folgte Arthas, als sie denselben Hügel erklommen, den sie bereits früher am Tag erkundet hatten. Der Aufstieg war in der Nacht herausfordernder, doch das Mondlicht war recht hell und sie stürzten nicht.
»Da liegt unser Ziel«, sagte er und wies darauf.
Jaina schluckte. »Das Internierungslager?«
»Hast du je einen Orc aus der Nähe gesehen?«
»Nein, und das will ich auch nicht.«
Er runzelte enttäuscht die Stirn. »Komm schon, Jaina. Das ist unsere Chance, einen Blick auf einen Orc zu werfen. Bist du denn gar nicht neugierig?«
Es war schwer, im Mondlicht in ihrem Gesicht zu lesen, ihre Augen waren dunkle, schattige Teiche. »Ich... sie haben Derek getötet. Meinen älteren Bruder.«
»Einer von ihnen hat auch Varians Vater getötet. Sie haben eine Menge Menschen umgebracht. Deshalb sind sie ja in diesen Lagern. Das ist der beste Ort für sie. Eine Menge Leute mögen es nicht, dass Vater die Steuern anhebt, um die Lager zu bezahlen. Doch... komm schon und mach dir selbst ein Bild. Ich habe die Möglichkeit versäumt, mir Schicksalshammer anzusehen, als er in der Unterstadt war. Ich möchte nicht noch einmal die Chance verpassen, einen Orc zu sehen.«
Sie schwieg weiter und schließlich seufzte er. »In Ordnung. Ich bringe dich zurück.«
»Nein«, sagte sie und überraschte ihn. »Gehen wir.«
Still machten sie sich an den Abstieg. »In Ordnung«, flüsterte Arthas. »Als wir heute Nachmittag hier waren, habe ich mir die Routen der Patrouillen gemerkt. Es scheint, dass sie bei Nacht keine großen Unterschiede machen, außer dass sie ihre Runden unregelmäßiger drehen. Da die Orcs nicht mehr viel Kampfgeist in sich haben, rechnen die Wachen wohl kaum mit einer Flucht.« Er lächelte ihr beteuernd zu. »Was uns die Sache erleichtert. Allerdings ist auf diesen beiden Wachtürmen immer jemand stationiert. Darauf müssen wir am meisten achten, aber hoffentlich achten die da oben eher auf Störungen von innen als von der anderen Seite. Denn das Lager ist gegen eine Mauer gebaut. Lassen wir diesen Posten hier seine Runde beenden und dann sollten
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