Wüstensand, Wolkenkratzer und der ganz normale Wahnsinn - 50 Geschichten aus Dubai (German Edition)
Männer immer
noch da und beratschlagen. So auch nach dem zweiten vereitelten Fluchtversuch
von Kindern und Tieren. Und nach dem dritten. Dann kommen für gewöhnlich ein
paar „ Locals “, die nicht älter als 12 sein können, in
irgendwelchen uralten, abgewrackten, total verbeulten, ehemaligen Autos vorbei
und fragen, ob sie helfen können. Die Männer verneinen dies, die Frauen
schreien: „Unbedingt!“
Die Hilfe der Locals sieht im besten Falle so aus, dass sie die mit allen Wüstenschikanen
ausgerüsteten Luxuskarossen der Expats mit einem an
ihrem Schrottauto befestigten Seil innerhalb weniger Minuten aus ihren
Sandgräbern ziehen. Im schlimmsten Fall jedoch setzen sie sich ans Steuer der
steckengebliebenen Gefährte und fahren sie so einfach raus, als hätten diese
gar nicht festgesteckt.
In diesem Fall ist die Laune der
Herren ruiniert und sie grummeln vor sich hin, dass die jungen Bengel ja quasi
im Sand und am Autosteuer aufgewachsen seien und sie das Auto
selbstverständlich auch alleine da rausbekommen hätten. Die scheinheilige
Nachfrage der Ehefrauen "Warum hast du es dann nicht gemacht?" hilft
nicht wirklich weiter.
Während ich heimlich bete, dass
irgendjemand vorschlagen möge, dass es nun reicht mit der Wüste und wir nach
Hause fahren, bekommen wie durch ein Wunder alle plötzlich wieder gute Laune
und es geht weiter. Bis das nächste Auto stecken bleibt.
Dies wiederholt sich fröhlich so
weiter, bis man nach ein paar Stunden endlich den Rastplatz erreicht. Alle sind
erschöpft, bauen aber trotzdem die Zelte auf und bereiten das große Grillen
vor. Selbstverständlich bin ich mit meinen Visionen von Kindern, die in das
riesige Lagerfeuer fallen und Hunden, die für immer in den Tiefen der Wüste
verloren gehen, allein.
So verbringe ich meinen Abend am
Lagerfeuer in Panik um meine Kinder plus den Hund und sehe ständig –
unterstützt von den zwei Gläsern Wein, die ich zur Beruhigung getrunken habe
– gigantische Skorpione aus den Flammen steigen. Irgendwann hat, Gott sei
Dank, alles ein Ende und es geht ins Zelt. Nicht, dass es da sicherer wäre,
aber nach dem Aufstehen geht es nach Hause.
Selbstverständlich ist an Schlaf
nicht zu denken. Der Untergrund ist schief und beide Kinder rollen ständig auf
mich. Ist aber nicht weiter schlimm, da der Hund jault und raus will. Unbemerkt
hat das gute Tier am Abend vollkommen uneigennützig den Grill gesäubert und
fängt nun an, sich im Zelt zu übergeben.
Mittlerweile ist der Punkt für mich
erreicht, an dem ich einfach nur noch in mein richtiges Bett möchte. Geht natürlich nicht, weil man ja nicht
allein durch die Wüste fahren darf. Nachts schon gar nicht. Ich halte also
durch und vor allem ein , weil ich
mich allein im Dunkeln nicht hinter die nächste Düne zur „Wüstentoilette“
traue. Mitten ins Zeltlager will ich auch nicht machen.
Am nächsten Morgen scheinen alle
– außer mir – prächtig geruht zu haben, verbreiten grauenvoll gute
Laune und beglückwünschen sich ständig gegenseitig, wie toll und naturbelassen
so eine Nacht in der Wüste doch ist. Mehrere Stunden wird versucht, die
mitgebrachten Gaskocher zum Funktionieren zu überreden, um Kaffee zu machen.
Kaffee hätte ich auch gerne, mein Wunsch nach Hause unter die Dusche zu kommen,
ist aber stärker. Also beginne ich aufzuräumen und die Zelte der gesammelten
Mannschaft abzubauen.
Sobald ich fertig bin, finden auch
die anderen, dass man jetzt nach Hause könnte. Beim Abschied klopft man sich
nochmals auf die Schulter und freut sich aufs nächste Mal. Ich denke derweil
darüber nach, wo ich Freunde finden könnte, die meine Vorliebe für Wochenenden
am Strand eines 5-Sterne-Ressorts teilen. Und dann höre ich mich sagen:
„Ja, war wirklich schön. Bis zum nächsten
Mal.“
4.) Das neue Wüstenauto oder wahre Liebe
Das Leben in der Wüste prägt und
man lernt so einiges, wovon man nie gedacht hätte, dass man es mal lernt. Ich
zum Beispiel weiß so ziemlich alles über Autoachsen und ich kann versichern,
dass Autoachsen mich wirklich überhaupt nicht interessieren.
Mein Wissen verdanke ich Freund
Peter und seinem neuen Auto. Wir sprechen hier nicht von irgendeinem neuen Auto, wir sprechen von einem neuen Wüstenauto . Diese Unterscheidung ist
– zumindest für Männer – sehr wichtig. Selbstverständlich muss das
Wundergefährt, das das angeblich das Beste seiner Art
ist und praktisch nicht mehr stecken
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