Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

17.30 – 18.00 Uhr. Stallings.‹« Sie hielt inne. »Haben Sie das?«
    Eine kurze Erwiderung und eine Frage folgten. Die Frage verärgerte Georgia Blue. »Wo, zum Teufel, sollte ich einen Lageplan fotokopieren? Ich hab ihn abgemalt.« Die nächste kurze Frage verärgerte sie noch mehr. »Mit einem verdammten Kugelschreiber, womit denn sonst?« sagte sie und knallte den Hörer auf die Gabel.
     
    An der Freilufttheke des Orange-Brutus-Saftstandes an der Westseite der Jones Avenue setzte Otherguy Overby gerade ein Glas Papayasaft an die Lippen, als sich Carmen Espiritu rechts neben ihn stellte und irgend etwas ihn auf der linken Seite streifte.
    Overby setzte sein Glas ab und wandte sich nach links, um einen schlanken Mann von Mitte Zwanzig in Augenschein zu nehmen, der sich in dem weißen Hemd, der blauen Krawatte und den dunkelgrauen Hosen sichtlich unwohl zu fühlen schien. Overby erkannte in ihm einen der drei jungen Männer, die in der vergangenen Nacht im Scheinwerferlicht des gemieteten Toyota auf dem Bergpfad gehockt und Zigaretten geraucht hatten.
    Overby nickte in Richtung des Mannes und sagte, an Carmen Espiritu gewandt: »Nur der hier?«
    »Sie sind zu zweit, aber es reicht, wenn Sie mit ihm hier sprechen.«
    Overby wandte sich an den Mann. »Möchten Sie einen Saft?«
    Der Mann lächelte. »Ja, bitte. Danke.«
    Overby bedeutete der Frau hinter der Theke, Carmen Espiritu und dem Mann Saft einzuschenken. Nachdem sie bedient worden waren und der Mann den ersten Schluck getrunken hatte, sagte Overby: »Ihr Name ist Georgia Blue, B-l-u-e.«
    »Ich kann Blue buchstabieren«, sagte der Mann steif.
    »Sie hat Zimmer vier-zwei-sechs.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte der Mann. »Aber was genau sollen wir sie fragen?«
    »Haben Sie von unserem Riesenkrach heute morgen gehört?« fragte Overby.
    Der Mann nickte.
    »Fragen Sie sie danach, und was ihn ausgelöst hat, und ob ich Geld brauche, und wie viel.«
    Diesmal wirkte der junge Mann nachdenklich, als er nickte. »Wir sollen Ihretwegen sehr mißtrauisch sein.«
    »Richtig.«
    »Was, wenn sie sich weigert zu antworten?«
    Overby zuckte die Achseln. »Hauen Sie ihr ein paar runter.«
    Mit einem Stirnrunzeln deutete der Mann Mißbilligung an. »Das ist nicht … nett.«
    Overby starrte den Mann einen Augenblick an und wandte sich dann an Carmen Espiritu. »Wo haben Sie denn die Primel hier aufgegabelt?«
    »Er wird tun, was notwendig ist«, sagte sie. »Aber es ist albern. Erst ein gestellter Streit, danach ein gestelltes Verhör. Was soll das bezwecken?«
    »Es soll bezwecken, daß Wu und Durant glauben, alles läuft genau so, wie sie es geplant haben.« Er lächelte. »Sogar ich.«
    »Die machen sich Gedanken über Sie, nicht wahr?« sagte sie.
    »Ein bißchen.«
    »Auch ich mache mir Gedanken über Sie, Mr. Overby.«
    Overby sah sie prüfend an. »Carmen, muß ich Sie an etwas erinnern, wonach Sie sich gleich viel, viel besser fühlen werden?«
    »An was?«
    »Ihre Hälfte«, sagte Overby mit seinem harten und ausgesprochen skrupellosen Lächeln im Gesicht, »beträgt zwei Kommafünf Millionen.«
     
    Der Taxifahrer vor dem Magellan-Hotel wußte genau, wo das Cebu-Plaza-Hotel war. Aber der Name des Mannes, dem er das verschlossene Kuvert mit dem von Hand abgemalten Lageplan überbringen sollte, bereitete ihm Kopfzerbrechen. Also bat er Georgia Blue, den Namen langsam zu wiederholen.
    »Mr. Boy Howdy«, sagte sie und sprach den Namen mit übertriebener Betonung aus. »Zimmer drei-neunzehn. Cebu-Plaza. Mr. Boy … Howdy.«
    Der Fahrer nickte zweifelnd und fuhr davon, wobei er tonlos »Boy Howdy« vor sich hin sagte. Georgia Blue ging ins Magellan zurück und blieb am Empfangstresen kurz stehen, um zu fragen, ob Mr. Wu oder Mr. Durant schon zurück seien. Nachdem man ihr mitgeteilt hatte, daß dies nicht der Fall sei, nahm sie den Aufzug in den vierten Stock.
    Sie bemerkte den schlanken jungen Mann in weißem Hemd, blauer Krawatte und dunkelgrauen Hosen, sobald sie ihr Zimmer betrat. Er hatte sich flach an die Wand neben der Tür gedrückt. Automatisch täuschte sie einen Stoß mit ihrer Linken vor, während ihre rechte Hand in die Umhängetasche schoß, um nach der Walther zu greifen. Als der schlanke junge Mann, wie erwartet, nach rechts auswich, traf sie ihn mit einem Tritt in den Bauch, der ihn sich krümmen ließ.
    Im selben Moment legte sich von hinten ein mächtiger linker Arm fest um ihren Hals. Das Badezimmer, dachte sie. Der hier war im