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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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sie?« fragte sie wieder.
    »Klar.«
    »Spürst du meine Tasche, direkt an deinem Bauch?«
    »Schwer, sie nicht zu spüren.«
    »Geh einfach weiter, Booth, und sag zu dem Kerl mit dem roten Gesicht mit einem Kopfschütteln nein.«
    Wieder gruben sich ihre Finger in den Ellbogennerv, und wieder sog Stallings vor Schmerz die Luft ein. Statt Georgia Blue starrte der rotgesichtige Europäer jetzt ihn an. Als sie näherkamen, schüttelte Stallings verneinend den Kopf. Nach einer Zeitspanne von, soweit Stallings wußte, einer Woche bis zehn Tagen riß der rotgesichtige Mann in einem abrupten und ärgerlichen Nicken das Kinn nach unten. Sobald sie vorbei waren, sagte Stallings: »Was, zum Teufel, hast du vor, Georgia?«
    »Ein Boot erwischen«, sagte sie, während sie ihn in die Menge drängte, die zur Star-Fähre wollte.
    In genau diesem Augenblick gelangte Booth Stallings, dessen Lebensinhalt das Studium des Terrorismus gewesen war, zu einem profunden und absoluten Verständnis der von ihm gewählten Materie. Er brachte sogar eine Definition zustande, die ihn, obwohl nicht besonders originell, ungeheuer befriedigte. ›Terrorismus‹, so entschied er, ›ist das, was terrorisierte. Die Überschrift seines demnächst fälligen Nachrufes schien sich von selbst zu schreiben: Terrorismusexperte von Ex-Secret-Service-Terroristin ermordet.
    Normalerweise hätte ihm die bizarre Ironie ein Kichern oder zumindest ein Lächeln entlockt. Doch stellte sich keins von beidem ein, denn eine neue Welle von Furcht und Schrecken überrollte ihn, als er mit absoluter Gewißheit begriff, daß er es nie zurück nach Kowloon schaffen würde. ›Jedenfalls nicht lebend‹ dachte er. ›Und tot zählt nicht viel.‹
     
    Artie Wu und Otherguy Overby standen auf Zehenspitzen auf der grünen Eisenbank im Park zwischen Prince Building und Strafgerichtshof und beobachteten, wie Stallings und Georgia Blue sich in der Menge verloren, die zur Fähre strömte.
    »Also«, sagte Wu fast anerkennend, »sie hat’s geschafft.«
    »Hab ich doch gesagt.«
    »Wir haben auf dich gehört, Otherguy – Quincy und ich.«
    »Die Cops von Hongkong wollten ja nicht.«
    »Sie versuchen nur, ein Massaker zu verhindern«, sagte Wu, der stirnrunzelnd und verwirrt von der Parkbank stieg. Auch Overby stieg herab. »Aber warum die Fähre?« fragte Wu. »Sie muß doch wissen, daß sie eine schwimmende Todesfalle ist.«
    »Na ja, das ist jetzt sein Problem, oder?« sagte Otherguy Overby. »Das von dem Scheiß-Durant.«
     
    Als die Star-Fähre ablegte, standen Georgia Blue und Booth Stallings, den Rücken an der Reling, draußen vor dem abgeteilten Erste-Klasse-Bereich. Georgia Blue befand sich links von Stallings, die Hand in der Umhängetasche, die sie ihm noch immer an die Seite drückte.
    »Hat Artie mich hochgehen lassen?« fragte sie, während ihr Blick von Passagier zu Passagier sprang.
    »Durant.«
    Sie schien nicht überrascht, während sie schnell auf ihre Armbanduhr blickte. »Du wirst jetzt folgendes tun, Booth. Du zählst bis sechzig, sehr langsam und gerade laut genug, daß ich dich hören kann. Wenn du bei sechzig angekommen bist, reichst du mir diesen hübschen, neuen Aktenkoffer.«
    Sie warf ihm einen kurzen Seitenblick zu und widmete sich dann wieder ihrer Wacht, wobei sie die Überraschung belächelte, die ihm jetzt deutlich ins Gesicht geschrieben stand.
    »Das war so ziemlich der schlechteste Austausch, den ich je gesehen habe«, sagte sie.
    »Und ich dachte, ich wäre ziemlich gut gewesen.«
    »Du bist ein Amateur«, sagte sie und ließ das Wort wie eine Beleidigung klingen. »Jetzt fang an zu zählen.«
    Als Stallings mit seinem leisen, gedämpften Zählen bei sechzehn angelangt war, rief eine Männerstimme: »Paß auf, Georgia!«
    Stallings spürte, wie er gepackt, gestoßen und dann gegen etwas Hartes zurückgerissen wurde, das, wie er wußte, Georgia Blues Waffe war. Sie hatte sie jetzt aus der Tasche gezogen und ihm ins Kreuz gerammt.
    In dem Moment entdeckte er Durant, weniger als fünf Meter entfernt. Er hielt den fünfschüssigen Revolver, den der pensionierte Colonel beschafft hatte, ohne jedes Schwanken in beidhändigem Griff auf Stallings’ Brust gerichtet. Die Passagiere der Fähre hatten ihn ebenfalls gesehen und wichen jetzt brüllend, kreischend und drängelnd zurück.
    »Laß den Koffer los, Booth«, sagte Durant.
    »Wenn du das tust, bist du tot«, versprach Georgia Blue Stallings mit ruhiger Stimme. Er glaubte ihrem Versprechen.
    »Ich

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