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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Abscheu oder moralischer Entrüstung, fand jedoch keins von beidem. Statt dessen förderte er eine Menge Bedauern und ein gewisses Maß an Traurigkeit zutage. ›Aber was du bedauerst, entschied er, ›ist doch, daß du nicht mehr mit ihr ins Bett steigen wirst. Und traurig bist du, weil diese Burschen etwas von dir erwarten, etwas Ehrenwertes, beispielsweise sie der Gerechtigkeit zuzuführen, und du ja sagen wirst, obwohl du sie dir eigentlich schnappen und mit ihr nach Neukaledonien durchbrennen möchtest.‹
    Er blickte Lieutenant Cruz an und sagte: »Haben Sie gefragt, ob Carmen tot ist?«
    Lieutenant Cruz nickte.
    »Ja. Sie ist tot.«
    Lieutenant Cruz schwieg, als erwarte er weitere Informationen von Stallings. Statt dessen stellte Stallings eine Frage. »Warum gehen Sie und die Hongkong-Polizisten nicht hin und verhaften sie gleich jetzt?«
    »Weil«, sagte Lieutenant Cruz, »Sie und Miss Blue noch nicht aus der Bank gekommen sind.«
    »Sie wollen sie hopsnehmen, wenn sie das Geld bei sich hat, stimmt’s?«
    »Ich bete zu Gott, daß sie es nicht bei sich haben wird.«
    »Ich glaube, ich hab da was nicht mitbekommen.«
    Lieutenant Cruz wandte den Blick ab. »Aus Gründen der nationalen Sicherheit würden wir es vorziehen, sie nicht zu verhaften, bevor sie aus der Bank kommt.«
    Stallings nickte verdrossen, wie über die abgedroschene Pointe eines uralten schlechten Witzes. »In meinem Wörterbuch ist nationale Sicherheit ein Synonym für Politik.«
    »Sie haben ein ausgezeichnetes Wörterbuch«, sagte Lieutenant Cruz und erhob sich. »Guten Abend, Gentlemen.« Er drehte sich um und verließ das YMCA-Restaurant.
    Durant und Stallings blieben schweigend sitzen, bis Durant sagte: »Hier geht es nicht ums Prinzip, Booth. Hier geht’s um Geld.«
    Stallings sagte nur: »Wir haben unseren Tee nicht bekommen.«
    Durant stand auf. »Jemand anderes wird Ihnen eine Tasse spendieren.«
    Auch Stallings erhob sich, um Durant aus dem YMCA hinaus in die Nacht zu folgen. Durant ließ den Blick über den Gehsteig und die Straße schweifen und in den dunkleren Winkeln stochern. Otherguy Overby schien aus dem Schatten heraus Gestalt anzunehmen.
    »Er gehört jetzt dir«, sagte Durant.
    Overby nickte in Richtung der Straßenecke. »Gehen wir, Booth.«
    Beide Männer wandten sich ab, aber Overby drehte sich noch einmal um, als Durant ihn rief. »Otherguy?«
    »Was ist?«
    »Spendier ihm eine Tasse Tee, ja?«
     
    Der Spaziergang führte sie sechs Blocks nördlich und zwei Blocks östlich des Peninsula-Hotels. Die Straßen wurden schmaler, die Touristen weniger und die Geschäfte schäbiger. Als sie zu einem kleinen Restaurant mit einem chinesischen Namensschild kamen, sagte Overby: »Schauen Sie es sich gut an, weil Sie morgen wieder hierherkommen werden.«
    »Das finde ich nie wieder«, sagte Stallings.
    Overby reichte ihm ein Blatt Papier mit Namen und Adresse des Restaurants auf englisch wie auf chinesisch. »Geben Sie das einfach einem Taxifahrer.«
    Sie gingen hinein. Eine junge Chinesin schien Overby zu kennen, denn sie lächelte ihn an und stellte ihm auf chinesisch eine Frage. Nachdem Overby auf englisch geantwortet hatte, führte sie die beiden in den hinteren Teil des nahezu leeren Restaurants. Sie kamen an einer Reihe von Sitznischen vorbei, deren Trennwände bis zur Decke reichten und die Nischen in kleine, fast private Kämmerchen verwandelten.
    Die junge Frau stellte Overby auf chinesisch eine weitere Frage. Wieder antwortete er auf englisch. »Tee für drei, bitte.«
    Nachdem die Frau sie verlassen hatte, winkte Overby Stallings zum hintersten Sitz der letzten Nische. Als er hineinrutschte, sah Stallings die schräg auf der anderen Seite des Tisches in die Ecke neben der Wand gedrängte Frau.
    Sie schenkte ihm ein mattes Lächeln. »Wie geht’s so, Booth?« sagte Minerva Espiritu.
    »Es geht, Minnie«, sagte Booth Stallings.
    Otherguy Overby setzte sich neben Minnie Espiritu. »Irgendwelche Schwierigkeiten?« fragte er.
    »Noch nicht.«
    Nachdem er sich nach Lauschern umgesehen hatte, beugte sich Overby zu Stallings und sprach mit der leisen, sanften Stimme des geborenen Verschwörers. »Okay, Booth. Jetzt kommt das, was wirklich passieren wird.«

41
    Kurz vor zehn Uhr am nächsten Morgen fuhren zwei von ihnen mit der Fähre und drei mit dem Auto zur Insel Hongkong. Die beiden, die die Star-Fähre nahmen, waren Georgia Blue und Booth Stallings. Sie trug ein seriöses, dunkelgraues Kleid und eine schwarze

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