WoW 09 - Arthas-Aufstieg des Lichkönigs
entstehen, die die Grundfesten der Welt erschüttern wird!«
Das Pferd wieherte.
Invincible – unbesiegbar...
TEIL III
Die dunkle Lady
ZWISCHENSPIEL
Sylvanas Windläufer, ehemaliger Waldläufergeneral von Quel'Thalas, Banshee und Dunkle Lady der Verlassenen, eilte mit den gewohnt schnellen, geschmeidigen Schritten wie zu Lebzeiten aus den königlichen Gemächern. Sie bevorzugte ihr normales Aussehen für normale, alltägliche Aktivitäten. Ihre ledernen Stiefel verursachten kein Geräusch auf dem Steinboden der Unterstadt, doch alle Gesichter wandten sich ihr zu, als die Lady vorbeirauschte. Sie war einzigartig und unverwechselbar.
Einst war ihr Haar golden gewesen, ihre Augen blau, die Haut von der Farbe eines frischen Pfirsichs. Einst war sie auch noch lebendig gewesen.
Jetzt bedeckte eine blauschwarze Kapuze ihr nachtschwarzes Haar, das mit weißen Strähnen durchzogen war. Ihre ehemals pfirsichfarbene Haut war mittlerweile von einem blassen Blaugrau. Sie hatte eine Rüstung gewählt, die sie auch im Leben getragen hatte; gut verarbeitetes Leder, das viel von ihrem muskulösen Körper zeigte. Sie spitzte die Ohren, um das Gemunkel ihrer Untergebenen im Vorbeigehen aufzuschnappen.
Sie verließ ihre Gemächer nicht oft. Schließlich war sie die Herrscherin dieser Stadt und die Welt kam normalerweise zu ihr.
Neben ihr hielt Apothekermeister Faranell, der Vorsteher der königlichen Apothekervereinigung, mit ihr Schritt und sagte in lebhaftem Tonfall: »Ich bin sehr froh, dass Ihr gekommen seid, Milady.« Dabei versuchte er gleichzeitig, neben ihr herzugehen und sich zu verneigen. »Ihr hattet mir aufgetragen, Euch zu informieren, sobald die Experimente erfolgreich verlaufen sind. Ihr wolltet selbst sehen, wenn wir erst...«
»Mir sind meine Befehle noch sehr bewusst, Herr Doktor«, zischte Sylvanas, ohne ihr Tempo zu drosseln.
»Natürlich, natürlich. Hier sind wir schon.« Sie betraten einen Raum, der auf empfindsamere Gemüter wie ein Schreckenskabinett wirken musste. Auf dem großen Tisch nähte eine Untote mehrere Leichenteile zusammen. Dabei summte sie leise vor sich hin.
Sylvanas lächelte. »Es ist gut, wenn jemand seine Arbeit so liebt«, sagte sie verschmitzt.
Die Untote fuhr zusammen und verneigte sich.
Über einem tiefen Summen waren knisternde energetische Entladungen zu hören. Andere Alchimisten wuselten herum, mischten Tränke, wogen Zutaten ab und machten sich Notizen. Es roch nach Fäulnis, Chemikalien und dem unpassend reinen Aroma verschiedener Kräuter.
Sylvanas erschreckte sich bei diesem Gedankengang. Das Aroma der Kräuter erzeugte bei ihr merkwürdigerweise ein Gefühl von... Heimweh. Glücklicherweise hielt sich dieser Eindruck nicht lange. Das taten solche Gefühle nie.
»Zeigt es mir«, verlangte sie.
Faranell verneigte sich und führte sie durch den Hauptbereich an verschiedenen Leichenteilen vorbei, die in einem Nebenraum an Haken hingen.
Ein leises Schluchzen erreichte ihre Ohren. Als sie den Raum betrat, erblickte Sylvanas mehrere Käfige auf dem Boden, andere schaukelten bedächtig an Ketten. In allen saßen Versuchsobjekte. Einige waren Menschen, andere Verlassene. Allen gemeinsam war die Angst, die sie so tief durchdrang und die wohl schon so lange anhielt, dass sie davon fast schon gefühllos geworden waren.
Doch das würde nicht mehr lange so bleiben.
»Wie Ihr Euch vorstellen könnte, Milady«, sagte Faranell, »ist es schwer, Angehörige der Geißel als Versuchsobjekte zu bekommen. Für experimentelle Zwecke reichen auch die Verlassenen, sie sind ja nicht anders als die Geißelkrieger. Doch ich kann stolz verkünden, dass unsere Experimente mit ihnen im Feld gut dokumentiert wurden und zudem recht erfolgreich waren.«
Sylvanas begann die Aufregung zu spüren und sie bedachte den Apotheker mit einem ihrer seltenen und immer noch schönen Lächeln. »Ich bin sehr erfreut«, sagte sie.
Der untote Doktor bebte vor Entzücken. Er gab seinem Assistenten Keifer ein Zeichen. Er war ein Verlassener, dessen Gehirn offensichtlich bei seinem ersten Tod verletzt worden war und der deshalb mit sich selbst in der dritten Person plapperte, während er zwei Versuchsobjekte holte. Eins war eine Menschenfrau, die offensichtlich noch nicht so sehr von Angst und Verzweiflung gezeichnet war, dass sie nicht stumm hätte weinen können, als Keifer sie aus dem Käfig zog. Der Mann, ein Verlassener, war dagegen völlig passiv und stand stumm
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