Wüstensand, Wolkenkratzer und der ganz normale Wahnsinn - 50 Geschichten aus Dubai (German Edition)
verzweifelt: „Vielleicht macht
er sie nach?“
Tochter Eins: „Mama, sind die
Geschenke, die wir vom Weihnachtsmann kriegen dann alle bloß Fake wie die Sachen in Karama ,
wenn der die in seiner Fabrik nachmachen lässt?“
Das hat man nun davon, wenn man den
Kindern mal die Wahrheit sagt und mal Lügengeschichten erzählt. Wahrscheinlich
sollte ich ihnen, wenn wir nach Karama fahren, einem
Stadtteil wo es ganze Straßenzüge mit Geschäften mit nachgemachten Nobelmarken
gibt, einfach sagen, dass die Sachen alle genauso echt sind wie der
Weihnachtsmann und der Osterhase.
Und das alles wegen ein paar
Schokoeiern.
17. ) Ostern ist für
alle da
Ich bin nicht sehr religiös. Das
Innere einer Kirche habe ich das letzte Mal bei der Taufe meines Patenkindes
gesehen und das geht mittlerweile schon länger in die Schule. Nun ist es in
Dubai auch nicht so, als wäre die christliche Religion an jeder Ecke präsent.
Umso erstaunter war ich, als meine ältere Tochter den Wunsch äußerte, einen
Gottesdienst zu besuchen.
Es gibt in Dubai eine deutsche,
evangelische Gemeinde und am Karfreitag sollte am Nachmittag ein
Ostergottesdienst stattfinden. Genau das Richtige, dachte ich mir, und der Plan
stand. Wir gehen in die Kirche. Was wir auch taten, im wahrsten Sinne des
Wortes.
Die Christ Church, wo der
Gottesdienst stattfinden sollte, liegt in Jebel Ali.
Normalerweise nicht gerade eine meiner bevorzugten Gegenden in Dubai. Jebel Ali ist ein gigantisches Industriegebiet, das
in den gleichnamigen Hafen von Dubai übergeht. Dazwischen gibt es ein paar Häusersiedlungen
und viel Sand. In Jebel Ali ist alles ein paar
Schattierungen dreckiger, unaufgeräumter und einfacher als in den neuen
Gegenden rund um den Burj Khalifa oder im feinen Jumeirah . Man könnte auch sagen, es repräsentiert das alte
Dubai vor dem großen Bauboom.
Darauf, dass eine christliche
Kirche in Dubai nicht unbedingt ausgeschildert ist, hatte ich mich vorbereitet.
Lageplan neben mir, Kinder wohlgelaunt hinter mir fuhren wir los. Eine gute
halbe Stunde später fanden wir uns hoffnungs- und orientierungslos in den
Tiefen Jebel Alis wieder. Die Kirche nicht in
Sicht, standen wir auf einer engen Schotterstraße. Um uns herum herrschte
Chaos: Die zweispurige Fahrbahn wurde vierspurig genutzt (von Autos und Fußgängern), und trotzdem ging es weder vorwärts noch
rückwärts.
Kurzentschlossen parkte ich mein
Auto auf einem Sandhügel neben der Straße und gab den Marschbefehl: „Wir
laufen! Irgendwo hier wird die Kirche schon sein.“ Gesagt, getan. Todesmutig
schlugen wir uns zwischen den hupenden Autos und Menschenmassen durch.
Kurzfristig war ich überzeugt, dass ganz Dubai und damit alle 120 der
vertretenen Nationalitäten auf dieser einen Straße unterwegs waren.
Gott sei Dank war das Kirch-Kind
schlau genug, nicht zu meckern, schließlich war die Idee auf ihrem Mist
gewachsen. Das andere Kind zeterte dafür für Zwei. Nach gefühlten drei Stunden
sah ich endlich die Kirche. Ich war, milde gesagt, überrascht. Einen Kirchturm
mit Kreuz darauf hatte ich nicht erwartet, eher so ein kleines Scheusal von
„50er Jahre-pseudo-moderner-Kirche“. Vor uns jedoch lag ein riesiger,
zweistöckiger Gebäudekomplex, der auch alles andere hätte sein können - außer
vielleicht ein Fußballstadion.
Vor dem Gebäudekomplex standen
Hunderte von Menschen. Das Wort „Schmelztiegel“ hätte die Sache gut getroffen.
Alle Nationalitäten, die man sich vorstellen kann, waren vertreten und es gab
kaum ein Durchkommen. In diesem Moment hatte ich so etwas wie eine Offenbarung:
Dies war nicht nur die christliche Kirche für die deutsche evangelische Gemeinde,
dies war eine christliche Kirche für alle Christen dieser Welt.
Nachdem wir uns kurzfristig zur
„Dubai Afrikaans Christian Church“ verirrt hatten, fanden wir schließlich über
die „Abundant Life United Pentecostal Church“ und die
„ Korean Full Gospel Church“
zur deutschen evangelischen Kirche - ein Zimmer im zweiten Stock des
Hauptgebäudes. Dort erlebten meine Kinder ihren ersten Gottesdienst. Zusammen
mit 12 anderen Deutschen, die ihren Weg ins Gotteshaus gefunden hatten.
Kirch-Tochter war begeistert und
lauschte dem Gottesdienst andächtig. Nicht-Kirch-Tochter benahm sich erträglich
und warf nur einmal das Gesangsbuch quer durch die Messe. Dass sie so lieb war,
lag wohl daran, dass aus der „Kirche“ neben unserer die ganze Zeit
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