Wüstensand, Wolkenkratzer und der ganz normale Wahnsinn - 50 Geschichten aus Dubai (German Edition)
“Mall of the Emirates”. Das
ist die Mall meines Vertrauens und ihres Zeichens eine der größten Malls in
Dubai. In der „Mall of the Emirates“ gibt es einfach alles. Unter anderem Einrichtungsgeschäfte. Zum
Beispiel „ Crate & Barrel“, ein wunderbarer Laden,
ganz nach modernem, westlichem Geschmack. Man, oder zumindest ich, möchte
eigentlich alles kaufen, was die dort so anbieten. Daneben gibt es ein paar
Einrichtungsgeschäfte, die eher den arabischen Geschmack treffen. Den kann man
ungefähr so umschreiben: „Rokoko, nur schwülstiger“ oder „Gold kann man nie zu
viel haben“.
In diesen Geschäften möchte ich
normalerweise eher nichts kaufen. Und dann gibt es noch das eine Geschäft, in
dem ich auf gar keinen Fall jemals irgendetwas kaufen möchte. Ich weiß gar
nicht genau, wie ich es beschreiben soll, aber in diesem Geschäft wird
versucht, den arabischen Geschmack mit modernen Elementen zu verbinden. Was
nicht so richtig gut klappt, da die Grundgedanken „Rokoko“ und „Gold“ eben
nicht wirklich zu „modern“ passen. Entsprechend steht in den Schaufenstern ein
Kabinett des Einrichtungs-Schreckens. Und mitten drin stand bislang das Pferd.
Das Pferd ist recht schlicht
gehalten, dunkelbraun bis schwarz, aus Kunststoff und lebensgroß. Auf dem Kopf
– genau zwischen den gespitzten Ohren – hat es einen goldenen
Lampenschirm. Jedes Mal, wenn ich an dem Einrichtungsgeschäft vorbeigegangen
bin, habe ich angehalten und diese dezente Pferdelampe mit einer Mischung aus
Ehrfurcht, Betroffenheit und Grauen betrachtet und mich gefragt: Wer kauft so
was? Jetzt weiß ich es. Meine neuen Nachbarn. Die Leute, die bald in das leere
Haus am Parkrand einziehen werden.
Ich freue mich schon auf den ersten
Abendspaziergang, wenn die Lampe an ist.
11. ) „800 Millionen
Meter hoch“
Wir schreiben das Jahr 2013 und der Burj Khalifa in Dubai ist das höchste Haus der Welt.
Der Turm und ich, wir haben eine besondere Beziehung. Gut, so wirklich kann ich
über die Gefühle des Turms mir gegenüber nichts sagen, aber ich fühle mich dem Burj Khalifa verbunden.
Als ich Anfang 2007 zum ersten Mal zu
einem „Schnupperbesuch“ nach Dubai kam, lag mein Hotel direkt gegenüber der
Baustelle dessen, was mal die Dubai Mall und eben der Burj Khalifa werden sollten. Mein Hotel und das gerade fertiggestellte Fundament des
Turms wurden nur von einer Straße und einem kleinen, leeren Platz getrennt. Auf
diesem leeren Platz standen ein gutes Dutzend Kamele. Mittlerweile ist die
Gegend rund um den Burj Khalifa mit modernen
Wohnanlagen, Bürogebäuden und Straßen zugepflastert.
Wir haben dem Burj Khalifa in den nächsten zwei Jahren quasi beim „Wachsen“ zugeschaut, seine
Eröffnung mitgefeiert und fahren mindestens einmal im Monat in die Dubai Mall.
So war meine ältere Tochter denn auch sehr aufgeregt, als sie einen
Schulausflug auf das höchste Haus der Welt unternahm.
Ein paar Tage vor dem Ausflug
fuhren wir zufällig am Burj Khalifa vorbei und meine
ältere Tochter ließ es sich nicht nehmen, ihre kleine Schwester an ihrem
bereits erlernten Wissen über den Turm an unserer Seite teilhaben zu lassen:
„Weißt du, das ist das höchste Haus
der Welt. Das ist so hoch, das geht bis in den Himmel hinein! Das ist 800
Millionen Meter hoch“, sagte sie leicht angeberisch.
„Aha!“, antwortete die kleine
Schwester nachdenklich nach einer Weile. „Wenn das Haus bis in den Himmel
hineingeht, dann kann man da ganz oben bestimmt die Lola treffen.“
Lola war unser über alles geliebter
Familienhund, der vor ein paar Jahren leider verstorben ist. Auf die Nachfrage
meiner Töchter, wo die Lola denn nun sei, hatte ich ihnen erzählt, sie sei im
Hundehimmel und dort sehr glücklich.
Insoweit hatte meine jüngere
Tochter also irgendwie Recht, mit der Lola und dem Treffen ganz oben auf dem Burj Khalifa. Dummerweise sieht die Realität anders aus.
„ Burj Khalifa ist voll doof“, behauptete meine ältere Tochter denn auch nach der
Rückkehr vom Schulausflug.
„Wir sind nicht nach ganz oben
gefahren!“, erklärte sie mit tränenerstickter Stimme auf meine besorgte
Nachfrage hin.
Es war nicht leicht, ihr zu
erklären, dass sie zwar auf einer der höchsten Aussichtsplattformen der Welt
war, die aber trotzdem nicht direkt auf der Spitze des Burj Khalifas angebracht ist. Mit immer noch tränenerstickter Stimme, fuhr sie fort:
„Aber Mama,
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