WoW 13 - Sturmgrimm
hatte. Das kam ihr sehr zupass.
Sie beobachtete die Mondlichtung einen Moment lang, dann sagte sie zu ihren stets treuen Wachen: „Ich möchte für einen Moment allein sein. Wartet bitte hier."
Der Vorschlag gefiel den Kriegerinnen offensichtlich nicht, doch sie gehorchten. Tyrande wandte sich von ihnen ab und ging zurück zu dem Wäldchen, aus dem sie gerade erst gekommen waren. Sie trat hinein und genoss das Mondlicht und die Stille.
Trotz der Ruhe der Umgebung stellte die Hohepriesterin fest, dass sie sich immer noch nach dem Frieden des Tempels sehnte. Sie hatte sich als Herrscherin ihres Volkes nie wohlgefühlt. Besonders dann nicht, wenn sie die Leben anderer in Gefahr bringen musste. Jedes Leben war ihr wertvoll. Sie erinnerte sich daran, wie die vorherige Herrscherin der Nachtelfen willentlich ihr Volk zu ihrem eigenen Ruhm abschlachten ließ. Für Azshara war das Volk dazu da, um nach ihrem Willen zu leben oder zu sterben.
„Aber ich bin nicht Azshara. Ich werde niemals Azshara sein...", sagte die Hohepriesterin nicht zum ersten Mal.
„Ihr könntet nie wie sie sein, Herrin... Ihr seid eine weitaus würdigere Herrscherin..."
Tyrande wandte sich um, und ihr Stirnrunzeln vertiefte sich. „Würdiger? Ihre ergebensten Anhänger lobten Azshara vielleicht auf genau die gleiche Weise, Shandris..."
Die Kriegerin trug eine Rüstung, die vom Hals hinab reichte. Sie bestand aus einer hautengen Brustplatte, Schulterpolstern und metallenen und ledernen Beinschützern, die von ihrer Hüfte bis zu den dazu passenden Stiefeln reichten. Der größte Teil der Rüstung war von grünlicher Farbe und mit einem Violett versetzt, das der Hautfarbe der meisten Nachtelfen glich.
„Immerhin gebührt Euch dieses Lob." Shandris Mondfeder zog die Handschuhe aus. Sie kam unbewaffnet zur Hohepriesterin, so, wie es in Darnassus Sitte war - eine Sitte, die die Generalin der Nachtelfen nach Kräften förderte. Ihre Gesichtszüge waren noch klarer geschnitten als die der meisten ihrer Art, und in ihren stets zusammengezogenen Augen lag eine fast schon enthusiastische Entschlossenheit. Tyrande wusste, dass diese Entschlossenheit nur ihr allein galt. Shandris Mondfeders ganzer Lebensinhalt bestand darin, der Hohepriesterin zu dienen.
Tyrande erinnerte sich an das Waisenkind, das sie einst während des Vorstoßes der Brennenden Legion im schrecklichen Ersten Krieg vor zehntausend Jahren gerettet hatte. Die ehemals unschuldigen, furchterfüllten Augen hatten sich mittlerweile verändert. Shandris war die Tochter geworden, die Tyrande nie gehabt hatte... und die sie auch nie erwartet hatte.
Shandris reckte den Hals, der von einem ledernen und metallenen Kragen geschützt wurde. Unter ihren Augen schienen grobe Tätowierungen Tyrande zu verspotten, weil sie den furchterregenden Blick der jüngeren Nachtelfe unterstrichen. Die Hohepriesterin hatte nie gewollt, dass sich die verschreckte junge Waise in eine Kriegsmaschine verwandelte, dennoch hatte sie es getan.
„Darüber gibt es nichts zu reden, Shandris", merkte die Hohepriesterin mürrisch an und bezog sich damit auf die hohe Meinung, die die Generalin von ihr hatte.
„Stimmt, weil ich recht habe." Obwohl sie ihrer Retterin jeden Respekt zollte, war Shandris die einzige Person, die stets geradeheraus und unverblümt mit Tyrande sprach. Die Generalin wechselte das Thema. „Ich kam allein und heimlich an diesen Ort, wie Ihr es befahlt, bevor Ihr die Insel verließet. Könnt Ihr mir nun den Grund nennen? Wegen der Mondlichtung vermute ich mal, dass es etwas mit den Druiden zu tun hat." Während sie sprach, ging sie auf und ab wie ein Nachtsäbler, eine der großen Raubkatzen, die den Schildwachen sowohl als Lasttiere als auch als Waffe dienten.
„Ja, es hat mit den Druiden zu tun... und mit Malfurion im Besonderen."
Shandris nickte, ihr Gesichtsausdruck war unergründlich. „Wir müssen einen Weg finden, ihn zu uns zurückzubringen, Shandris. Und das aus vielerlei Gründen. Was auch immer im Smaragdgrünen Traum passiert, betrifft nicht nur die Druiden. Ich glaube, es berührt auch Teldrassil... und vielleicht sogar andere Teile von Azeroth..."
Die Augen der Generalin wurden zu schmalen Schlitzen. „Es hat einige vage Berichte gegeben, außerdem Gerüchte aus den Menschen- und Zwergenländern. Stets ging es darum, dass Schlafende nicht mehr aufwachen können. Mir fiel gleich auf, dass es Parallelen zu Malfurion geben könnte..."
Tyrande blickte zum Mond, um etwas Trost zu
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