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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Badezimmer.
    Eine Hand, die sich wie ein Schraubstock anfühlte, packte ihre rechte Hand in der Umhängetasche und setzte sie außer Gefecht. Sie roch Gewürznelkenduft in seinem Atem, obwohl er keine Schwierigkeiten beim Luftholen zu haben schien. Sie kam zu dem Schluß, daß er zwar bärenstark, doch nicht allzu gut war, und daß sie sich entspannen sollte, bevor er ihr aus Ungeschicklichkeit oder Übereifer das Genick brach.
    Sie zwang sich dazu, sich zu entspannen und beinahe zu erschlaffen. Der Mann im weißen Hemd richtete sich langsam auf, beide Hände an den Bauch gepreßt. Er sah nicht zu ihr, sondern auf etwas, das sich wenige Zentimeter rechts über ihrem Kopf zu befinden schien. »Nimm die Tasche«, sagte der Mann im weißen Hemd.
    Der gewaltige linke Arm hielt weiter ihren Hals umklammert, aber die andere Hand gab ihr rechtes Handgelenk frei und streifte ihr die Umhängetasche ab.
    »Aufs Bett«, sagte der schlanke junge Mann, der etwas früher an diesem Morgen mit Otherguy Overby Saft getrunken hatte.
    Die Umhängetasche landete auf dem näheren der Doppelbetten. Der schlanke junge Mann ging langsam zur Tasche, hob sie und kippte den Inhalt aus. Er untersuchte die Walther, vergewisserte sich, daß sie geladen war, setzte sich aufs Bett und zielte, die Pistole in der rechten Hand, auf Georgia Blue, während er sich mit der linken Hand den Bauch hielt.
    »Laß sie los«, sagte er.
    Der Arm löste sich. Georgia Blue massierte sich die Kehle. »Darf ich mich setzen?« fragte sie.
    Der Mann auf dem Bett nickte. Sie ging zum einzigen guten Stuhl des Zimmers, drehte sich um, setzte sich und bekam jetzt zum ersten Mal den Mann zu sehen, der sie gewürgt hatte. Er war nicht ganz so groß, wie sie erwartet hatte – nicht viel mehr als einen Meter achtzig. Aber er hatte gewaltige Arme und einen massigen Brustkorb, der sich unter dem weißen kurzärmeligen Hemd spannte. Er hatte außerdem einen großen Kopf und ein merkwürdig friedfertiges Gesicht mit einem weichen Mund und dunkelbraunen Augen, die aus irgendeinem Grund leichtgläubig, geradezu vertrauensselig wirkten.
    Georgia Blue wandte sich an den Mann mit der Walther und stellte ihm die Fragen, die er ihrer Meinung nach von ihr erwartete. »Wer sind Sie, und was wollen Sie?«
    »Erzählen Sie uns von Overby.«
    »Er ist ein mieser Hurensohn. Sonst noch was?«
    »Sind Sie ein Paar?«
    »Nein. Nicht mehr.«
    »Trotzdem haben Sie sich mit ihm beim Frühstück gestritten. Warum?«
    »Geld.«
    »Wollte er Ihnen keins geben?«
    »Genau umgekehrt.«
    »Er wollte Geld von Ihnen?«
    Sie nickte.
    »Wie viel?«
    »Fünfzigtausend US-Dollar.«
    »Ein Darlehen?« fragte der große Mann mit dem weichen Mund, während er zum Bett ging und begann, mit seinem dicken Zeigefinger im ausgekippten Inhalt ihrer Umhängetasche herumzustochern.
    »Overby leiht man kein Geld«, sagte Georgia Blue. »Man schreibt es gleich ab.«
    »Wofür wollte er das Geld?« fragte er in einem sanften und einschmeichelnden Tonfall, der Georgia Blue zugleich überraschte und beunruhigte.
    »Hab ich nicht gefragt«, sagte sie.
    »Hätten Sie ihm soviel Geld leihen können?« fragte er fast gelangweilt, während er ihre Brieftasche nahm und die einzelnen Fächer durchging.
    »Nein.«
    »Warum hat er dann überhaupt gefragt?« sagte der große Mann, legte die Brieftasche beiseite und ergriff einen weißen Briefumschlag.
    »Er dachte, ich könnte es auftreiben«, sagte sie und sah zu, wie er das Kuvert aufriß.
    Offensichtlich vergaß der große Mann Georgia Blue völlig während der Sekunden, die er brauchte, um Booth Stallings’ Brief zu lesen und die grobe Skizze zu studieren. Alle Friedfertigkeit wich aus seinem Gesicht. Der weiche Mund wurde bitter. Eine tiefe Falte grub sich in seine Stirn. Während er Georgia Blue düster anstarrte, reichte er Brief und Lageplan dem schlanken jungen Mann mit der Waffe.
    Als der schlanke junge Mann mit dem Betrachten von Brief und Lageplan fertig war, wirkte er tief betroffen. »Gelinkt«, flüsterte er. »Wir sollen gelinkt werden.«
    Der große Mann war mit zwei langen Schritten bei Georgia Blue. »Wer hat Ihnen diese – diese Sachen gegeben?« fragte er hart und drohend und ohne jedes Schmeicheln in der Stimme.
    »Es ist unter der Tür durchgeschoben worden«, sagte sie.
    »Ich hab’s nicht mal aufgemacht. Ich dachte, es wäre Reklame oder so was.«
    »Komm, wir bringen sie um«, sagte der schlanke junge Mann, der jetzt die Walther mit beiden Händen hielt

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